Nach zwei Jahren Pause kehrt der Jaguar XF Sportbrake zurück, ein eleganter Sport-Kombi für Dienstwagenfahrer mit Benzin im Blut. Was der schicke Brite kann und was er kostet, klärt die Kaufberatung.
Lange sah es danach aus, als wolle Jaguar den XF Sportbrake den Geschichtsbüchern überlassen. 2015 brachten die Briten die XF Limousine neu auf den Markt, doch von dem Kombi fehlte jede Spur. F-Pace, E-Pace, I-Pace: Bei Jaguar SUVte es in den letzten Jahren nur noch. Die aufgebockten Karossen sollten Dienstwagenfahrer über den Kombi hinweghelfen, so die Strategie. Doch die Treue zu Familienkutschen scheint zu groß, seit Ende vergangenen Jahres steht der XF Sportbrake wieder bei den Händlern.
Und ganz ehrlich: Im Premium-Segment klaffte ohne den XF Sportbrake eine Lücke. Keiner der Kombi-Kontrahenten tritt so elegant auf wie der feine Brite. Mit einer stark abfallenden Dachlinie und spitz zulaufender Fensterfront kaschiert er seinen Rucksack. Er sieht mehr einem sportlichen Coupé gleich als einem sperrigen Kombi. Doch der Luxus-Laster steckt auch ordentlich was weg. Elektrisch (Serie) und sogar per angedeutetem Fußschwenk unterm Schweller (547 Euro) surrt die Heckklappe hoch. Dahinter verbirgt sich das noble Ladeabteil. Wären da nicht die Alu-Verzurrschienen, würden wir uns wahrscheinlich gar nicht trauen, Getränkekisten oder Ähnliches über den feinen Filz zu zerren. Beim Platzangebot (565 bis 1.700 Liter) liegt er auf einem Level mit dem BMW 5er. Nur die E-Klasse steckt mehr weg (bis 1.820 Liter). Und das, obwohl der Jag (4,96 Meter) den Mercedes um zwei Zentimeter überragt.
Hübsche Gimmicks machen täglich aufs Neue Spaß
Im Fond sitzen wir bequem. Anders als erwartet, rückt uns das niedrige Dach nicht auf die Pelle, die Sitze sind schließlich ebenfalls tief montiert. Lediglich die Füße schlafen mangels Bewegungsfreiheit ein. Dass wir hinten weich gebettet auf Ledersitzen dahingleiten, dazu trägt auch die serienmäßige Luftfederung an der Hinterachse bei. Und dann noch der Blick durch eines der größten Panoramaglasdächer (1,6 Quadratmeter) der Autowelt: herrlich!
Mit 72 Doppelschlägen pro Minute flackert der blau illuminierte Startknopf auf – er soll den Ruhepuls des Wagens symbolisieren. Drücken wir drauf, startet der Motor – und mit ihm steigt der Automatik-Drehregler aus dem marmorierten Ebenholz empor. Gleichzeitig klappen hinter dem Alu-Dekor versteckte Lüftungsdüsen hervor. We love it!
Der Jag ist ein echtes Fahrerauto
Müssten wir wählen, würden wir uns dennoch für einen der vorderen Sitzplätze entscheiden. Genauer gesagt, für den Fahrersitz. Die Briten verstehen es, uns zu unterhalten und uns mit kleinen Gimmicks den Alltag zu verschönern. Beispiel gefällig? Genauso wie das griffige Lederlenkrad oder das samtweiche Windsor-Leder, mit dem Jaguar den Innenraum des schicken Kombis auskleidet. Qualität und Verarbeitung stimmen. Außer dem Startknopf, ein paar Tasten für die Klimaregelung und den Fensterhebern leuchtet in dem Jag allerdings wenig, die Ambientebeleuchtung fällt spärlich aus. Das ohnehin schon eng geschnittene Cockpit wirkt bei Nachtfahrten noch kuscheliger. Eine geeignete Ablage für unsere 1,5-Liter-Trinkflasche finden wir auch bei Tageslicht nicht.
