Aus dem 3er Coupé wird der BMW 4er. Doch der neue Zweitürer ist mehr als nur ein umgetaufter 3er.
BMW-Kunden müssen sich an eine neue Nomenklatur gewöhnen. Ab Oktober taucht der 4er in den Modelllisten auf. Er löst das alte 3er Coupé ab, das BMW parallel zur aktuellen 3er-Baureihe noch weitergebaut hatte. So könnte die "4" für die vierte Generation des Mittelklasse-Coupés stehen. Tatsächlich will BMW die Modellfamilien neu sortieren: Der 3er bleibt als Limousine und Kombi im Programm, während der 4er mit Coupé und Cabriolet (ab Frühjahr 2014) nahtlos hinter den großen Zweitürern der 6er- und 8er-Baureihen einschert.
Der 4er kostet je nach Motor mindestens 1.500 Euro netto mehr als das letzte 3er Coupé und mindestens 1.750 Euro mehr als die 3er Limousine. Aber er unterscheidet sich auch deutlich: Er ist zwar nur unwesentlich länger als sein Vorgänger (4,64 Meter), dafür breiter und flacher bei längerem Radstand und breiterer Spur – kurz: sehr viel mehr Coupé als bisher. Die vorne 4,5 und hinten sogar acht Zentimeter breiteren Achsen rücken die Räder weiter nach außen und lassen den 4er bulliger auf den serienmäßigen 18-Zöllern stehen.
LED-Scheinwerfer auf Wunsch erhältlich
Außerdem bekommt das neue Coupé etliche technische Features, die dem 3er noch verwehrt bleiben. Optionale Voll-LED-Scheinwerfer beispielsweise oder die markanten Kiemen, die den Luftwiderstand im Bereich der Radhäuser verringern.
Unser Testwagen empfängt uns mit knallroten Ledersitzen, schwarzem Armaturenbrett und matt-silbernen Einlagen. Was auf den ersten Blick etwas gewöhnungsbedürftig aussieht, passt beim zweiten Hinsehen super zum sportlichen Auftritt des Autos. Mit den drei vorkonfektionierten Ausstattungslinien kann der Kunde seinem 4er entweder eine sportlichere, eine etwas nüchterne oder eine luxuriöse Note geben. Außerdem gibt es wieder ein M Sportpaket.
Gutes Raumgefühl vorne, mäßiger Komfort hinten
Wir nehmen auf den schmal geschnittenen Sitzen der Sport-Line-Ausstattung mit integrierten Kopfstützen Platz und sofort fährt ein elektrischer Gurtbringer aus. Schön, dass man sich beim Anschnallen nicht verrenken muss. Auch das Raumgefühl passt, denn BMW hat es sich verkniffen, das Blech der Türen weit hoch zu ziehen. Das lässt Platz für große Fenster.
Um aber keine falschen Vorstellungen aufkommen zu lassen: Der 4er ist ein Zweitürer, mit allen damit verbundenen Nachteilen. Wer das Heck entert, muss sich gehörig verrenken und findet nicht einmal einen Haltegriff, der ihm beim Aussteigen hilft. Das Platzangebot dagegen ist ordentlich. Allerdings sitzt man auf der ausgeformten Zweierbank recht tief, so dass die Knie im spitzen Winkel stehen. Und wer groß ist, dürfte schnell mit dem Kopf Kontakt zum Dach aufnehmen. Obwohl der Kofferraum alltagstaugliche 445 Liter Gepäck fasst, überlässt der 4er die Rolle der Familienkutsche oder des Kollegentransporters eindeutig dem 3er BMW. Wer’s schnittig mag, trotzdem aber Platz braucht, greift dann eben zum neuen BMW 3er Gran Turismo.
Der 4er giert nach Kurven
Der 4er aber ist ein Fahrerauto, mit neutraler Gewichtsverteilung von exakt 50:50 und abgesenktem Schwerpunkt. Außerdem haben die Ingenieure Hand an die Achsgeometrie gelegt und sie noch mehr auf Sportlichkeit getrimmt. Und so wedelt der Hecktriebler nochmals lässiger ums Eck als der auch nicht gerade lethargische 3er. Je kurviger die Straße, desto breiter das Grinsen des Fahrers. Steigern lässt sich das Ganze mit der variablen Sportlenkung, die das Übersetzungsverhältnis im Lenkgetriebe je nach Lenkradeinschlag anpasst.
Ausstattungen und Motoren übernimmt der 4er weitgehend vom aktuellen 3er. Aber er bekommt auch schon die Telematik-, Navigations- und Onlineangebote des überarbeiteten Multimediasystems Connected Drive. Zum Start kommt das Modell als 420d mit dem bekannten Zweiliter-Diesel (184 PS, 32.941 Euro netto) sowie als 428i (245 PS, 34.537 Euro) und 435 i (306 PS, 40.168 Euro). Ende des Jahres folgen die stärkeren Diesel 430d (258 PS, 41.428 Euro) sowie 435d xDrive (313 PS, 45.630 Euro), eine der fünf Allradversionen des 4ers (Allradaufpreis: 2.100 Euro). Die bewährte Achtgang-Automatik von ZF ist für alle Motoren erhältlich (1.800 Euro netto), die beiden stärksten Diesel haben sie sogar serienmäßig an Bord.
Im Schub betrieb segelt der Wagen wie im Leerlauf
Die Automatik empfiehlt sich nicht nur wegen ihres hohen Schaltkomforts, sondern sie hilft auch beim Sprit sparen. Zwischen 50 und 160 km/h ist der Antriebsstrang abgekoppelt, sobald der Fahrer den Fuß vom Gaspedal nimmt. Dann "segelt" das Auto weiter, ohne dass der Motor bremsend eingreift. Das Ganze funktioniert allerdings nur im Eco Pro Modus. Den sollte der Fahrer aber schon deshalb so oft wie möglich wählen, da der Motor ohne nennenswerten Leistungsverlust Klima, Heizung und andere Verbraucher aufs Nötigste reduziert und so den Spritverbrauch senkt.
Dabei hilft der auch neue Vorausschauassistent, den der 4er als erstes Modell bekommt. Er weiß, wann der Schwung des Autos genügt und weist den Fahrer rechtzeitig vor Kurven, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Ortseinfahrten und Kreisverkehre darauf hin, den Fuß vom Gaszu nehmen.
Der 4er mag sich als Technologieträger unter den Mittelklassemodellen von BMW profilieren. Wichtiger aber ist: Er trägt kompromisslos die DNA der Marke und macht verdammt viel Spaß zu Fahren. Der breiten Masse der Fahrer von Firmenwagen wird das nicht genügen. Der Rest jedoch wird jeden Kilometer der Fahrt zum Kunden genießen.