Lange waren sie angekündigt, nun rollen die ersten Borgwards über deutschen Asphalt. Ob das Comeback gelungen ist, zeigt die erste Testfahrt im BX7 TS Limited.
Das hatte man anders versprochen! Die Rede war von einem reinen Elektro-SUV, wie es Borgward in China auf die Beine gestellt hat. Und für die Unentschlossenen in Sachen Elektromobilität war doch eine Fluchtmöglichkeit zum Plug-in Hybriden vorgesehen? Damit wollte man der Konkurrenz zuvorkommen und die Neugierde an der wieder auferstandenen Marke wecken. „Dem Pioniergeist von Firmengründer Carl Borgward treu bleiben“, wie die Bosse bei der Präsentation des BX7 nimmermüde wiederholen. Pustekuchen! Borgward kehrt mit einem Benziner zurück auf die europäische Automobil-Bühne. Zwei Liter Hubraum, vier Zylinder, ohne Partikelfilter, ohne Start-Stopp-Funktion. Wie oldschool! Unserem enttäuschten Gesichtsausdruck kontert Borgward mit dem Versprechen, die Elektrovariante BXi7 nur auf die zweite Jahreshälfte 2019 aufgeschoben zu haben. Vom angedachten Plug-in Hybriden distanziert sich das Management dafür ganz. Startet Borgward mit einem Fehlschuss?
224 PS starker Benziner mit Sechstufen-Automatik
Mit 224 PS bringt der Turbobenziner zwar genügend Saft mit, um den 1.850 Kilo schweren SUV standesgemäß von A nach B zu bringen. Aber er ist auch ein ganz schöner Stinker: 8,9 Liter Normverbrauch, 212 Gramm CO2-Ausstoß, Effizienzklasse E, zertifiziert nach Euro 6b. In Zeiten nicht endender Abgasdiskussionen keine guten Argumente. Mit der Umrüstung auf Euro 6d-Temp bis September will Borgward an den Verbrauchswerten arbeiten. Ob das mit der neuen WLTP-Ordnung gelingt, bleibt fraglich. Schließlich kämpfen fast alle Hersteller mit steigenden CO2-Werten unter dem strengeren Prüfzyklus. Zulieferer Borg Warner stellt den Allradantrieb bereit, Aisin die serienmäßige Sechsstufen-Automatik. Solide. Aber auch zeitgemäß? Immerhin walten bei Audi, BMW oder Mercedes schon Automaten mit sieben, acht oder gar neun Gängen.
Welche Konkurrenz-Modelle nimmt Borgward überhaupt ins Visier? Die Macher selbst sehen Borgward als „Luxury Brand“. Man träumt davon, von Audi-Fahrern ernstgenommen zu werden – tatsächlich sieht der BX7 dem Q5 verdammt ähnlich. Eine schnelle Kopie wollen wir Designchef Anders Warming allerdings nicht unterstellen. Der ehemalige Chef-Zeichner von Mini vermittelt glaubhaft und enthusiastisch seine mitreißende Vision von Borgward. Nur stieß Warming erst spät zum Borgward-Team. Sein erstes eigenes Projekt ist das Concept-Car Isabella, ein elegantes Oberklasse-Coupé, das auf der letztjährigen IAA gezeigt wurde. Der BX7 stammt also aus anderer Feder. Aus einer chinesischen etwa? Hinter Borgward steckt immerhin der chinesische Großkonzern Foton.
Ein direkter Vergleich des 37.142 Euro teuren BX7 TS Limited Edition mit dem Ingolstädter Vorbild ist ohnehin schwer, den Q5 gibt es nur mit Diesel (2.0 TDI Quattro ab 38.655 Euro netto). Um den Selbstzünder macht Borgward aber auch in Zukunft einen großen Bogen. Wir wühlen uns weiter durch die Prospekte der Premiumhersteller und werden fündig: Preislich liegt der BX7 auf einem Level mit dem BMW X3 20i xDrive samt Achtstufen-Automatik (37.478 Euro / 184 PS / 163 g CO2). Ein Mercedes GLC 250 4Matic mit moderner Neunstufen-Automatik (38.630 Euro / 211 PS / 172 g CO2) ist kaum teurer.
