In drei Worten ist der VW Caddy ziemlich präzise umschrieben: quadratisch, praktisch, gut. Vernünftig ist zudem, wer den kasteligen Van mit Erdgasantrieb wählt.
Es sind nicht mehr viele, aber es gibt sie noch: die Pragmatiker unter den Autofahrern. Sie springen nicht auf den SUV-Trend auf, nur weil jemand sagt "man sitze so schön hoch" und sie lassen sich nicht von eleganten viertürigen Coupés blenden. Sie verlangen vielmehr nach einem Fortbewegungsmittel, das sie zur Kita, zum Job und am verlängerten Wochenende ins Grüne bringt. Möglichst einfach und kostengünstig. Ein Auto, das nicht durchs Design, sondern Talente auf sich aufmerksam macht. Einem wie dem VW Caddy?
Große Klappe, viel dahinter
Wir entriegeln den Caddy per Fernsteuerung über den Fahrzeugschlüssel. Hinten in der Ecke flackert das orange Licht der Blinker auf. Unsere Tiefgarage ist nicht allzu groß, aber in seinem gedeckten Blau geht der unscheinbare Van im dunklen Untergeschoss völlig unter. Wir reißen die Heckklappe auf, drücken die riesige Tür nach oben. Hoppla, gedankenschnell ziehen wir den Kopf zurück und gehen im Limbo-Stil ins Hohlkreuz. Die Klappe hätte uns beinahe am Kinn erwischt. Ein großer Schritt zurück genügt das nächste Mal.
Die Ladekante liegt auf Kniehöhe. So gelingt der Waschmaschinen-Transport genauso easy wie der wöchentliche Getränkeinkauf. Was uns nervt, ist der schmale Spalt unter der Rücksitzbank. Regenschirme und anderer flacher Kram rutscht beim Abbremsen leicht unter die Sitze. Unser Kamera-Equipment für heute verstauen wir daher lieber hinter den Vordersitzen. Dem schmalen Van sei dank, bewegen wir uns selbst im engen Parkhaus frei und laden problemlos ein. Klasse ist auch die breite Öffnung der Schiebetüren. Die Rückbank lässt sich leider nicht in Längsrichtung verschieben, dafür mit zwei Handgriffen wickeln oder ganz ausbauen. Rund 1,80 Meter ist der Ladeboden jetzt lang. Das Kofferraumvolumen wächst von ohnehin schon üppigen 750 Liter auf gewaltige 3.030 Liter.
CNG-Tankstellen im Navi hinterlegt
Selten muss der Familienpapa aber den Wagen ganz vollstopfen. Regelmäßiger dürfte beispielsweise der Ausflug mit der Volleyball-Truppe der Kinder anstehen. Während der Fahrt warmspielen, wäre im hoch gebauten Caddy kein Problem. Raum, den VW mit praktischen Ablagefächern und –netzen an den Seiten des Dachhimmels füllt. Ein Vorteil der kasteligen Karosserieform sind zudem die riesigen Fensterflächen.
Die Nähe zum gleichnamigen Transporter spüren wir an vielen Ecken im Fahrzeug. So sind die Sitze hart gepolstert und die gewählten Materialien vorwiegend auf Langlebigkeit ausgelegt. Weiche Softtouch-Oberflächen sehen wir kaum, robuster Hartplastik dominiert. Im schwarzen Cockpit sticht der moderne Infotainment-Bildschirm heraus. Ein Sensor erkennt, wenn sich unsere Finger dem Touchscreen nähern, woraufhin das System die Menüleiste aufklappt. Unsere Smartphone-Apps können wir ganz modern über Apple Car Play, Google Android Auto oder Mirrorlink auf den Bildschirm spiegeln. Großer Pluspunkt: Im Navi sind alle rund 900 Erdgastankstellen in Deutschland aufgeführt. Entweder in Routen als Zwischenziel integrieren oder die Zapfsäule gezielt ansteuern.
1.200 Euro teurer als der Diesel
Zum Glück reichen die vier Erdgastanks für fast 600 Kilometer, auf denen der Caddy-Fahrer umweltschonend unterwegs ist. Denn Erdgas hat nicht nur die bessere CO2-Bilanz gegenüber Benzinern und Diesel, sondern stößt auch allgemein viel weniger Schadstoffe aus. Die insgesamt 26 Kilogramm fassenden Stahl-Tanks verstaut VW samt aller Leitungen unter dem Kofferraumboden. So müssen wir keine Einbußen beim Ladevolumen hinnehmen. Auf 100 Kilometern benötigt der Caddy laut VW 4,5 kg CNG. Auf unserer Verbrauchsrunde waren es mit 4,7 kg nur unwesentlich mehr. Derzeit kostet in Süddeutschland das Kilogramm Erdgas 1,15 Euro brutto, was auf 100 Kilometer umgerechnet 5,40 Euro entsprechen.
Sollte der Fahrer den Gasvorrat komplett ausreizen, bringt ihn ein 13-Liter-Reserve-Benzintank zur nächsten CNG-Zapfsäule. Vorher schaltet der monovalente Antrieb auch nicht um. Im Erdgas-Betrieb merken wir so gut wie keinen Unterschied. Motorsteuerung, Abgasturbolader und vieles mehr passte VW auf den 110 PS starken Gasantrieb an. Was auffällt, ist die kleine Anfahrschwäche, die wir aber mit geübtem Gasfuß wieder ausgleichen.
Einen Unterschied, den Sie auf jeden Fall bemerken, ist der Preis. Erdgastechnik ist immer noch teuer. Für den Caddy 1.4 TGI mit DSG-Getriebe verlangt VW 21.700 Euro (Conceptline). Den 102 PS starken Zweiliter-Diesel bekommen Sie ebenfalls mit DSG-Getriebe 1.200 Euro günstiger. Wenn Sie sogar mit 102-Benziner-PS auskommen, sparen Sie mit einem 1.0 TSI 4.555 Euro gegenüber dem Erdgas-Caddy. Allerdings kommt der Dreizylinder mit einer Fünfgang-Schaltung. Dennoch, der hohe Kaufpreis ist mit den günstigeren Kraftstoffkosten kaum wieder einzufahren. Wer der Umwelt Gutes tun möchte, der muss an anderer Stelle auch manchmal unvernünftig sein.