Flottentest Rheinmobil Mit Elektroautos in die Firma pendeln

Flottentest Rheinmobil Foto: Gugu Mannschatz 4 Bilder

Mitarbeiter von Siemens und Michelin pendeln mit Elektroautos zwischen Karlsruhe und dem Elsass. Im Rahmen des Flottentests Rheinmobil prüfen die Unternehmen, wie sich die Stromer im Flottenalltag einsetzen lassen.

Wann kommt er denn nun, der Durchbruch von Elektroautos? "Sobald es sich rechnet", konstatiert Dr. Olaf  Wollersheim vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Er weiß, dass sich das nicht auf bunten Vortragsfolien nachweisen lässt, sondern nur in der Praxis. Wollersheim ist Forschungsleiter eines Projektes namens Rheinmobil, in dessen Rahmen seit Mai 24.000 Kilometer rein elektrisch gefahren wurden.

Einer der Probanden ist der Reifenhersteller Michelin. 70 Prozent der Mitarbeiter im Werk Karlsruhe wohnen im benachbarten Elsass. Karawanen von Pendlern rollen täglich zu den drei Schichten ins Werk. "Als wir die Möglichkeit sahen, an den Verhältnissen etwas zu ändern, waren wir sofort dabei", berichtet Werksleiter Christian Metzger: "Unsere Unternehmenskultur orientiert sich schließlich stark am Thema Umwelt." Schnell waren zwei Fahrgemeinschaften gefunden, die von ihren etwa 80 Kilometer entfernten Wohnorten in Frankreich im Elektroauto pendeln wollen.

Pannenhotline sorgt für Sicherheit

So funktioniert das Ganze: Ein Mitarbeiter wird jeweils zum Fahrer und zum nächtlichen Behüter seines Gefährtes bestimmt. Zum Einsatz kommen zwei siebensitzige E-Wolf Delta2. Die Autos sind umgerüstete Nissan NV200, ausgestattet mit Lithium-Keramik-Batterien und 60  kW starken E-Motoren. Der Fahrer eines Trupps holt morgens seine Kollegen ab und bringt sie ins Werk. Für den Fall eines Falles hat Michelin eine Pannenhotline eingerichtet, die sicherstellt, dass die Leute auch zur Arbeit kommen, wenn die Technik mal streikt. Bislang war dieser Dienst weitestgehend beschäftigungslos. Im Werk hängt der Fahrer vor seiner Schicht den Wagen ans Netz. Nach der Arbeit nimmt er die Kollegen wieder mit in die Heimatgemeinde. Das Auto lädt er anschließend zu Hause wieder auf.

Die Ladekapazität einer Batterie beträgt immerhin 24,2 kWh. Der Ladestrom geht zunächst zulasten des Mitarbeiters und seines privaten Stromzählers. "Anschließend verrechnen wir diesen privat eingebrachten Strom mit der Nutzungsüberlassung", erklärt Metzger, der keine technischen Probleme nennt, wohl aber Hürden ganz anderer Art. "Die steuerrechtliche Regelung einer Fahrzeugüberlassung im grenzüberschreitenden Einsatz ist eine echte Herausforderung für Juristen", verrät der Werksleiter. Viel Überzeugungsarbeit war zwischen den einzelnen Länderbehörden nötig.

"Jetzt aber läuft alles glatt", berichtet Fahrer Jean-Marc Micheling. Er hat sich nicht nur wegen des Nutzervorteils dazu entschlossen, mitzumachen. "Man fühlt sich als Pionier. Und das Gefühl wird umso besser, je öfter man an der Tankstelle einfach vorbeifahren kann", so Micheling. Sein Arbeitgeber könnte sich vorstellen, an weiteren Standorten mitzumachen. Etwa im Werk Homburg/Saar, wo ein ähnlich großer Anteil der Belegschaft aus Frankreich kommt.

E-Autos als Poolfahrzeuge im Einsatz

Einen anderen Einsatzzweck hat der elektrisch angetriebene Nissan Leaf, der für Siemens zwischen den Werken im elsässischen Haguenau und Karlsruhe unterwegs ist. "Wir nutzen das Elektroauto im Rahmen von Rheinmobil als Poolfahrzeug für Touren von Mitarbeitern, die im anderen Werk etwas zu erledigen haben", berichtet Siemens-Qualitätsmanager Markus Weiler. Bislang bedient sich Siemens dazu im Angebot der großen Autovermieter. "Das Elektroauto soll in etwa 250 Fällen pro Jahr eine Anmietung ersetzen", sagt Weiler. In Kürze wird ein Renault Zoe den Nissan ergänzen. 140 Kilometer fallen pro dienstlicher Tour zwischen den Werken an. Die Stromer werden vor Ort für die Rückfahrt aufgeladen.

In beiden Fällen, Michelin und Siemens, wird klar, dass die Ladesysteme die Schlüsselrolle in Sachen Wirtschaftlichkeit spielen werden. "Nicht nur die hohen Anschaffungspreise sind Hemmschuhe, wenn es um Elektromobilität geht. Die langen Ladezeiten sind das hauptsächliche Gegenargument", sagt Professor Martin Wietschel vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI). Ziel ist es daher, die Schnelllademöglichkeiten auszubauen. Im Falle Michelin könnte dann ein Einsatz der Autos für alle drei Schichten im Werk möglich sein. Dann wäre ihr Betrieb wirtschaftlicher als der von konventionellen Pkw. Voraussetzung: Das Aufladen gelingt innerhalb von 30 Minuten, jener Zeit also, die beim Schichtwechsel zur Verfügung steht. Auf die Batterien kommt damit eine Höchstbelastung zu: 3.000 Schnellladevorgänge pro Jahr müssen sie aushalten. Klingt spannend.

Pilotprojekte

Zwischenbilanz

  • Je 24.000 km lassen sich zwei Tonnen CO2 einsparen.
  • Die Eignung der Elektroautos für die Projektstrecken ist nachgewiesen.
  • Bei passgenauen Anwendungsprofilen spielt die begrenzte Reichweite keine Rolle.
  • Spannungswandler lassen sich noch optimieren.
  • Erst Schnellladungen ermöglichen hohe Fahrzeugauslastungen und damit einen wirtschaftlichen Betrieb.
  • Einfache Abrechnungssysteme für die »Strombetankung« sind Voraussetzung für Akzeptanz.

Rheinmobil

Zielsetzung

Das Projekt "Rheinmobil" soll herausfinden, ob und unter welchen Voraussetzungen ein wirtschaftlicher Betrieb von Elektroautos möglich ist. Drei Jahre lang läuft dazu ein grenzüberschreitender Pendler- und Außendienstverkehr bei Michelin und Siemens. Forschungspartner sind das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI). Das Projekt wird vom Bund im Rahmen des "Schaufenster Elektromobilität Baden-Württemberg" mit knapp einer Million Euro gefördert.