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Fahrbericht Jeep Cherokee Das Runde muss ins Eckige

Fahrbericht Jeep Cherokee Foto: Jeep 13 Bilder

Der Offroad-Spezialist Jeep schickt den neuen Cherokee auf den Aspalt- und Offroad-Parcours. Neben einem extravaganten Styling erhielt das Midsize-SUV vor allem mehr Sicherheit und Komfort ohne aber seine guten 4x4-Tugenden zu vernachlässigen.

Bei der Konzeption ihres neuen Jeep Cherokee haben sich die Designer wohl so richtig austoben dürfen. Denn das jüngste Modell aus der Liaison der Konzernpartner von Fiat und Chrysler bricht mit der Tradition, ist optisch weniger kantig und offenbart sich als rundlich gewölbtes Designerstück. Dabei verkümmern die Scheinwerfer oberhalb des markant abknickenden Kühlergrills mit seinen sieben breiten Streben scheinbar zu schmalen Schlitzen aus denen der neue Cherokee blinzelt. Ein geschickt gewählter optischer Kniff der Designer, wie sich bei näherer Betrachtung herausstellt. So entpuppen sich die schmalen Sehschlitze schlicht als Herberge für das LED-Tagfahrlicht sowie die Blinkleuchten. Die Hauptscheinwerfer selbst (auf Wunsch auch mit Bi-Xenon) befinden sich direkt darunter und sind in der Frontschürze integriert. Den gleichen optischen Trick nutzt übrigens Nissan schon seit geraumer Zeit bei ihrem Kompakt-SUV Juke.

Eingefleischte Jeep-Fans werden beim Anblick des neuen Cherokee wohl eine kleine Eingewöhnungsphase benötigen. Das gilt ebenso für die Heckpartie mit ihren hoch positionierten LED-Rückleuchten. Das Design-Wagnis erschließt aber auch neue Kunden, wie der nicht minder extravagante Range Rover Evoque bereits eindrucksvoll bewiesen hat. Weitere Mitbewerber im Segment sind der Audi Q5, BMW X3, Mercedes GLK oder auch der Volvo XC 60.

Viele Assistenzsysteme und ein großer Touchscreen auf der Mittelkonsole

Nicht nur von Außen präsentiert sich das italienisch-amerikanische Designerstück Cherokee modern, denn mit zahlreichen Assistenzsystemen wie unter anderem Kollisionswarner, adaptiver Abstandsregelung, Totwinkelwarner und Spurhalter ist das 4,62 Meter lange SUV auch in Sachen Sicherheit zeitgemäß. Der Innenraum präsentiert sich klar strukturiert und wird von einem üppig dimensionierten Multifunktionsmonitor auf der Mittelkonsole beherrscht. Die Bedienung des 21 Zentimeter großen Touchscreens erweist sich als überraschend einfach und gelingt auf Anhieb, da die Menüführung logisch aufgebaut ist. Ebenso so schön ist die Tatsache, dass das integrierte Navi beim Cherokee die eingegebene Route schnell berechnet.

Kabellos das Handy aufladen? Im Cherokee kein Problem

Aber wie schlägt sich der Cherokee im Alltagsnutzen? Brauchbare Ablagemöglichkeiten gibt es genug, nur nicht dort, wo man sie primär erwartet. So taugt das mickrige Handschuhfach allenfalls für Kleinkram, dafür offeriert der Cherokee ein üppiger bemessenes Fach unter seiner Mittelarmlehne zwischen den Vordersitzen. Hier befindet sich zudem eine Dockingstation, die ein Aufladen von Smartphones via Induktion ermöglicht. Lästiger Kabelsalat ist damit im neuen Jeep fortan passé.

