Fahrbericht Volvo C30 Electric Soweit der Saft noch reicht

Volvo C30 Electric Foto: Volvo 24 Bilder

In Sachen Elektromobilität herrscht noch immer Skepsis. Das liegt nicht nur am Preis der verfügbaren Autos, sondern auch an den langen Aufladezeiten und niedrigen Reichweiten. Bei widrigen Klima- und Wetterbedingungen schrumpft der Aktionsradius auf ein unzumutbares Maß. Volvo hat sich mit dem C30 Electric vorgenommen, der Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Aber auch wer sich "keine Kompromisse" auf die Fahnen geschrieben hat, wie Volvo diesem Kompaktwagen, der muss gewisse Kompromisse eingehen. Zum Beispiel mit einer Zusatzheizung, die sich aus einem 12-Liter-Kraftstofftank speist. Er wird je nach Kundenwunsch mit dem Biosprit E85 oder konventionellem Benzin betankt - die Steuerung muss dann entsprechend umprogrammiert werden.

Wir haben uns mit dem elektrischen Kompaktwagen unter arktischen Bedingungen befasst - und weil das Wetter im nordschwedischen Kiruna derzeit ungewöhnlich warm ist, hat Volvo die C30-Modelle über Nacht eigens in Kühlkammern geparkt, deren Temperatur auf minus 25 Grad eingeregelt wurde. Tatsächlich tritt mit dem Aufwecken der Fahrsysteme sofort die Zusatzheizung in Aktion, die den C30 Electric binnen weniger Minuten auf angenehme Temperaturen bringt. Der Kraftstoffbedarf liegt in der Aufwärmphase bei rund einem Liter pro Betriebsstunde, im Fahrbetrieb verringert sich der Wert auf etwa die Hälfte. Das ist je nach Durchschnittsgeschwindigkeit gar nicht so wenig, es ist allerdings auch möglich, auf die Zusatzheizung zu verzichten. Dann heizt der Wagen rein elektrisch, und die Reichweite schrumpft beträchtlich - an einem mäßig kalten Wintertag gut und gerne um 30 Kilometer.

Bis zu 180 km/h wären drin - auf Kosten der Reichweite

Auch dann jedoch bleiben noch rund 100 Kilometer übrig. Volvo verspricht im Normalbetrieb rund 150 Kilometer und betont, dass diese Werte auch realistisch zu erzielen sind. Am Ende unserer gut 80 Kilometer langen Fahrstrecke durch das verschneite Lappland wurden zwar nur noch 5 Kilometer Restreichweite angezeigt - wir hatten jedoch kaum eine Gelegenheit ausgelassen, die Akkus zu strapazieren. So liefen zeitweise beide Sitzheizungen, die fossile Zusatzheizung war ausgeschaltet, und es galt zudem, das Spurtvermögen abzuprüfen: Auf rutschiger Straße drehen die Räder noch bei 70 km/h haltlos durch; bei idealen Bedingungen spurtet der C30 laut Hersteller in 10,9 Sekunden auf 100 km/h. Bei 130 km/h läuft der Schwede sanft in den Abregler. Theoretisch könnte der vom Schweizer Zulieferer Brusa gebaute, 82 kW/111 PS starke Elektromotor den C30 sogar auf rund 180 km/h treiben; im Interesse der Reichweite unterbindet die Elektronik derartige Exzesse.

Das Fahren gestaltet sich einfach und angenehm: Ein futuristischer Wählhebel erlaubt es, zwischen den Fahrprogrammen D (wie "Drive") und H (wie "Highway") umzuschalten. Im D-Modus gewinnt der C30 Electric beim Gaswegnehmen Energie zurück - und zwar so deutlich, dass sich die Reichweite spürbar vergrößert, wenn man die Motorbremse geschickt nutzt. Die Verzögerung ist bei Geschwindigkeiten unter 50 km/h so stark, dass die Blemslichter aufflackern; auch bei höheren Geschwindigkeiten baut der Volvo beim Stromwegnehmen merklich Geschwindigkeit ab. Im "H"-Modus wiederum rollt der C30 ohne Strom fast endlos weiter - ein besonderes Komforterlebnis, das herkömmlich angetriebene Fahrzeuge derzeit nicht bieten und das - je nach Fahr- und Straßenprofil - die Effizienz ebenfalls steigern kann.

Den C30 Electric gibt es vorerst nur für gewerbliche Kunden

Wenn der Fahrer die Akkus auspresst, erscheint eine Batteriewarnung, und gegebenenfalls leuchtet eine Schildkröte in der Instrumentierung auf, die symbolisch auf das verbliebene Leistungspotential verweist. Spätestens mit aufleuchtendem Batteriesymbol wird es Zeit, eine Steckdose zu suchen und den Aufladevorgang zu beginnen, der je nach Stromanschluss sechs bis über zehn Stunden dauert.

Volvo baut momentan eine Kleinserie von 250 Einheiten; in Deutschland wird das Fahrzeug nur gewerblichen Kunden angeboten, die sich bei dem angebotenen Dreijahres-Leasing auf eine - für Volvo wohl nicht kostendeckende - monatliche Netto-Leasingrate von 950 Euro ohne Sonderzahlung einstellen müssen. Anschließend entsteht in Kooperation mit dem Siemens-Konzern eine zweite Serie des C30 Electric, die nach aktuellem Stand ausschließlich im Siemens-internen Betrieb laufen soll. Eigentlich ist es schade, dass der C30 Electric Privatkunden vorenthalten bleibt. Denn der Grad an Alltagstauglichkeit und der gebotene Fahrspaß stellen das meiste in den Schatten, was auf dem Markt bislang angeboten wird. Und das liegt zu einem erheblichen Teil an der integrierten Kraftstoff-Zusatzheizung. Ganz ohne Öl geht es eben nicht.