Fahrbericht Aiways U5 Billig, aber auch gut?

Aiways U5 2021 Foto: Immanuel Schneeberger 11 Bilder

firmenauto testet den Aiways U5 auf langer Strecke und checkt auch gleich, ob schnell fahren und häufig laden besser ist als stromsparend über die Autobahn zu schleichen.

Sommer, Sonne, Ausflugswetter: Süddeutschland bietet für dieses Wochenende nicht genügend Berge, es muss Vorarlberg sein. Je nach Route zwischen 200 und 280 Kilometer, wir entscheiden uns für die mittlere Variante, gut 260 Kilometer. Der Plan: erst auf die A 81 Richtung Süden, dann am Bodensee entlang nach Österreich über die Autobahn in die Berge. Üblicherweise gilt die größte Sorge dem Verkehr, doch wir sind früh dran, und unsere Akkus sind voll. Die des Aiways U5 auch. Wir steigen aufs Strompedal. Ideale Bedingungen für eine Autobahn ohne Tempolimit. Doch was sagt unsere Reichweite zur schnellen Hatz? Wäre es am Ende schneller, gemächlich und dafür ohne Zwischenstopp zu fahren?

Klar ist schon jetzt: Es wird knapp. Bei Tacho 167 regelt unser SUV rigoros ab, die Reichweite sinkt dennoch schneller, als der Tageskilometerzähler zählen kann. Der Abstandstempomat hat Pause, denn obwohl die linke Spur frei ist, möchte er gern für die rechts Trödelnden bremsen. Auch das Digitalradio kommt nicht ganz mit, sucht vergeblich nach Empfang – kein Wunder, die Antenne ist nachträglich an die Scheibe hinter den ­Innenspiegel geklebt. Nach einer Stunde haben wir knapp 120 Kilometer geschafft, der Akku hat noch 45 ­Prozent Reserve. Im Bordcomputer stehen durchschnittlich 32 kWh. Ohne die anfängliche Landstraßenfahrt wären es wohl eher an die 40. Vor uns liegen noch 140 Kilometer, im Schleichgang würden wir es schaffen.

Aiways U5 2021 Foto: Immanuel Schneeberger
Mit Mautvignette geht es nach Österreich.

Doch schleichen ist morgen dran. Heute brauchen wir eh noch eine Vignette für Österreich. Vor uns liegt dafür passend die Raststätte Hegaublick. Also, Blinker rechts und rausgefahren, ran an den Schnelllader. Wir gehen derweil eine Vignette kaufen, genießen kurz die Aussicht – und werfen dann einen Blick auf den Ladestand. Der ist nach 13 Minuten schon erstaunlich weit, 70 Prozent reichen locker bis zum Ziel. Also schnell weiter. Ab jetzt geht es nur noch mit gebremstem Schaum voran. Tempolimit 120 spart Strom. Es bleibt Zeit, das Auto genauer in Augenschein zu nehmen. Was im Kreisverkehr noch angenehm war, ist inzwischen nervig: Die Lenkung geht zu leicht und vermittelt kaum Straßenkontakt. Dabei führt das Fahrwerk den Aiways sicher und komfortabel auch über schlechte Straßen, Abroll- und Windgeräusche sind erstaunlich gut gedämmt. Das Infotainment verwirrt mit unübersichtlichen Menüs und schlechter Smartphone-Integration – eine wenig vertrauenswürdige App zeigt zwar meinen Displayinhalt, will aber auch Zugriff auf all meine Daten. In Verbindung mit zwei den Innenraum filmenden Kameras fühlt sich das nach umfangreicher Überwachung an. Im toten Winkel passt die Überwachung schon besser, und die Warnungen funktionieren auch zuverlässig.

Anders als die Hinweise auf aktuelle Tempolimits: Eine Kamera erkennt die Schilder, im Display erscheint die Info allerdings nicht dauerhaft. Der Abstandshalter ist immer noch aus, wir wollen uns mit der Rekuperation dem fließenden Verkehr anpassen. Im Untermenü haben wir dazu die höchste Stufe ausgewählt. Sie haut ordentlich rein, allerdings baut sich die Verzögerung nur langsam auf und lässt sich vor allem nicht mit dem Strompedal modulieren. Schon leichtes Streicheln lässt den Aiways ungehindert rollen, ein losgelassenes Pedal hingegen bremst das Auto stark. Also: schwächste Rekuperationsstufe wählen, mit dem Bremspedal Energie zurückgewinnen. Das klappt problemlos.

