Der BMW 3er Touring will in seiner neuesten Auflage komfortabler, praktischer, vernetzter und auch noch fahrdynamischer werden. Ob er all das schafft, zeigt ein erster Fahrbericht des BMW 330xd Touring.
Der BMW 3er war immer ein kompaktes Auto. Eng, aber maßgeschneidert wie ein gut sitzendes Sakko. Schon die letztes Jahr präsentierte Limousine zeigte die Richtung auf: Der Dreier wird größer. So auch der Touring genannte Kombi. Um knapp acht Zentimeter wächst er in der Länge auf nun 4,71 Meter. Gleichzeitig steht die Heckklappe steiler. Das macht Hoffnung auf einen größeren Gepäckraum. Soviel sei verraten: In Norm-Litern wird sie nicht erfüllt. Bei aufrechten Rücksitzen passen 500 Liter hinten rein, das sind ganze fünf Liter mehr als bislang. Wer die dreigeteilte Rücksitzbank komplett umlegt, bekommt 1.510 Liter Gepäck unter. Das ist klassenüblich und sollte auch für das ausführlichste Werbematerial eines Außendienstmitarbeiters ausreichen.
Nicht riesig, dafür praktikabel mit cleveren Lösungen
Was viel wichtiger ist als die reine Anzahl von einzelnen Litern ist die Praktikabilität. Nach wie vor setzt BMW auf eine separat zu öffnende Heckscheibe, die stressfreies Einladen von Kleinkram erlaubt. Die ganze Heckklappe öffnet serienmäßig elektrisch. Die Ladekante liegt auf rückenfreundlichen 62 Zentimetern Höhe, die Öffnung ist nun drei Zentimeter höher und etwas breiter als bislang. Außerdem haben sich die bayrischen Ingenieure eine neue Lösung zur Ladungssicherung überlegt. Optional fahren während der Fahrt Gummischienen aus dem Ladeboden und verhindern so des Verrutschen des Ladeguts. Damit es beim Ein- und Ausladen problemlos flutscht, versenken sich die Gummischienen im Stand wieder. Einziger kleiner Wermutstropfen im Kofferabteil ist die Laderaumabdeckung, die nicht beim Öffnen der Heckklappe mit nach oben schwingt. Audi A4 oder auch der 5er BMW können das.
Weiter vorn im Fahrzeug sind solche Kleinigkeiten aber schnell zu den Akten gelegt. Auf den Rücksitzen finden endlich auch erwachsene Mitfahrer würdige Raumbedingungen vor. Allerdings sollten den Mittelplatz dennoch nur Kinder nutzen, denn die Kopfstütze lässt sich dort nicht weit genug herausziehen. Auf den Vordersitzen gibt es keine ähnlichen Beschwerden. Körpergerechte Sitze mit optional ausziehbarer Oberschenkelauflage und viel Seitenhalt haben Fahrerin und Beifahrer fest im Griff. Der Blick fällt wie in der 3er Limousine nun optional auf digitale Instrumente, die durch ihre außergewöhnliche Form auffallen. Ihre Ablesbarkeit leidet darunter nicht. Der große Bildschirm kann wahlweise über den bekannten Dreh-Drücksteller oder wie vom Smartphone gewohnt über den Monitor bedient werden. Eine Freitext-Sprachbedienung reagiert auf alles, was nach der Ansprache „Hey BMW“ kommt. Wer nur zur vorderen Scheibe hinausschauen will, bekommt dort das Bild des großen Head-Up-Displays eingespiegelt.
Der Sechszylinder-Diesel vereint Kraft und Laufkultur
So gerüstet lenkt nur wenig vom Eigentlichen ab, nämlich dem Fahren. Für erste Testfahrten stand nur der stärkste Diesel mit Allradantrieb zur Verfügung, der sechszylindrige 330xd. Er leistet aus drei Litern 265 PS und bärige 580 Newtonmeter Drehmoment. Die Kraft portioniert die bekannte Achtstufenautomatik von ZF gewohnt unprätentiös und stets passend. Sie verlässt sich auf das Drehmoment, der Motor spricht auch auf kleine Gaspedalbewegungen ansatzlos an und liefert stets mehr als genug Vortrieb. Nebenbei läuft der Reihenmotor sehr ruhig und vibrationsfrei, der Bordcomputer meldet Verbrauchswerte von unter 8 Litern. Der stolze Preis dürfte Fuhrparkmanager aber eher zu 318d und 320d treiben, die mehrere tausend Euro günstiger sind.
Und die Vierzylinder haben es durchaus in sich: Eine zweistufige Turboaufladung verbessert ihr Ansprechverhalten und spart im Teillastbereich Sprit. Außerdem wiegt der Motor weniger und so kommen sie dem Ideal einer gleichmäßigen Gewichtsverteilung zwischen vorn und hinten noch näher. In Verbindung mit hubabhängig agierenden Dämpfern schafften es die Fahrwerksentwickler, einen überzeugenden Kompromiss zwischen spaßigem Kurvenverhalten und gutem Federungskomfort zu finden. Die zielgenaue Lenkung macht Korrekturen überflüssig, das Fahrverhalten ist weitgehend neutral und bis hin zu hohen Kurvengeschwindigkeiten gut beherrschbar. Der Grenzbereich kündigt sich durch sanftes schieben über die Hinterachse an.
Viele Assistenzsysteme, stolze Preise
Doch dann ist schon das ESP zur Stelle und korrigiert den Kurs. Überhaupt die Assistenzsysteme: BMW hat sie alle. Allerdings zu saftigen Preisen. Das empfehlenswerte Komplettpaket mit Abstandstempomat, Totwinkel- und Spurhalteassistent kostet 1.680 Euro (alle Preise netto). Nochmal so viel kosten die adaptiven LED-Scheinwerfer, die erstmals in der Mittelklasse auch mit Laser-Fernlicht bis zu 530 Meter weit leuchten sollen. Immerhin sind einfache LED-Scheinwerfer schon serienmäßig an Bord. Ein günstiges Vergnügen ist der neue 3er Touring also nicht. Da könnte man ja wenigstens ein perfektes Verarbeitungsfinish erwarten? Die Testwagen liefen zwar noch als Vorserienautos, dennoch fielen teils nicht perfekte Farbübergänge von Karosserie zu Stoßfängern auf sowie ungleichmäßige Spaltmaße an Hauben und Tankdeckel. Zumindest in dieser Disziplin ist also ein Blick in Richtung Ingolstadt erlaubt. Beim Fahren haben derzeit aber die etwas westlicheren Bayern mit dem neuen Kombi die Nase vorn.