Neues Konzept, neue Zielgruppe: Mit der A-Klasse greift Mercedes jetzt BMW 1er und Audi A3 an.
Selten haben Designer und Ingenieure die Möglichkeit, ein Auto auf dem weißen Blatt Papier komplett neu zu entwickeln. Vor allem nicht, wenn es sich um eine neue Generation einer bestehenden Modellreihe handelt. Die Mercedes-Entwickler aber durften bei der A-Klasse nochmals ganz von vorne beginnen. Reckt die Vorgängerin die Nase aufrecht in den Fahrtwind, so duckt sich die neue A-Klasse förmlich auf die Straße. Als sei sie nicht nur auf der Suche nach einer neuen Identität, sondern auch nach ganz neuen Käufern. Die waren bisher knapp unter dem Rentenalter und soll nun gegen jung-dynamische Fahrer, gerne auch eines Firmenwagens, ausgetauscht werden. "Sportlich" und "progressiv" sind denn auch Begriffe, welche die Verkäufer im Gespräch mit Sicherheit am häufigsten fallen lassen.
Die A- soll sich endlich von der B-Klasse absetzen und als sportlicher Kompaktwagen einen Kontrapunkt zu Audi A3 und 1er BMW setzen. Mindestens 22.250 Euro netto kostet das Diesel-Basismodell, 1.500 Euro mehr als der bisherige A 180 CDI, und legt damit im Hinblick auf die Preise der Premiumkonkurrenz eine Punktlandung hin. Mercedes legt die Messlatte also ganz schön hoch für das neue Modell. Obwohl sonst alles eine Stufe tiefer gerutscht ist: die Karosseriehöhe beispielsweise um 16 und die Sitzhöhe gar um 18 Zentimeter. Das passt zum sportlichen Anspruch, ebenso wie der vier Zentimeter niedrigere Schwerpunkt. Außerdem ist der kleinste Benz um 41 Zentimeter auf 4,29 Meter gewachsen, was zum dynamischen Auftritt beiträgt.
Man sitzt also tief im neuen "A", auf gut konturierten Polstern, und bildet sehr viel mehr eine Einheit mit der Karosserie als im hohen Vorgänger. Dass es nun weniger luftig zugeht, passt zum neuen Stil. Ebenso wie der komplett neue, hochwertige Instrumententräger mit den schicken runden Luftdüsen, die man schon vom SLK kennt. Sämtliches Holzdekors haben die Designer ausgemustert, jetzt dominiert Chrom- oder Carbonlook. Den Wunsch nach mehr Individualität kann sich der Käufer mit den Ausstattungslinien Urban, Style oder AMG Sport erfüllen oder durch Extras wie rote Gurte oder rote Zeiger.
Das Notbremssystem der A-Klasse arbeitet auch oberhalb von 30 km/h
Mit CD-Radio, elektrischen Fensterhebern rundum, Tempomat, Multifunktionslenkrad und Klimaanlage ist auch das Basismodell angemessen ausgestattet. Zumal sieben Airbags, der Aufmerksamkeitsassistent sowie ein radargestützter Kollissionswarner an Bord sind. Anders als die gängigen City-Notbremssysteme arbeitet das Mercedes-System auch oberhalb von 30 km/h. Allerdings bremst das Auto nicht selbst, sondern warnt den Fahrer und unterstützt ihn bei der Notbremsung. Dabei regelt es die Bremskraft so, dass einerseits der Fahrer keinen wertvollen Bremsweg verliert. Andererseits geht das System nur so stark wie nötig in die Eisen, damit nachfolgende Fahrer nicht gleich ins Heck rauschen. Von selbst bremst die A-Klasse auch, aber nur in Verbindung mit der Distronic, die ebenso wie eine ganze Anzahl anderer Assistenzsysteme jetzt geordert werden kann.
Dem Anspruch von Geschäftsleuten und Vielfahrern an ihren Firmenwagen soll das erweiterte Multimedia- und Navisystem Comand gerecht werden. Das kostet zwar stolze 2.750 Euro, erlaubt dafür neben einer ausgereiften Sprachsteuerung unter anderem den Routenimport vom Büro-PC oder die Nutzung etlicher Online-Dienste wie Google Panoramio oder Facebook. Für weitere 580 Euro lässt sich ein iPhone integrieren, was beispielsweise Echtzeit-Verkehrsinfos von Garmin ermöglicht oder den Zugriff aufs personalisierte Internetradio. Die ganze Informationsflut wird gestochen scharf auf einem hoch auflösenden Farbbildschirm abgebildet.