Realistisch gesehen, dürfte es wenige Überläufer deutscher Premiummarken geben. Das Interieur sieht zwar ganz nett aus, in puncto Qualität und Ausstattung hinkt der BX7 allerdings genauso hinterher wie mit seinem veralteten Antrieb. Außer dem Leder machen die Materialien einen lieblosen Eindruck. Plastik als Alu- oder Holzfurnier-Imitat, die Tasten und Regler mit matter Chromverzierung sind einfach gehalten. Mal hier gedrückt, dort die Klappe gelupft: Nein, nach Premium sieht das nicht aus und fühlt sich auch nicht so an. Positiv sticht das Infotainment-System hervor: Ansehnliche Tomtom-Navikarte samt Echtzeit-Verkehrsinfos und die Möglichkeit, sich ins WLAN einzuloggen, Internet-Radio zu streamen oder das Wetter zu checken. Und wir können das Infotainmentmenü sogar mit einem Drehregler bequem von der Konsole zwischen Fahrer und Beifahrer aus steuern. Der 12,3 Zoll große Touchscreen ist ohnehin zu weit weg, um darauf während der Fahrt herumzutippen.
Vertrieb über das Internet, ATU als Service-Partner
Außerdem fehlt dem BX7 so einiges, was heutzutage Standard einer Sonderausstattungsliste für große Premium-SUV ist. Außer einem Totwinkelwarner und der Müdigkeitsanzeige finden wir beispielsweise keinerlei Assistenzsysteme. Weder Notbremsassistenten noch Kollisionswarner, die schon in manchem Kleinwagen Serie sind. In diesem Segment übliche Extras wie LED-Scheinwerfer, ein adaptives Fahrwerk, Head-up-Display und und und, alles nicht da. Nicht einmal einen Abstandstempomaten bietet Borgward an. Da brauchen wir nach Spurhalteassistenten oder gar Stauassistenten und Einparkautomatik gar nicht erst fragen. Immerhin lotsen uns Kameras – wenn auch mit recht geringer Auflösung – in enge Parktaschen. Ohne diese Hilfen würden uns mit dem 4,71 Meter langen Klotz gar nicht zur Shoppingtour in die City wagen.
Aber auch hier gilt: Die Verantwortlichen von Borgward versprechen nachzubessern. Allerdings wird sich bis Herbst, wenn die Limited Edition vom richtigen BX7 abgelöst wird, nicht viel ändern. Mit ähnlicher Ausstattung und deshalb auch ähnlichem Startpreis geht der reguläre BX7 dann ins Rennen. Es bleibt auch bei lediglich einer Leistungsstufe des Vierzylinder-Benziners. Die mattgraue Lackierung und das mokkafarbene Leder fallen dann aus der Preisliste. Sie sind exklusiv dem Editionsmodell vorbehalten.
Der limitierte BX7 bringt immerhin serienmäßig 18-Zöller, Xenon, Leder und das Tomtom-Navi mit 12,3 Zoll großem Touchscreen mit. Zumindest für Lederausstattung und Navi müssten bei der deutschen Konkurrenz ein paar Tausender mehr auf den Tisch. Allerdings haben sie dort beim Händler die Möglichkeit Rabatte herauszuschlagen. Borgward vertreibt seine Autos ausschließlich übers Internet. Den Service übernimmt die Werkstattkette ATU.
Nimmt man Antrieb, Design und Ausstattung als Maßstab, so würden wir den Borgward BX7 am ehesten mit dem im vergangenen Jahr modellgepflegten Kia Sorento auf eine Ebene stellen. Mit einem 188 PS starken Vierzylinder samt Sechsstufen-Automatik und Allradantrieb (9,2 Liter/213 g CO2) in der vergleichbaren Ausstattungslinie Spirit landet man ebenfalls bei rund 37.000 Euro.
Und wie ist nun der erste Kontakt des Borgward BX7 mit deutschem Asphalt? SUV-typisch gondeln wir in erhöhter Sitzposition dahin. Fahrwerk und Lenkung sind für komfortables Cruisen ausgelegt. Sportliche Zwischensprints kann er dennoch. Die Automatik schaltet zackig und die 300 Nm liegen früh an. Wer allerdings gerne mal am Vordermann vorbeizieht, lupft auch leicht den Verbrauch auf über zehn Liter. Die gelassene Fahrweise passt daher besser zum BX7. Der Vierzylinder läuft dann ganz passabel, nur an Steigungen ächzt er etwas grummelig vor sich hin. Ach, wie gerne hätten wir nur ein leises Surren vernommen.