Carsharing Mit Werbung fast gratis fahren

Foto: Drive Now

Carsharing boomt – und bleibt trotzdem in der Nische. Die zum Teil erwarteten enormen Wachstumsraten lassen sich nicht realisieren. Das muss die Autohersteller aber nicht stören. Sie können auch jenseits von Mietgebühren und Mitgliedsbeiträgen profitieren - etwa durch Werbung.

Allein mit dem klassischen Geschäftsmodell scheint großer Gewinn nur schwer möglich zu sein. Anbieter Drive Now etwa, hinter dem BMW und Autovermieter Sixt stehen, hat zwar kürzlich erstmals einen Gewinn im operativen Geschäft vermeldet. Wegen der hohen Anlaufkosten bleibt unter dem Strich aber weiterhin ein Verlust. Eine Expansion in Deutschland über die aktuellen Standorte Berlin, Hamburg, München, Köln und Düsseldorf, ist daher zunächst nicht geplant. Daimlers Konkurrenzangebot Car2go hat sein Angebot zwar zuletzt mit Stockholm auf weltweit 30 Städte ausgedehnt, in Ulm, wo das Projekt 2009 startete, ist aber bereits wieder Schluss. Der Standort war einfach nicht profitabel. In den größeren Städten läuft es zwar möglicherweise besser. Ob dort aber allein durch die Fahrzeugvermietung viel Geld zu verdienen ist, ist ungewiss. Die Unternehmen geben sich in dieser Hinsicht verschlossen.

Geschäft könnte zur Goldgrube werden

Stören muss das BMW, Daimler und Co. aber kaum. Die TÜV-Studie sieht auch jenseits des reinen Vermietgeschäfts positive Aspekte. So ließe sich mit den Fahrzeugen – Drive Now setzt etwa den gefragten Mini ein, Car2go vermehrt die gleichfalls attraktive Elektroversion des Smart – Begeisterung der Kunden für die Marke wecken. Auch innovative Technologien könnten durch den Einsatz in Leih-Fahrzeugen bekannter werden.
Zur Goldgrube könnte das Geschäft aber in anderer Hinsicht werden, glaubt zumindest Markus Deutsch von der Beratungsgesellschaft KPMG. Er und sein Team haben ein alternatives Geschäftsmodell entwickelt: personalisierte Werbung auf Basis der während der Fahrt gesammelten Kundendaten. Zumindest potentiell fallen bei der Nutzung haufenweise Informationen über den Fahrer an: Name und Anschrift sind eh bekannt, Routen können über lange Zeiträume aufgezeichnet werden, Fahrtzeiten und –rhythmen lassen Rückschlüsse auf Interessen und Gewohnheiten zu.

„Denkbar wäre etwa, Werbung von Geschäften im Fahrzeug einzublenden, wenn sie an der Route liegen“, sagt Deutsch. Natürlich personalisiert - und vielleicht gleich in Verbindung mit einem Rabatt-Gutschein, der einen ungeplanten Stopp noch einmal attraktiver macht. Auf rund 780 Euro schätzt Deutsch den Wert eines Datensatzes, der das Bewegungsprofil eines Verbrauchers binnen eines Jahres enthält. Wer als Carsharing-Kunde seine Daten zur Nutzung freigibt, könnte im Gegenzug besonders günstige Ausleih-Konditionen erhalten. Im Extremfall wäre selbst eine Gratis-Nutzung denkbar.

E-Commerce-Geschäft wird für die Autohersteller immer wichtiger

Klar sein dürfte, dass das sogenannte E-Commerce-Geschäft in den kommenden Jahren für die Autohersteller immer wichtiger wird. Die Marktforschungsagentur Gartner schätzt, dass 2017 jeder vierte Automobilhersteller zusätzlich Geld mit im Fahrzeug getätigten Online-Geschäften machen wird. Nicht nur in Carsharing-Autos, sondern auch in ganz normal genutzten Pkw. Und spätestens wenn Autos einmal komplett autonom fahren, dürften die menschlichen Insassen an Bord-Werbung kaum noch vorbei kommen.