Mit wenigen Wisch- und Ziehbewegungen manövrieren wir uns durch die flache Menüstruktur des zehn Zoll großen Touchscreens im Zentrum der Mittelkonsole. Die von uns meistgenutzten Anwendungen können wir auf den Startbildschirm ziehen. Und auch der Beifahrer hat was vom Display: Während wir auf dem Bildschirm die Navi verfolgen, kann der Nebenmann beispielsweise einen Film schauen – der Dual-View-Modus macht’s möglich. Die Navikarte können wir auch über die komplette Breite des 12,3 Zoll riesigen Instrumentenfelds hinterm Lenkrad spannen. Zum Preis von 2.275 Euro legt Jaguar zum großen Infotainmentsystem samt digitalen Instrumenten noch eine klangstarke Meridian-Soundanlage oben drauf – ein Must-have in jedem Dienstwagen. Bei der Konfiguration des Wunschautos sollten Fuhrparkleiter dennoch ein wachsames Auge haben, sonst treiben teure Extras den günstigen Einstiegspreis schnell in die Höhe
Adaptive Dämpfer sollten rein
Eine gute Investition sind beispielsweise die adaptiven Dämpfer. Kaum ein Kombi braust so gelassen über die Autobahn und lässt sich gleichermaßen sportlich auf Bergpässen ums Eck zirkeln. Allerdings zeigt der Brite, selbst wenn das Fahrwerk auf Komfort eingestellt ist, eine gewisse Härte. Wozu die 19-Zöller am Testwagen ihr Übriges beitragen.
Außer einem 250-PS-Benziner finden sich ausnahmslos Diesel in der Preisliste, angefangen beim 163 PS starken Einstiegsmodell bis zum 300 PS starken Sechszylinder. Ein gelungener Kompromiss ist der 25d, serienmäßig mit Allrad. Unter der Haube trommeln vier Zylinder, die aus zwei Liter Hubraum 240 PS schöpfen. Der Diesel säuselt beim Dahinschlendern in der Stadt zwar gelangweilt, schnurrt bei Spurts dafür umso sonorer.
Seine 500 Nm Drehmoment schieben über alle vier Räder ordentlich an, bis zu der 100-km/h-Marke (6,7 Sekunden) nimmt ihm der BMW 530d dennoch mehr als eine Sekunde ab. Der von uns gemessene Testwagen benötigte sogar 7,8 Sekunden bis auf Tempo 100. Und zumindest nach NEFZ-Norm verbraucht er überdies noch mehr als der Bayer. Statt der vorgegebenen 5,8 Liter verbrannte unser Testwagen stolze 7,3 Liter Diesel auf 100 Kilometer.
Technische Daten und Preise
Aus seinem Zweiliter-Diesel quetscht Jaguar bis zu 240 PS. Entscheidet man sich für die potenteste Variante 25d, sind Allrad und eine Achtgangautomatik Serie. Seine 500 Nm Drehmoment bringt der XF so gekonnt auf alle vier Räder, dass selbst in einem fast fünf Meter langen Kombi Sportwagengefühle aufkommen. Der Fahrspaß hat allerdings seinen Preis: Stolze 8.000 Euro kostet der 25d AWD (48.202 Euro) mehr als der 180 PS starke 20d (40.050 Euro). Zwar sortiert im 180-PS-Diesel ebenfalls eine Achtgangautomatik serienmäßig die Gänge, dafür wird die Kraft lediglich an die Hinterräder geleitet.
Der 20d bringt nicht die Diesel-Power des 25d mit, untermotorisiert ist man deshalb aber noch lange nicht. Flottenmanager werden das Downgrade noch leichter verschmerzen, schließlich ist der 20d gegenüber dem 25d AWD bei den TCO gut zehn Cent günstiger. Das liegt vor allem am deutlich höheren Spritkonsum des 240-PS-Allradlers. In Flotten mit strenger CO2-Regelung hat der 25d mit einem Ausstoß von 153 Gramm aufgrund des Allrads sogar gegenüber dem Sechszylinder mit 300 PS das Nachsehen. Für den Sechszylinder-Sound legt der Dienstwagenfahrer im Vergleich zum 25d allerdings nochmals 8.000 Euro oben drauf. Für Sparfüchse empfiehlt sich der Einstiegsdiesel mit 163 PS. Er wird serienmäßig mit einer Sechsgangschaltung bedient und ist daher ab 37.000 Euro zu haben.