Das Raumangebot in Reihe eins geht beim Cherokee völlig in Ordnung, es herrscht genügend Bewegungsfreiheit in alle Richtungen. Dennoch gibt es Kritik, denn der Verstellbereich des Lenkrades ist zu gering. Damit eine entspannte Sitzposition erzielt werden kann, möchte der Fahrer das Volant um einiges näher an sich heranziehen, als es in Wirklichkeit möglich ist. Ärgerlich auch, das bei großen Gäste im Fond keine Freude aufkommt, da ihnen die längsverstellbare Rückbank selbst in der hintersten Position zuwenig Kniefreiheit bietet. Da nützt auch die opulente Kopffreiheit nur wenig.

Wahlweise gibt es Front- oder Allradantrieb

Front- und Allradantrieb stehen für das Mittelklasse-SUV zur Wahl. Auf trockenen, asphaltierten Straßen rollt der Cherokee ohnehin zumeist als Fronttriebler, der Allrad schaltet sich bei Bedarf vollautomatisch hinzu. Wer aber darauf verzichteten kann, erhält den Basisdiesel auch als reinen Fronttriebler. Der leistet 140 PS und bringt den US-Italo bereits ausreichend flott auf Trapp. Die neuentwickelte elektrische Servolenkung liefert genug Fahrbahnkontakt und mit der präzise geführten Sechsgangbox macht der Cherokee sogar Spaß. Dabei glänzt er mit einem kommoden Fahrkomfort sowie einer guten Geräuschdämmung, die unter anderem eine spendable Doppelverglasung umfasst. Einzig der von Fiat beigesteuerte Multijet II-Turbodiesel will nicht so recht in das leise Akustikbild passen und klingt beim Ausdrehen recht knurrig.

Die nagelneue Neungang-Automatik passt gut zum Charakter

Völlig stolz sind die Allradprofis von Jeep auf ihre neuentwickelte Neungangautomatik. Sie stammt von ZF, begeistert mit sanften Gangwechseln und gehört bei der zweiten Diesel-Ausbaustufe des 2.0-Liter Multijet II mit 170 PS zum serienmäßigen Lieferumfang. Der kräftigere Selbstzünder ist ohnehin die bessere Wahl, da die höhere Gangspreizung der Automatik mehr Durchzugskraft bringt und demzufolge mehr Reserven bei Überholmanövern hat.

Zwei verschiedene Allradsysteme stehen beim Jeep Cherokee im Angebot

Jeep bietet den Cherokee mit zwei Allradsystemen an. Während der so genannte "Jeep Active Drive I" hauptsächlich für asphaltierte Straßen konzipiert wurde, ist der 4x4-Antrieb "Jeep Active Drive Lock" so richtig fit für den schweren Offroad-Einsatz. Der mit Geländeuntersetzung sowie Hinterachssperre ausgerüstete Cherokee Trailhawk unterscheidet sich zudem durch eine rustikalere Optik mit geänderter Front- und Heckschürze für mehr Böschungswinkel, einem Unterfahrschutz sowie einem speziell abgestimmten Fahrwerk mit höherer Bodenfreiheit.

Elektronik hilft unerfahrenen Bergsteigern, vollends geländetauglich nur mit Benziner

Auf unbefestigtem Terrain macht der Cherokee Trailhawk eine gute Figur, krabbelt eindrucksvoll über Stock und Stein und entpuppt sich auch unter schwierigsten Bedingungen als bedingungsloser Fährtenleser. Dabei erhalten weniger erprobte Piloten jede Menge elektronische Unterstützung, wie die Bergan- oder Bergabfahrhilfe. Beide Features führen den Jeep – ohne Betätigung des Gas- oder Bremspedals – vollautomatisch und sicher durch dick und dünn oder gegebenenfalls auch durch Schluchten. Einziges Manko: Es gibt den Cherokee Trailhawk nur in Verbindung mit dem 272 PS starken V6-Benziner. Aber für Förster, Jäger und Landwirte mit dem Hang zu extravagantem Styling sowie extremen Klettern besteht noch Hoffnung, denn die US-Boys schauen sich die europäische Nachfrage genau an. Ist sie beim Trailhawk groß genug, will Jeep nachlegen und auch ihn mit einem wirtschaftlichen Selbstzünder anbieten.