Der große SUV von Mercedes ist darauf konditioniert, den Fahrer zu entlasten. Meistens so, dass er es gar nicht merkt. firmenauto testet, ob das klappt.
Sind SUV die cooleren Firmenwagen? Wer die die Zulassungszahlen kennt, muss es fast glauben. Das Segment brummt, bei Mercedes ordert jeder Dritte Käufer einen Geländewagen und ganz besonders gerne den GLE. Der kratzt zwar mittlerweile an der fünf-Meter-Marke und sprengt jede Norm-Garage. Andererseits bringen acht Zentimeter mehr Radstand fürstliche Beinfreiheit im Fond und Platz für zwei im Heck elektrisch versenkbare Zusatzsitze. Zudem ist es nur logisch, dass die Marke im neuen GLE alle Assistenz-, Komfort- und Sicherheitssysteme verbaut, die der Technikbaukasten hergibt. Beispielsweise den bekannten Breitbildschirm samt Festplatten-Navigation, der sich bis zur Mittelkonsole zieht. Oder ein großes, frei konfigurierbares Head-up-Display. Auch mit dem neuen, um 40 Funktionen erweiterten Bediensystem MBUX fährt der GLE standardmäßig vor. Wie schon die A-Klasse reagiert nun auch der GLE auf „Hey Mercedes“.
Fahrwerk erkennt Schlaglöcher
Das Ganze kommt in einem markentypisch hochwertigen Innenraum. Nur der Kofferraum mit seiner labberigen Abdeckung fällt qualitativ ein wenig ab. Trotzdem steht nach der ersten Ausfahrt fest: Der GLE kann mindestens so viel wie die E-Klasse und fährt fast so komfortabel wie die S-Klasse. Zumindest, wenn das vorausschauende, luftgefederte Fahrwerk verbaut ist. Das steuert jedes Rad individuell an, verhindert, dass sich der Wagen in die Kurve neigt und unterdrückt auf welligen Straßen Nickbewegungen der Karosserie. Zusätzlich scannen Kameras die Fahrbahn ab, erkennen Schlaglöcher oder Bodenwellen. So reagiert die Federung, bevor die Räder die Holperstelle erreichen. Wie schon in der S-Klasse funktioniert das verblüffend gut: Der Wagen gleitet fast wie eine Sänfte über schlechte Straßen. Der Komfort hat allerdings mit stolzen 6.500 Euro (alle Preise ohne Mehrwertsteuer) seinen Preis.
Da die elektrischen Stellmotoren der Federn bis zu 13 kW Leistung ziehen, ist das Luxusfahrwerk dem Benziner GLE 450 (61.050 Euro) mit 48-Volt-Bordnetz vorbehalten. Dessen integrierter Starter-Generator unterstützt den 367 PS starken Sechszylinder wie ein kleiner E-Motor in einem Hybriden. 22 PS stehen für kurzfristigen Antrieb oder für elektrische Verbraucher bereit, etwa, wenn der Wagen ohne Last mit ausgeschaltetem Motor segelt, bis der Fahrer wieder Gas gibt. Oder wenn das Auto bei Rot an der Ampel steht.
Dieselfahrer müssen aber nicht auf den Komfort einer Luftfederung verzichten: Für relativ günstige 1.710 Euro können sie das Luxusfahrwerk ohne Kamerassistenz und Wankausgleich bestellen. Das Geld ist gut angelegt. Auch damit rollt der Mercedes spürbar geschmeidiger ab als mit Standard-Federung.
Diesel zum Start nur mit vier Zylindern
Die Dieselwelt des SUV startet mit dem 300 d für 55.300 Euro. Wie allgemein üblich, schafft der Vierzylinder Euro 6d-Temp. Die Anfang 2019 folgenden Sechszylinder-Diesel dagegen erfüllen schon die erst 2020 verbindliche Euro 6d-Norm. Um stressfrei von A nach B zu kommen, genügen die 245 PS des Zweilitermotors des 300 d natürlich. Für den 2,2-Tonner sind aber sechs Zylinder das Maß der Dinge. Nicht unbedingt wegen der paar Mehr-PS, die der 272 PS starke 350 d stemmt. Der größere, voraussichtlich um die 60.000 Euro teure Diesel überzeugt vor allem durch seine Laufruhe sowie dem souveränen Antritt und Durchzug. Wem das nicht genügt, muss gute 4.000 Euro drauflegen und zum ebenfalls ab 2019 lieferbaren 400 d mit 330 PS und 700 Nm greifen. Zusätzlich kündigt Mercedes einen Plug-in Hybriden an.
Bei allem, was er tut, soll den Fahrer künstliche Intelligenz automatisch unterstützen. Er soll gar nicht erst reagieren müssen. Beispielsweise wird feuchte Luft an einem kühlen Herbstmorgen aufgewärmt, damit sie sich nicht auf der Windschutzscheibe niederschlägt. Greift der Fahrer im Dunkeln zu seiner Tasche auf dem Beifahrersitz, schaltet sich automatisch einen Lichtspot ein. Nähert sich eine Hand dem Touchscreen oder dem Touchpad auf der Mittelkonsole, werden einzelne Elemente größer. Das System erkennt sogar die Hand des Beifahrers. Will der die Klimatisierung seines Sitzes verstellen, poppt sein Sitz und nicht der des Fahrers auf dem Bildschirm auf. Kaum noch erwähnenswert, dass der Tempomat den Wagen automatisch auf die erlaubten Geschwindigkeiten einstellt, der Wagen selbst lenkt oder die Spur wechselt.
Rücksicht auf Radfahrer
Auch im Stau kann sich der Fahrer entspannt zurücklehnen. Der GLE orientiert sich bis 60 km/h an den anderen Autos und macht Platz, wenn eine Rettungsgasse gebildet wird. Er bremst, wenn der Fahrer beim Abbiegen an der Kreuzung den Gegenverkehr übersieht und warnt die Passagiere, sobald sie Türen öffnen, obwohl Radfahrer heranbrausen.
Selbst abseits befestigter Straßen bekommt der Fahrer umfangreiche Unterstützung in Form eines Offroad-Pakets samt Untersetzung, Längssperre und Gelände-ABS. Damit baut eine Stotter-Blockierbremse im steilen Gefälle kleine Hügel vor den Rädern auf, die sich so regelrecht eingraben. Das beste Feature wird man in Mitteleuropa aber eher selten brauchen: das Rüttelprogram, wenn sich der Wagen im Sand festgefahren hat. Dann hüpft der Wagen auf und ab, bis er wieder frei ist. Legt der GLE diese Tanzeinlage im Stadtverkehr hin, stiehlt er jedem Sportwagen die Show. Das ist nun wirklich cool.