Weltpremiere Mercedes Sprinter (2018) Was der neue Sprinter auf dem Kasten hat

Mercedes-Benz Sprinter (2018) Foto: Markus Bauer 34 Bilder

Voll vernetzt und noch mehr Varianten: Der neue Mercedes Sprinter ist da. Erstmals baut Daimler seinen Transporter in Eigenregie, ohne VW. Was der Sprinter jetzt besser kann.

Vor gut einem Jahr stellte VW seinen neuen Crafter vor. Nun zieht Mercedes nach und zeigt den neuen, komplett eigenständig entwickelten Sprinter. Alleine beim Blick auf das Datenblatt steht fest: Der neue Stern hat das Rüstzeug, mit dem Konkurrenten aus Hannover mitzuhalten. Und beim Preis schlägt der Mercedes dem VW-Transporter gleich das erste Schnippchen: Ab 19.990 Euro netto ist der Sprinter zu haben, also noch ein Stückchen günstiger als das bisherige Einstiegsmodell Worker.

Das Außendesign des Sprinter fällt eher evolutionär aus. Die Formen werden etwas organischer, die Front bekommt mehr Biss und zugekniffene Augen. Im Innenraum ist schon deutlich mehr Revolution zu sehen. Als Erstes fällt neben den in der Ergonomie verbesserten Sitzen – auf Wunsch sind Schwingsitze, spezielle KEP-Sitze mit abgeflachten Seitenwangen oder elektrische Sitze mit Memory-Funktion erhältlich - das nagelneue Multimediasystem MBUX (Mercedes-Benz User Experience) ins Auge.

Auf Wunsch verfügt es über einen 10,25 Zoll großen Touchscreen mit HD-Auflösung. Alternativ kann der Fahrer das System über Touch-Elemente am Lenkrad oder eine verbesserte Sprachsteuerung bedienen. Ein im Fahrzeug integrierter LTE-fähiger Internetanschluss befeuert entweder nur die Telematikfunktionen von Mercedes Pro, das den Transporter ans Internet of Things anbindet, oder versorgt den Fahrer mit einem mobilen Hotspot. Sein Smartphone kann er entweder per USB-C-Anschluss, 12-Volt-Steckdose, einen vollwertigen 115/230-Volt-Anschluss oder komplett kabellos laden.

Zum Start bietet Daimler für Mercedes Pro acht Pakete an. Beispielsweise sendet das System Daten zum Fahrzeugstatus, überwacht die Fahrzeuglogistik, hilft bei der Flottenkommunikation, beim Wartungs- und Unfallmanagement oder fungiert als digitales Fahrtenbuch. Ab Juni 2018 sind die Dienste in 19 europäischen Märkten verfügbar. Im September bindet Daimler Fahrzeuge in den USA an. 

Front-, Heck und Allradantrieb

Auch seitens der Assistenzsysteme hat Daimler aufgerüstet. Die Bandbreite reicht vom aktiven Abstandsregeltempomaten Distronic, erstmals im Sprinter zu haben, über einen aktiven Bremsassistenten und einen Aufmerksamkeitsassistenten bis zum Parkpaket mit optionaler 360-Grad-Sicht und vier Kameras sowie Drive Away Assist. Dieser soll beim Anfahren Kollisionen verhindern, indem er zum Beispiel erkennt, wenn der Fahrer Gas und Bremse verwechselt. Zusammen mit dem Totwinkel-Assistenten leitet das System eine Bremsung ein, wenn es hinter dem Transporter querende Autos oder Fußgänger bemerkt.

Mercedes-Benz Sprinter 2018 Foto: Daimler
Im Sprinter kommt Daimlers neues Multimediasystem MBUX zum Zuge.

Dazu kommen die geschwindigkeitsabhängige elektrische Servolenkung, Seitenwindassistent und ein Spurwächter. Anders als im VW Crafter nutzt dieser aber nicht die Lenkung, um zu korrigieren, sondern bremst den Sprinter einseitig ab. Zudem sind auf Wunsch LED-Lichter und ein sogenanntes Wet Wiper System an Bord. Statt mit herkömmlichen Düsen wird das Wasser durch den Arm direkt vors Wischerblatt geleitet, wodurch der Fahrer nicht von aufgesprühtem, aber noch nicht weggewischtem Wasser behindert wird. 

Neben der Elektronik hat Daimler bei der technischen Basis Hand angelegt. Mit der neuen Generation ist der Sprinter zusätzlich zum Heck- und Allradantrieb mit angetriebenen Vorderrädern zu haben. Dies bringt gleich mehrere Vorteile: Beim Kastenwagen steigt das Ladevolumen um 0,5 Kubikmeter, die Ladekante liegt um 80 Millimeter niedriger. Ohne die Antriebswelle zur Hinterachse fällt auch das Leergewicht um 50 Kilogramm leichter aus. Der Fronttriebler ist in zwei Radständen (3.259 und 3.924 Millimeter) und mit Gesamtgewichten von 3,0, 3,5 und 4,1 Tonnen sowie als Kastenwagen, Fahrgestell und Triebkopf zu haben. Über alle Antriebs­arten sind so Tausende einzelne Varianten denkbar. Extra für den Frontantrieb hat Daimler eine Neun-Gang-Wandlerautomatik mit Schaltpaddles und verschiedenen Fahrprogrammen sowie ein manuelles Sechsganggetriebe entwickelt. Für die Varianten mit Heck- und Allradantrieb bietet Daimler drei verschiedene Radstände und bis zu 5,5 Tonnen Gesamtgewicht an. Die Kraftübertragung erfolgt wahlweise über das 7G-Tronic-Plus-Automatikgetriebe. 

