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Euro NCAP-Crashtest Die Sterne hängen immer höher

Foto: Hyundai

Fünf Sterne sind im Crashtest von Euro NCAP die Bestnote – für einige Hersteller aber auch Standard. Seit diesem Jahr liegt die Latte höher. Die Sterne von früher haben nicht mehr den Wert der heutigen.

Stellen Sie sich Ihren Fuhrpark von vor zehn Jahren vor. Sie hatten bestimmt keine so umfangreiche und serienmäßige Sicherheitsausstattung in Ihren Dienstwagen wie heute. Geschweige denn die ganzen Assistenzsysteme, die in den letzten Jahren hinzukamen. Fakt ist: Autos werden immer sicherer. Deshalb verschärft auch die ­Euro NCAP-Organisation jährlich ihre Anforderungen bei Crashtests. Sonst würden alle Fahrzeuge mit der Bestpunktzahl von fünf Sternen abschneiden. Da sich die Bewertungsmethoden seit 2015 von den vergangenen Jahren deutlich unterscheiden, können Sternebewertungen nicht mit denen aus früheren Jahren verglichen werden.

Was ist neu im Crashtest-Verfahren von Euro NCAP? 2015 kam unter anderem ein Frontaufprall auf ganzer Breite hinzu. Daher wird die volle Punktzahl für Frontalaufprallschutz auf diesen neuen Test und den Test mit versetztem Frontalaufprall auf ein verformbares Hindernis verteilt. Der Seitenaufpralltest verwendet nun einen größeren, schwereren Aufprallschlitten, während der seitliche Pfahlaufpralltest mit einem stärkeren, schräg versetzten Aufprall ausgeführt wird. Bei beiden Seitenaufpralltests kommt ein neuer, realistischerer Crashtest-Dummy zum Einsatz, um den Insassenschutz besser bewerten zu können.

Der Test für den Fußgängerschutz beschränkte sich bislang auf das Aufprallverhalten der Motorhaubenvorder­kante. Jetzt fokussiert er den Fahrzeugbereich im Oberschenkel- und Hüftbereich von Fußgängern, was letztlich sogar Einfluss auf das Design neuer Autos nimmt.

Welche Folgen die gestiegenen Anforderungen haben, zeigen die Crashtests in diesem Jahr. Hersteller peilten bisher immer fünf Sterne an und sahen diese als Pflicht. Im laufenden Jahr kamen erstaunlich viele Fahrzeuge nur auf vier oder gar drei Sterne, obwohl sich an der Karosserie nichts geändert hatte. So mussten sich beispielsweise Opel Karl und Audi TT mit nur vier Sternen zufriedengeben, weil sie kein Notbremssystem haben. Die baugleichen Vans Opel Vivaro und Renault Trafic versagten beim Fußgängerschutz und kommen auf insgesamt drei Sterne

Das hat sich seit 2015 geändert

  • Der Insassenschutz für Erwachsene wurde um einen Frontalaufpralltest auf voller Breite ergänzt
  • Für den Seitenaufprall wurde ein schwererer Schlitten, für den seitlichen Pfahlaufprall ein stärkerer Aufprall eingeführt
  • Um den Insassenschutz besser bewerten zu können, kommt ein realistischerer Dummy (WordSID) zum Einsatz
  • Beim Insassenschutz für Kinder wurden die Schwellen für die 3-, 4- und 5-Sterne-Bewertungen angehoben
  • Der Fußgängerschutz fokussiert nun Fahrzeugbereiche, die Schutz für den Oberschenkel- und Hüftbereich gewährleisten.

Nach diesem Prinzip wird gecrasht

Die Crashtests werden von Mitgliedsorganisationen des Euro NCAP durchgeführt. Dazu zählt auch der ADAC. Getestet werden vorwiegend populäre Modelle und Modellneuheiten. Die Prüfer benötigen von jedem Modell bis zu vier identische Fahrzeuge. Die getesteten Autos dürfen nur über die Standardsicherheitsausrüstung verfügen. Die Prüfer bekommen die Fahrzeuge vom Händler, auf die gleiche Weise wie der normale Kunde. Ist ein Modell noch nicht auf dem Markt, besucht Euro NCAP das jeweilige Werk und wählt auf Zufallsbasis ein Auto direkt vom Band aus. Oder der Hersteller sendet eine Liste von Fahrzeug-Identifizierungsnummern zu, die Euro NCAP nach dem Zufallsprinzip selektiert.

Die Sterne des Euro NCAP-Crashtests werden für vier Sicherheitsbereiche vergeben

Aktuell bewerten die Prüfer die Sicherheit der Fahrzeuge in vier Kapiteln, den sogenannten Boxen. Die wichtigste ist die Box für Erwachsenensicherheit. Sie geht mit 40 Prozent in die Gesamtnote ein. Je 20 Prozent entfallen auf die Sicherheit von Kindern im Auto, den Fußgängerschutz und die Assistenten. Erreicht man nur in einem Kapitel nicht die für fünf Sterne nötige Punktzahl, ist die 5-Sterne-Wertung dahin.

  • Insassenschutz für Erwachsene basiert auf Frontal-, Seitenaufprall- und Schleudertraumatests.
  • Insassenschutzes für Kinder basiert auf Schutz durch Kinderrückhaltesysteme bei Frontal- oder Seitenaufprall, Möglichkeiten für den Einbau von Kindersitzen sowie weitere Ausrüstungen, die ein Fahrzeug zum sicheren Transport von Kindern bietet.
  • Fußgängerschutz wird anhand von Tests an den kritischen Front­strukturen des Fahrzeugs wie Motor­haube und Windschutzscheibe sowie Vorderkante der Motorhaube und Stoßfänger ermittelt. Untersucht wird das potenzielle Risiko von Verletzungen an Kopf, Becken, oberem und unterem Bein.
  • Sicherheitsassistenten werden an­hand von Tests der wichtigsten Assistenztechnologien für den Fahrer ermittelt, die Unfälle vermeiden und das Verletzungsausmaß reduzieren. Bei diesen Tests wird die Funktionalität und Leistung im normalen Fahrbetrieb sowie bei typischen Unfallszenarien geprüft.
Download Euro NCAP-Crashtests 2015 (PDF, 0,36 MByte) Kostenlos