Ausstattung
Für den Mittelklasse-Kombi XF Sportbrake bietet Jaguar sechs Ausstattungslinien an: Pure, Prestige, Portfolio, R-Sport, S und First Edition. Wobei die letzten beiden dem 300 PS starken Topdiesel 30d vorbehalten sind. Den 25d AWD liefern die Briten in den Linien Prestige, Portfolio und R-Sport. Der 3.000 Euro Preisaufschlag von Prestige auf Portfolio will überlegt sein: Die normalen Ledersitze pimpt Jaguar zwar mit Windsor-Leder auf und statt 17-Zoll-Alus werden 18-Zöller aufgezogen, das war’s im Grunde aber auch schon mit den Vorzügen.
Für Ausstattungspakete oder weitere Extras werden die gleichen Aufpreise fällig. Das macht dem Kunden die Zusammenstellung seines Wagens einfacher und die Entscheidung pro Prestige ebenfalls. Für das 1.800 Euro teure Upgrade von Prestige zu R-Sport sind lediglich wenige optische Änderungen an der Karosserie drin, wie etwa matter Chrom an Kühlergrill und seitlichen Lufteinlässen sowie serienmäßige 18-Zoll-Felgen.
Richtig teuer wird’s zudem, wenn man die vielen verlockenden Sonderposten hinzubucht: Abstandstempomat (1.355 Euro), adaptives Fahrwerk (1.400 Euro), Metalliclackierung (945 Euro), LED-Scheinwerfer (1.355 Euro), Head-up-Display (1.120 Euro) oder etwa das Panoramaglasdach (1.180 Euro) schlagen ordentlich zu Buche. Am besten wirft man einen Blick auf die zahlreichen Ausstattungspakete. Beispielsweise unterstützen beim kleinen Parkhilfe-Paket (971 Euro) Parkpiepser vorne und hinten sowie eine Rückfahrkamera den Fahrer beim Rangieren. Soll sich der Jag von ganz alleine in Lücken schwingen, werden übertriebene 2.195 Euro fällig. Das große Navi samt Zehn-Zoll-Touchscreen, digitalem Instrumentendisplay und Meridian-Soundsystem gibt es für 2.273 Euro – unverzichtbar.
Infotainment und Connectivity
Das große Infotainmentsystem von Jaguar hat Vorzeigecharakter. Über die simple Menüstruktur des zehn Zoll großen Touchscreens steuern wir Navi, Telefon, Musik und Sitzklimatisierung. Wischen, Ziehen, Zoomen, klappt alles so leicht wie beim iPad. Die Startseite kann sich der Fahrer sogar selbst zusammenstellen. Untermenüs wie Telefonkontakte, Radiosender oder etwa die Zieleingabe der Navi steuert der Fahrer mit nur einem Fingertipp an. Die Navi lotst mit Echtzeitverkehrsinfos auch um kurzfristig entstandene Staus erfolgreich herum. Auf dem 12,3 Zoll großen digitalen Instrumentenfeld direkt vor der Fahrernase nutzt der Jaguar die ganze Breite für die Navikarte. In klassischer Darstellung erscheinen Tempo und Drehzahlmesser groß, der linke Bereich kann individuell genutzt werden, etwa klassisch als Bordcomputer oder als zusätzliche Infoscheibe für Radio und Telefon. Über den Wi-Fi-Hotspot des Jaguars können sich acht Geräte ins Netz wählen.
Fazit
Kaum ein Fahrzeugsegment ist so dicht bestückt wie das der Mittelklasse-Kombis. Und dennoch füllt der Jaguar XF Sportbrake eine Nische – die der edlen Sport-Kombis. Fahrspaß ist bloß eine Seite des XF. Der Luxus-Laster zwingt Dienstwagenfahrern auch in puncto Platzangebot keine Kompromisse auf. Trotz des hohen Wertverlustes fahren Flotten mit diesem Briten am günstigsten.