Bis zu 17 Kubikmeter Laderaum

Seitens der Motoren wartet der Sprinter mit einem 3,0-Liter-V6-Diesel mit 190 PS und 440 Nm auf. Weiter gibt es den Vierzylinder-Diesel mit 2,1 Liter Hubraum in den Leistungsstufen 114 PS, 143 PS und 163 PS. Die Spitze bei den Motoren für den Frontantrieb ist bei 177 PS erreicht, die aber Reisemobilen vorbehalten bleiben. Der elektrisch angetriebene eSprinter soll 2019 folgen. 

Um die Einstufung gemäß der Abgasnorm Euro 6/VI zu erreichen verbaut Daimler auch weiterhin seine BlueTec-Technologie samt Abgasnachbehandlung per SCR und Adblue. Im Vergleich zum Vorgänger steigt aber die Tankkapazität für den Zusatzstoff von 18 auf 22 Liter, was die Reichweite deutlich erhöht. Zudem lässt sich der Füllstutzen im Motorraum nun leichter erreichen. Weiter entfällt mit der neuen Generation der Ölmessstab. Die Aufgabe übernimmt eine elektronische Ölstandskontrolle, abrufbar im Kombiinstrument. 

Den maximal 17 Kubikmeter großen Laderaum separiert serienmäßig eine vollflächige Trennwand. Der Metallboden kann optional mit einem Leichtbauboden aus Kunststoff für geringe Flächenlasten oder einem Schwerlastboden aus Holz versehen werden. Die Radkästen sind künftig keine verlorene Fläche mehr. Daimler hat diese mit rechteckigen Holzverkleidungen verstärkt. Der Kastenwagen hat je nach Ausführung eine Ladefläche von bis zu 7,6 Quadratmeter bei einer maximalen Laderaumlänge von 4,8 Metern. 

Zusätzlicher Korrosionsschutz und Wartungsvorhersage

Auch in den Werterhalt hat der Hersteller investiert. Der neue Sprinter ist zusätzlich an Unterboden und Seitenwänden verzinkt, um den Korrosionsschutz zu verbessern. Zusätzlich schützt eine optionale Unterbodenverkleidung vor Steinschlägen. Eine optionale Vorrichtung sorgt außerdem dafür, dass der Fahrer seinen Transporter nicht versehentlich mit Benzin statt Diesel betankt. Die Wartungsintervalle beim Diesel mit Heckantrieb betragen für die neue Generation 60.000 Kilometer oder zwei Jahre. Der Fronttriebler muss nach spätestens 40.000 Kilometern oder zwei Jahren zu Service. Gleichzeitig helfen die neuen digitalen Dienste dabei, die Wartung zu optimieren. Das Fahrzeug kann so schon von unterwegs Informationen an den Fuhrparkmanager senden. Dieser kann dann frühzeitig Verschleißreparaturen planen. Das Multimediasystem lässt sich gleich komplett über die Netzwerkverbindung updaten und warten.

Sprinter Innovation Campus 2017 Stuttgart Foto: Markus Bauer
Ab 2019 ist der eSprinter erhältlich. Der Antriebsstrang werkelt auch im elektrischen Vito.

Neben den Varianten für den Gütertransport ist der Sprinter wie gehabt auch als Passagiertransporter zu haben. Ab Werk sind bis zu 20 Sitzplätze inklusive Fahrer möglich. Die Sitzreihen lassen sich dank des neuen Easy-Mounting-Systems einfach ein- und ausbauen. Je nach Wunsch verfügen die Sitze über USB-Ladebuchsen, Stauraum für Smartphones, Armlehne, Lehnenneigungsverstellung, und 4-Wege-Kopfstütze. Mit der neuen Generation hält zudem eine neue luftgefederte Hinterachse Einzug in den Sprinter Tourer. Die Werkslösung mit Niveauregulierung soll das Komfortniveau vor allem auf den hinteren Plätzen deutlich erhöhen. Als weitere Alternative zu den Stahlfedern bietet Daimler für die Hinterachse eine Blattzugfeder aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) an. Damit sinkt das Fahrzeuggewicht, die Zuladung steigt um zwölf Prozent. Die innovative Technik verspricht beladungsunabhängig hohen Fahrkomfort und ist naturgegeben korrosionsfrei. 

Im Frühling wird sich der Sprinter im ersten Test auch auf der Straße beweisen müssen. Der erste Eindruck von Daimlers neuem großen Transporter fällt aber bereits bei der ersten Präsentation vielversprechend aus.