Aiways U5 2021 Foto: Immanuel Schneeberger
Auf dem Rückweg ging es mit Tempo 100 durch den Regen. Dabei mutiert der Aiways mit gut 18 kWh im Schnitt zum echten Sparmobil.

In Österreich gibt es noch nicht so viele Schnelllader. In der Nähe unseres Hotels in Frastanz ist praktischerweise einer, der immerhin 50 kW schafft. In gut einer Stunde haben wir das Gepäck auf dem Zimmer, den Rucksack im Kofferraum und einen Kaffee im Bauch. Der Aiways-Akku ist auch wieder voll, im Schnitt zog er auf der Hinfahrt 26 kWh. Jetzt darf das Auto erst mal ausruhen, während wir uns in Wandermontur aufmachen, den Berg zu erobern. Oben weht ein kalter Wind, und die Wolken unter uns verhindern große Aussichten. Wir trösten uns mit einem feinen Abendessen in Liechtenstein – fast hätten wir nicht gemerkt, dass wir über die Grenze gefahren sind.

Am nächsten Morgen: Regenwetter. Uns vergeht die Lust auf noch eine Wanderrunde. Vorzeitiger Abbruch, wir fahren zurück. Dieses Mal langsam und vorausschauend. Doch am Bodensee kommt es dicke. Die Sonne scheint, die ganze Welt ist auf der Straße, wir stehen im Stau. Dahin der Plan, die Fahrzeiten zu vergleichen. Wir halten das Bummeltempo dennoch auch nach dem Stau durch, fahren auf der A 81 nicht schneller als 110 und kommen herrlich entspannt zu Hause an. Ohne Ferienverkehr hätten wir genau gleich lange gebraucht wie auf dem Hinweg – allerdings mit nur knapp 19 kWh im Schnitt. Wir kommen mit 28 Prozent im Akku an, könnten noch 100 Kilometer weiterfahren. Vorerst ziehen wir einen Kuchen vor und versuchen ein Fazit.

Der Aiways hat seine Langstreckentauglichkeit bewiesen: 350 Kilometer mit einer Akkuladung sind drin, mit maximal 90 kW lädt er in 38 Minuten von 5 auf 80 Prozent Akkustand und fährt dann wieder über 250 Kilometer bis zum nächsten Ladestopp. Das reicht für die meisten Kundentermine. Nur zu Hause an der Wallbox schwächelt der Chinese dann doch noch: Mit 6,7 kW zieht er einphasig den Wechselstrom. Da hängt er die ganze Nacht an der Dose, bis er wieder voll ist. Vielleicht hat sich dann auch der Regen verzogen – und der nächste Ausflug kann beginnen.

Aiways U5 2021
Der Aiways hält seine knapp 90 Prozent Ladeleistung nur kurz. Schon bei einem Füllstand von rund 30 Prozent regelt der Bordlader die Leistung zurück. Bei 70 Prozent lädt der U5 nur noch mit gut 50 kW.

Laden mit dem Aiways U5

Bei jedem E-Auto stellt sich die Frage, wie man am besten laden sollte. Der Aiways U5 lädt an Wechselstrom nur einphasig Strom, braucht so mit 6,7 kW über neun Stunden, bis der Akku einmal vollständig geladen ist. Mit Gleichstrom geht es fixer: Maximal 90 kW lasen wir ab. Damit Sie besser nachvollziehen können, wie sich die Ladeleistung entwickelt, integrieren wir ab sofort immer eine Ladekurve im Datenkasten. Dort sehen Sie: Wenn der Akku zu etwa 75 Prozent voll ist, bricht die Ladeleistung von knapp 60 auf 40 kW ein. Spätestens dann lohnt es sich, zum nächsten Schnelllader aufzubrechen. Die Ladung von 10 auf 80 Prozent dauert 36 Minuten, 150 Kilometer Reichweite kommen in 19 Minuten zusammen.

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