Die fünfte Generation des Land Rover Discovery probt den Spagat zwischen SUV-Style und hartem Geländegänger.
Der Disco bittet zum Tanz auf Asphalt. Seit dem Aus des knorrigen Defenders galt der kaum weniger kantige Land Rover Discovery als der Lordsiegelbewahrer der britischen Offroad-Tradition. Mit stylischem SUV-Design gelingt der fünften Generation nun der Spagat zwischen anspruchsvollem Geländegänger und variablem Business-Luxusliner. Wenn auch nicht gerade zum Schnäppchenpreis.
Auf den ersten Blick ist der neue Discovery seinem kleinen Bruder Discovery Sport wie aus dem Gesicht geschnitten, wirkt größer und wuchtiger als der Vorgänger. Ist er aber gar nicht, im Gegenteil, sogar noch ein paar Millimeter schmaler und flacher. Dafür geht er mit 4,97 Meter nun deutlich in die Länge, was angesichts des hinteren Überhangs zunächst seltsam unproportional erscheint. Doch dann öffnet sich die elektrische Heckklappe (Serie ab HSE) und man sieht warum. Bis zu sieben vollwertige Sitze (1.365 Euro netto Aufpreis) reihen sich in ansteigender "Theaterbestuhlung" nach hinten auf. Jeder von ihnen bietet Platz für einen Erwachsenen und kann sogar beheizt und gekühlt werden.
Optional mit sieben vollwertigen Sitzen
Ab Werk sind allerdings in jedem Discovery nur fünf Sitze verbaut, dafür dann inklusive 1.231 Liter Gepäckraum. Der sich auf 2.500 Liter mehr als verdoppelt, wenn alle Sitze nach vorne geklappt werden. Wahlweise geht das auch elektrisch per Knopfdruck über den großen Touchscreen in der Mittelkonsole, den Knöpfen im Kofferraum oder auch per App auf dem Smartphone. Während man noch im Bau- oder Supermarkt an der Kasse steht, lässt sich also der Innenraum schon für den Transport umbauen.
Der Clou jedoch ist die elektrische innere Heckklappe. Anstelle der einst zweigeteilten Heckklappe gibt es im neuen Disco eine Ladebordwand, die beim Öffnen des Kofferraums nach vorne klappt und als Kratzschutz, Picknickbank, Wickeltisch oder Abstellfläche genutzt werden kann. Zu den großen Räumen gesellen sich die vielen kleinen Ablagefächer, die im Wagen verteilt sind. Sogar hinter der Bedienkonsole der Klimaanlage öffnet sich auf Knopfdruck ein Geheimfach.
Robuster Geländegänger mit viel Luxus an Bord
Mit seinen knapp fünf Meter Länge rückt der Discovery aber jetzt nicht nur in Format und Erscheinung seinem Nobelbruder Range Rover auf die Pelle. Mit dem Luxus an Bord lässt sich das ehemalige Raubein zum Luxusliner aufrüsten. Ein dickes Budget vorausgesetzt, lässt sich der Innenraum in Windsor-Lederbezügen oder Eiche-Echtholzdekore auskleiden, ein Infotainmentsystem mit 10,2-Zoll-Touchscreen, 60 GB-Festplatte, bis zu neun USB-Schnittstellen, Navigation und WLAN-Hotspot für acht Geräte einbauen sowie mit Head-up-Display, 825-Watt-Soundsystem mit 14 Lautsprechern und Fond-Multimedia bestücken. Dazu gesellt sich die komplette Armada an Assistenzsystemen, vom Abstandstempomaten bis zur automatischen Notbremse sowie nicht weniger als 20 Ausstattungspakete zum Thema Design, Komfort, Sicht, Technik und On-/Offroad. Und sogar ein wasserdichtes Zündschlüssel-Armband wie im Jaguar F-Pace ist nun für den wassersportlichen Discovery-Kunden zu haben. Selbstverständlich alles nur gegen viele Extra-Euros oder in den Top-Versionen zu haben.
Doch so luxuriös und SUVig der Disco jetzt auch daherkommt, unter der eleganten Schale steckt immer noch der harte Geländegänger. Dafür steht der Name Land Rover Discovery in breiten Lettern auf Haube und Heck gedruckt. Vor allem Bodenfreiheit und Wattiefe wurden noch einmal verbessert und die neuesten Offroad-Programme verbaut. So stakt der Discovery mit optionaler Luftfederung nun mit 283 Millimeter Luft unter den Achsen über Stock und Stein sowie durch 90 Zentimeter tiefe Wasserlöcher und Flussdurchfahrten. Dank der neuen Ausbaustufe des Terrain Response-Systems sogar ohne großes Zutun des Fahrers. Denn neben der manuellen Vorwahl für Schnee, Sand, Schotter oder Felsen kann man die Entscheidung auch der neu entwickelten Offroad-Steuerung All Terrain Progress Control (ATPC) überlassen, die mit eingestellter Geschwindigkeit wie eine Art Tempomat, nur eben im Kriechgang, mit automatischen Gas- und Bremseingriffen selbst schwierigste Kletterpassagen meistert. Der Fahrer konzentriert sich dabei allein aufs Lenken oder schaut auf dem Display, wie gerade die Räder stehen, die Karosserie kippt oder wie tief das Wasser ist.
Neuer Zweiliter-Diesel mit 180 und 240 PS
Aber auch auf Asphalt hat der Discovery an Qualität gewonnen. Wie sein nobler Markenbruder Range Rover ist der Landy nun komplett aus Aluminium gefertigt, was ihn immerhin bis zu 480 Kilogramm leichter macht. Dennoch bleibt er mit mindestens 2,1 Tonnen ein Schwergewicht. An dem die neuen Vierzylinder-Diesel zu schleppen haben. Das Zweiliter-Aggregat aus der Ingenium-Baureihe mit 240 PS und 500 Newtonmeter Drehmoment holt das Trumm zwar ohne Mühe aus den Startblöcken, beim Beschleunigen auf der Autobahn oder in Überholmanövern auf der Landstraße hört und fühlt man deutlich die Anstrengung des Selbstzünders. Entsprechend sollte die Einstiegsvariante mit 180 PS, die vor allem mit dem geringen Normverbrauch von nur 6,0 Litern glänzt, noch etwas mehr Mühen haben. Bei den Benzinern setzt Land Rover allein auf den Dreiliter-V6 mit 340 PS, der auch schon im Jaguar F-Pace Dienst tut.
Die standesgemäße und empfehlenswerte Motorisierung ist deshalb wie zuvor der V6-Diesel mit 258 PS. Nicht nur weil er mit ordentlichen 600 Newtonmetern ab 1.750 Touren den akustisch wie fahrdynamisch gelasseneren Vortrieb plus einem Tick besseren Fahrleistungen darstellt. Er ist zwar 3.698 Euro teurer als der Sd4, dafür ist die Luftfederung (1.357 Euro) schon mit drin. Einziges Manko: Der Normverbrauch liegt mit 7,2 Liter gut einen Liter höher als bei dem 240-PS-Vierzylinder. Doch bei einem Basispreis von 49.411 Euro für den V6-Diesel dürfte das nicht wirklich ein Problem darstellen. Dann schon eher die Tatsache, dass die Aufpreisliste so lang und kostspielig ausfällt, dass sich der Einstiegspreis von 42.436 Euro in der höchsten der vier Ausstattungsstufen auch schnell mal verdoppeln könnte.