Geschäftswagen-Klassiker VW Scirocco Windiger Bursche

VW Scirocco, Dienstwagen Foto: Archiv 7 Bilder

Er war eine Revolution in Wolfsburg: Der Scirocco hatte als erstes Auto von VW einen wassergekühltem Frontmotor, Vorderradantrieb und eine Verbundlenkerachse hinten. Da standen sogar die Chefsekretärinnen Schlange ...

Es galt als Gesetz in Wolfsburg: Ein VW läuft mit luftgekühltem Heckmotor. Seine Heizung hat eher lau zu lüften als zu wärmen und 2,40 Radstand sind das Maß aller Dinge. Jahrzehntelang hat man sich am Mittellandkanal daran gehalten, auch noch beim Sportcoupé Karmann Ghia.

Mit wassergekühltem Frontmotor

Anfang der 70er-Jahre musste ein Nachfolger her, weil selbst die A-Zielgruppe der Chefsekretärinnen nicht mehr zugriff. Produzent Karmann drängte gleichzeitig auf eine bessere Auslastung. Der Neue namens Scirocco – übrigens drei Monate vor dem Golf am Start – erwies sich 1974 als Gesetzesbrecher: Mit wassergekühltem Frontmotor, angetriebenen Vorderrädern und einer Verbundlenkerachse hinten. Nur beim Radstand beließ VW es beim Käfermaß.

Jetzt standen sogar die Chefs der Sekretärinnen Schlange. Schon das Produktionsjahr 1975 brachte einen doppelt so hohen Absatz wie geplant. Und das, obwohl der Scirocco Inbegriff eines eher faden Baukastenprinzips war. Motor, Getriebe, Bremsen oder Tank wurden baugleich im Golf verbraten. Los ging es mit behäbigen 50 PS, das Ende der Fahnenstange bildete die 1,6-Liter-Antriebsikone aus dem Golf GTI mit 110 PS.

Sonnengelb oder Palmagrün

Poppig auch das Erscheinungsbild: Lacke in Ibizarot, Sonnengelb oder Palmagrün. Sitzkombinationen mit karierten Stoffen und graumeliertem Kunstleder, dazu dieser Name – ganz schön gewagt das Ganze. Ursprünglich sollte ja der Golf so heißen und unser Kandidat daher Scirocco Coupé. Eine Umfrage aber ergab, dass 62 Prozent der VW-Kunden den Begriff mit einem italienischen Sportflitzer assoziierten.

In Wolfsburg war man hellauf begeistert. Dem von Giorgio Giugiaro gezeichneten Beau gebührte fortan alleine der Name des Wüstenwinds. Wüst leider auch der Umgang windiger Drittbesitzer mit dem Auto. Tiefer, breiter, fetter – so manches Coupé endete als prollige Spoiler­schaluppe. Der Nachfolge-Scirocco geriet etwas biederer und vielleicht auch deshalb in die Verlustzone. 1992 nahm VW sein Fähnchen vorerst aus dem Wind. Erst 2008 durfte der Scirocco wieder pusten.