Worauf sollten Fuhrparkmanager bei der Auswahl der Reifen und des Dienstleisters achten? Ein Interview mit Christian Koch, Reifen-Sachverständiger der Expertenorganisation Dekra.
Fuhrparkmanager müssen mehr denn je darauf achten, ein ausgewogenes Verhältnis von Kosten und Sicherheit sicherzustellen. Schon weil die zwei wichtigsten Punkte, Sicherheit und Laufleistung, grundsätzlich im Widerspruch zueinander stehen. Die Kunst liegt darin, abhängig vom Nutzungsprofil der Mitarbeiter den besten Kompromiss zu finden.
Auch hier gilt es, die beste Mischung zu finden. Wo habe ich die für mich beste Kontrolle über die Kosten, und wie weit mache ich mich abhängig von Zulieferern? Brauche ich jemanden, der mir die Reifen montiert, oder schaffe ich das selbst? Außerdem kommt es auch auf die Kapazitäten im Fuhrpark an. Habe ich den Platz und die dafür nötigen Mitarbeiter? Denn alles selbst zu machen, wird irgendwann sehr teuer.
Wie finden Flottenmanager den richtigen Dienstleister?Das hängt von der Flotte ab. Kommen die Fahrzeuge oft zum Standort, dann kann der Verantwortliche durchaus lokal suchen. Sind die Fahrzeuge viel unterwegs, braucht man einen bundes- oder sogar europaweit tätigen und gut vernetzten Dienstleister. Und natürlich entscheidet auch dessen Angebot. Gute Dienstleister können außerdem einen Teil der Kontrollarbeit abnehmen. Sie haben die Fahrzeuge auf dem Schirm und melden sich von selbst, wenn Termine anstehen.
Termine sind ein gutes Stichwort. Sollte ich die Reifen intern oder beim Dienstleister einlagern?Hat der Fuhrpark eigene Hallen, kann es schon vernünftig sein, Reifen selbst zu lagern. Aber das ist eine Preisfrage. Wenn die Reifen intern verwahrt werden, kann man sie selbst schnell wechseln. Ganz wichtig dabei ist, dass die Hallen dunkel, trocken und relativ kühl sind. UV-Strahlung, Ozon sowie Öl, Kraftstoffe und Lösungsmittel greifen das Gummi an und lassen die Reifen schneller altern. Im Extremfall können sie hierdurch sogar ausfallen.
Und die Reifen müssen ja nicht nur beim Wechseln gewartet werden.Richtig. Auch zwischendurch brauchen sie Pflege. Sie können ja beschädigt werden. Aber auch der Verschleiß muss immer wieder kontrolliert werden. Professionelle Einlagerungsdienste scannen die Oberfläche, stellen die Profiltiefe fest, erkennen so Mängel und können gleich reagieren.
Immer beliebter werden Ganzjahresreifen. Laut dem Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk lag ihr Anteil bundesweit im letzten Jahr bei rund 27 Prozent. Was halten Sie von dieser Entwicklung?Ganzjahresreifen werden deshalb beliebter, weil der Verbraucher glaubt, damit über ihre Lebensdauer sorgenfrei fahren zu können. Das halte ich jedoch für einen Fehlschluss. Zwar sparen Sie sich den Aufwand, im Frühjahr und im Herbst die Reifen zu wechseln, aber das heißt ja nicht, dass man ihre Pflege vernachlässigen kann. Reifen müssen regelmäßig überprüft werden, insbesondere der Fülldruck.
Wann ergibt welches Paket also Sinn?Wer nur im urbanen Raum unterwegs ist und sein Fahrzeug bei extremen Witterungsbedingungen im Winter beruhigt stehen lassen kann, für den kann ein Ganzjahresreifen eine Option darstellen. Wer im Außendienst immer auf sein Auto angewiesen ist und durchaus längere Strecken fährt, ist mit jahreszeitlich angepasster Bereifung nicht nur sicherer, sondern auf längere Sicht auch günstiger unterwegs.Über den Daumen gepeilt?Bei unter 8.000 Kilometern im Jahr ist der Ganzjahresreifen sinnvoll. Ansonsten empfiehlt sich ein Paket aus Sommer- und Winterreifen. Weiter kommt es natürlich auch darauf an, in welchen Regionen man fährt. Im norddeutschen Raum ist der Winter ja ganz anders als zum Beispiel im Allgäu.
Hier stellen sich drei große Herausforderungen: Die Traglast erhöht sich, da E-Autos in der Regel deutlich schwerer sind. Sie stellen schon kurz nach dem Stillstand das maximale Drehmoment zur Verfügung. Die Reifen müssen leiser abrollen, da sie durch das fehlende Motorengeräusch sonst überdeutlich zu hören sind. Sie müssen also mehr Gewicht tragen können, sie brauchen eine erhöhte Abriebbeständigkeit, und sie müssen gleichzeitig einen höheren mechanischen, insbesondere akustischen, Komfort aufweisen.
Gibt es einen goldenen Mittelweg?Leider nicht, Reifen stellen immer einen Kompromiss dar. Es geht darum, mit Blick auf die Anforderungen von Fahrer und Fuhrpark die jeweils beste Lösung zu finden. Der Fachhandel besitzt die nötigen Kompetenzen und kann eine größere Auswahl an Marken als das Autohaus anbieten. Hierdurch ergibt sich die Möglichkeit, die Reifenwahl besser auf das entsprechende Anforderungsprofil des Fahrers abzustimmen. Als Fuhrparkverantwortlicher würde ich einen Dienstleister suchen, der vor allem Mobilität verkauft. Für einen festen Betrag stellt er sicher, dass mein Fuhrpark jederzeit und überall mit den richtigen Reifen ausgerüstet ist. Er ist verantwortlich, dass die Reifen rechtzeitig gewechselt werden, ist für alle Pannen zuständig und sorgt auch für Ersatz.