Wunderverbräuche versprechen viele Hersteller. Der neue Prius Plug-in Hybrid ist auch so ein Fall: ein Liter auf 100 km! Was dran ist, klärt der Fahrbericht.
Seit 20 Jahren baut Toyota Hybride, ein Elektroauto finden Sie beim Toyota-Händler allerdings nicht. Bis 2020 wird sich das ändern, so das Versprechen. Was dann genau für ein Elektrofahrzeug kommt, dazu schweigen die Verantwortlichen. Bis es so weit ist, soll der Prius Plug-in Hybrid die Elektro-Brücke schlagen. Zumindest für den gemeinen Pendler ist der Prius PHEV eine emissionsfreie Alternative. 50 Kilometer elektrische Reichweite, das reicht im Normalfall für den Weg zur Arbeitsstätte und wieder zurück. Damit stromert der Prius doppelt so weit wie der Vorgänger.
Das schafft er aufgrund der stärkeren Lithium-Ionen Batterie. Die benötigt natürlich mehr Platz. Der 4,65 Meter lange Prius ist auch deshalb um zehn Zentimeter gewachsen. Alleine acht Zentimeter davon gehen für den Kofferraum drauf. Denn genau dort stecken unterm Ladeboden die 8,8 kWh starken Akkus (zuvor 4,4 kWh). Allerdings reicht selbst der dafür vorgesehene Platz von 145 Litern nicht aus. Der 120 Kilo schwere Stromspeicher quillt förmlich aus dem Kofferraum über. Statt einer Lademulde stoßen wir beim Öffnen der Heckklappe auf eine Ladestufe. Unsere beiden flachen Koffer passen gerade noch unter das Rollo des 360 Liter fassenden Kofferraums.
Großflächiger Bordcomputer aber lahmer Touchscreen
Aber ist der Prius Plug-in nicht eher der Kurzstrecken-Typ? Das wollen wir genauer wissen: Rein in den Teilzeitstromer im Future-Look – Sie erkennen den Plug-in Hybriden an den serienmäßigen, vierteiligen Matrix-LED-Scheinwerfern sowie den vertikalen Blinkern. Auf den Start-Knopf gedrückt, schon flackern auf den beiden 4,2-Zoll-TFT-Bildschirmen der breiten Instrumentenleiste Bordcomputer, Digital-Tacho und alle anderen wichtigen Infos auf. Alles schön übersichtlich. Über die Lenkradtasten lassen sich die Inhalte leicht verstellen.
Darunter startet derweil der Infotainment-Bildschirm. Der Rechner hinterm 8-Zoll-Touchscreen ist aber dermaßen lahm, dass uns die langen Ladezeiten zunehmend nerven. Und dann muss der Fahrer auch noch so gut wie alles über das Display steuern. Selbst die Lautstärke fürs Radio, die auch nur verzögert reagiert. Das ist doppelt ärgerlich, weil wir uns eigentlich auf den Hochkant-Bildschirm freuten, den uns Toyota vor Monaten noch auf ersten Bildern zeigte. Der hatte in etwa das Format von Teslas Riesen-Touchscreen, wird aber nur auf dem US-Markt im Prius angeboten.
Der reine Elektroantrieb erhöht den Fahrspaß
Naja, das eigentliche technologische Herz des Prius Plug-in schlägt ohnehin unter der Haube. Da stecken weiterhin der Benziner mit 1,8 Liter Hubraum und der Elektromotor. Zusammen bringen sie es auf eine Systemleistung von 122 PS. Über Tasten im Cockpit switcht der Fahrer zwischen normalem Hybridmodus und reinem Elektroantrieb hin und her. Das macht besonders dann Sinn, wenn der Fahrer weiß, dass er am Ziel noch elektrische Restreichweite benötigt, beispielsweise um Einfahrverboten in Innenstädten zu entgehen.
Vor uns liegen zunächst 25 km Strecke durch die Stadt, dann gut 100 km Autobahn und am Ende fast 50 km Landstraße. Wir düsen rein elektrisch los. Ja, düsen. Der Prius fährt richtig zackig, wie ein Elektroflitzer eben. Kein Vergleich zu früher, schließlich war Fahrspaß für Prius-Fahrer immer ein Fremdwort. Dafür kennen sie das gequälte Geräusch des Antriebsstrangs nur zu gut, wenn sie den Hybriden zu sehr treten. Im reinen E-Antrieb gibt er nun keinen Mucks von sich. Wir hören leise Windgeräusche und das Abrollen der Räder.
2,9 Liter Durchschnittsverbrauch nach 170 km
Elektrisch fährt der Prius im Übrigen jetzt bis zu 135 km/h schnell. Für eilige Abschnitte macht der E-Antrieb allerdings wenig Sinn. Auf den ersten Autobahnkilometern zählt der Prius die nach der Stadtrunde verbleibenden 50 Prozent Akku-Reichweite in Sekundenschnelle herunter. Wir schalten lieber in den Hybridmodus. Dass der Verbrenner arbeitet, merkt kein Mitfahrer. Nur wir sehen es auf dem Powermeter, dem Ersatz für den Drehzahlmesser. Besonders sparsam sind wir unterwegs, solange die Anzeige im grünen Eco-Feld bleibt. Dafür braucht es aber viel Gefühl im rechten Fuß. Roter Bereich bedeutet zu viel Gas, der Motor stöhnt leise. Das passiert aber meist nur an Steigungen.
Wir überlassen dem Prius das Kommando und gondeln mit aktivem Abstandstempomat und 120 Sachen ruhig und gelassen über die Autobahn. In der Stadt hatten wir keinen Sprit verbraucht, wir fuhren die 25 Kilometer rein elektrisch. Auf dem 100-km-Autobahnstück gönnte sich der Prius 4,2 Liter im Schnitt. Wer hier weit drüber liegt, der hat das Prius-Prinzip einfach nicht verstanden. Auf dem letzten Streckenabschnitt geht es mit 80 km/h über Landstraßen von Dorf zu Dorf, mal rein elektrisch, mal hilft der Verbrenner. Der Durchschnittsverbrauch auf dem Bordcomputer fällt nach insgesamt fast 170 gefahrenen Kilometern auf 2,9 Liter ab. Okay, das versprochene Einliter-Auto ist der Prius Plug-in Hybrid zwar nicht, Toyota ist bei seiner Elektro-Mission 2020 aber definitiv auf dem richtigen Weg.