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BMW 2er Active Tourer B-Klasse aus München

Foto: BMW 8 Bilder

Ein BMW hat den Motor vorn und den Antrieb hinten. Und Pampers-Bomber sollen doch bitte die anderen bauen. So haben sich die Münchner über Jahrzehnte ihren sportlichen Ruf bewahrt. Doch jetzt kommt der 2er Active Tourer.

Getrieben vom Kostendruck und der Entwicklung der Gesellschaft schwenken die Bayern um: Weil immer mehr Familien und ältere Kunden hoch sitzen wollen und viel Platz auf kleiner Fläche brauchen, zeigen sie nächsten Monat beim Genfer Salon tatsächlich so etwas wie eine B-Klasse auf bayerisch, die im Herbst zu Preisen ab 30.000 Euro in den Handel kommt. Und weil sie kräftig sparen wollen, teilt sich dieser Active Tourer eine Plattform mit dem neuen Mini – und wechselt deshalb auf Frontantrieb.

Allerdings geht es BMW beim Richtungswechsel nicht allein um die Kosten und die Verzahnung der Architekturen, sagt Frank Niederländer, der die Modellreihen unterhalb des Dreiers verantwortet und dabei mittelfristig für ein ganzes Dutzend Baumuster spricht. „Wenn man so ein Fahrzeugkonzept vernünftig umsetzen möchte, dann führt am Frontantrieb kein Weg vorbei,“ ist der Produktplaner überzeugt: Der große Kardantunnel, die aufwändige Hinterachse und die längs montierten Motoren – bei einem kompakten Auto mit Heckantrieb bleibt da einfach nicht viel Platz für Kind und Kegel.

Und Platz bietet der Active Tourer bei der ersten Sitzprobe reichlich. Zwar misst er gerade einmal 4,34 Meter und ist damit fast genauso lang wie der Einser. Doch bei einem Radstand von 2,67 Metern, einem winzig kurzen Vorbau und einem fast senkrechten Heck geht es innen fast geräumiger zu als in einem X5. Wo im Einser schon der Nachwuchs auf der Rückbank meckert, können selbst Erwachsene im Active Tourer nicht nur bequem einsteigen, sondern auch ganz lässig sitzen – vor allem, wenn sie dafür die Rückbank ein wenig nach hinten gleiten lassen. Nicht umsonst ist das zweigeteilte Sofa um 13 Zentimeter verschiebbar.

Active Tourer bietet bis zu 1.510 Liter Stauraum

Neben den Hinterbänklern ist auch an die Lademeister gedacht: Der Kofferraum öffnet nach einem angedeuteten Fußtritt automatisch und wenn die elektrische Heckklappe nach oben surrt, blickt man auf eine ebene, sehr niedrige Ladefläche mit Platz für 468 Liter Gepäck. Darunter gibt es ein Souterrain mit geschicktem Raumteiler und darüber zwei kleine Hebel, mit denen man ratz, fatz die drei Elemente der Lehne nach vorne schnappen lässt. Dann wird der Active Tourer zum Cargo-Bomber und schleppt bis zu 1.510 Liter.

Gerade beim Blick auf die Kleinteile-Logistik haben sich die Entwickler viele neue Fragen gestellt, sagt Produktplaner Niederländer ein und freut sich über die ganzen jungen Väter in seinem Team: Wohin mit dem Kinderwagen, wie befestigt man am leichtesten den Kindersitz und in welcher Ablage verschwinden die Trinkflaschen – bei französischen Familienvans mögen solche Themen Gang und Gäbe sein. „Aber wir haben darauf bis dato nicht so sehr geachtet“, muss der Manager zugeben. Kein Wunder, dass er im Active Tourer sogar stolz ist auf die erste umklappbare Beifahrersitzlehne in einem BMW.

Neue Kunden für BMW gewinnen

Frontantrieb, Quermotoren, Hochdach-Karosserie? Daran müssen sich BMW-Kunden erst noch gewöhnen. Aber erstens will Niederländer mit dem Konzept ja vor allem neue Kunden für die Marke gewinnen. Und zweitens sieht er auch den Active Tourer fest in der Familie verankert. Nicht nur das Design ist typisch BMW und stempelt die B-Klasse gar vollends zum Rentner-Auto. Auch hinter dem Lenkrad fühlt man sich gleich zu Hause. Im Stand gilt das für die Sitzposition, das einnehmende Armaturenbrett, die Bedienlogik und die Ausstattung mit Assistenz- und Infotainment-Systemen. Und beim Fahren soll das auch für das Lenkgefühl und die Dynamik gelten, verspricht Niederländer. „Natürlich fühlt sich der Active Tourer nicht an wie ein Einser“, muss er einräumen: „Aber man spürt schon auf den ersten Metern, dass man in einem BMW sitzt.“

Pate dafür stehen nicht zuletzt die Motoren. Die sind zwar ebenfalls neu, diesmal quer montiert und treiben bis zum Debüt der bereits versprochenen xDrive-Modelle erst mal nur die Vorderräder an. Aber sie Versprechen zumindest die gewohnte Dynamik. Nicht umsonst startet der Zweier Active Tourer gleich mal als 225i mit 170 kW/231 PS. Der braucht dann zwar im Normzyklus schon 6,0 Liter, schafft dafür aber auch bis zu 235 km/h. Wer in gewohnter BMW-Manier über die linke Spur stürmen will, kann damit so manche B-Klasse zur Seite blinken.

Tabubruch beim Einstiegsmotor

Daneben gibt es als einzigen Diesel den 218d mit ebenfalls vier Zylindern und zwei Litern Hubraum, der es auf 110 kW/150 PS bringt, 205 km/h erreicht und im Mittel mit 4,1 Litern zufrieden ist. Und als vorläufigen Einstiegsmotor wagen die Bayern mit dem 218i gleich noch einen Tabubruch. An 136 PS und maximal 200 km/h kann man sich wahrscheinlich gewöhnen und an einen Normverbrauch von 4,9 Litern erst recht. Doch dass dieser 1,5-Liter nur noch drei Zylinder hat, das ist gleich die nächste bittere Pille für die Fraktion der gusseisernen BMW-Getreuen.

Niederländer ficht solche Kritik nicht an. Er glaubt an das boomende Segment der noblen Kompakten und hofft, dass es die Zeit schon richten wird. Das hat schließlich beim Touring und bei den X-Modellen auch schon mal geklappt. „Als wir diese Modelle eingeführt haben, war der Aufschrei groß“, erinnert sich der Produktplaner. „Doch heute fragt längst keiner mehr, ob ein Touring oder ein Geländewagen zu BMW passen.“