Das Handschaltgetriebe steht dem der B-Klasse in nichts nach
Allzu sehr sollte man sich aber nicht ablenken lassen, zumal die A-Klasse erst richtig Spaß macht, wenn sie sich in Bewegung setzt. Für den nötigen Vortrieb sorgen sechs Motorisierungen, bei denen zwei jeweils 109 PS starke CDI den Einstieg in die Dieselwelt bilden. CO2-kritische Fuhrparks dürften sich besonders für den 1,5-Liter-Motor auf Renault-Basis interessieren, der zumindest im Normzyklus knapp unter der magischen 100-Gramm-Grenze bleibt. Als komfortablere Alternative empfiehlt sich der 1,8-Liter-Diesel mit dem bereits in der B-Klasse vorgestellten Doppelkupplungsgetriebe und ebenfalls 109 PS. Andererseits ist die Entscheidung für einen Handschalter in der A-Klasse nicht unbedingt falsch: die sechs Gänge des neuen Getriebes flutschen so leichtgängig und präzise durch die Schaltkulisse, wie man es von Mercedes so allenfalls von der neuen B-Klasse kannte.
Bisher endet das PS-Panorama der Diesel schon bei 136 PS. Erst im Dezember gesellt sich der 170 PS starke A 220 CDI hinzu. Er verbraucht 4,3 Liter (112 g CO2) und schafft Euro 6. Darüber soll zum Ende des Jahres der A 250 mit Fahrleistungen auf Golf-GTI-Niveau einen sportlichen Glanzpunkt setzen. Wobei man es mit der Sportlichkeit nicht übertreiben sollte. Während die Abstimmung des normalen Fahrwerks den feinen Spagat zwischen Sport und Komfort schafft, übertreibt es das Sportfahrwerk und reicht Fahrbahnunebenheiten fast ungefiltert an die Passagiere weiter. Schade eigentlich, denn zum Umfang des Fahrdynamikpakets gehört neben der Tieferlegung um 15 Millimeter auch die Direktlenkung. Die sorgt für ein noch agileres, satteres Fahrgefühl, ist aber ist nicht einzeln bestellbar.
Bei aller Sportlichkeit kann die A-Klasse auf der Haben-Seite ein hohes Komfort-Niveau verbuchen, was sie letztendlich auch flottentauglich macht. Selbst bei schneller Fahrt dringen kaum Wind- oder Abrollgeräusche in den Innenraum. So dürfte man selbst nach einem langen Tag hinterm Steuer noch entspannt aussteigen – zumindest als Fahrer oder Beifahrer. Denn das Raumgefühl auf der Rückbank ist im Vergleich zum Vorgänger deutlich eingeschränkt. Was zudem für den Kofferraum gilt, der mit einem Volumen von 341 Litern gut 20 Prozent kleiner ausfällt als im Vorgänger. Auch das ist eben ein Teil der neuen Identität.
Technische Daten Mercedes A-Klasse
Mercedes A-Klasse | 200 CDI | 220 CDI | 180 | 200 | 250 |
Hubraum (cm³) | 1.796 | 2.143 | 1.595 | 1.595 | 1.991 |
Zylinder | 4 | 4 | 4 | 4 | 4 |
Leistung kW (PS)/min | 100 (136)/3.600 | 125 (170)/3.600 | 90 (122)/5.000 | 115 (156)/5.300 | 155 (211)/5.500 |
Drehmoment (Nm/min) | 300/1.600 | 350/1.600 | 200/1.250 | 250/1.250 | 350/1.200 |
0–100 (s) | 9,3 | 7,8 | 9,2 | 8,4 | 6,6 |
V-max (km/h) | 210 | 227 | 202 | 224 | 240 |
Verbrauch (l/100 km) | 4,3 D | 4,3 D | 5,5 S | 5,5 S | 6,1 S |
CO2 (g) | 111 | 111 | 128 | 129 | 143 |
Kofferraum (l) | 341 | 341 | 341 | 341 | 341 |
Zuladung (l/kg) | 565 | k. A. | 565 | 565 | 525 |
Preis (EURO) | 23.350 | k. A. 1) | 20.150 | 22.700 | 28.150 |
Betriebskosten* (ct/km) | 67,5/43,2 | - | 65,7/44,3 | 70,1/47,4 | 79,4/54,1 |
* Bei 20.000/40.000 km pro Jahr, 60/36 Monate Laufezeit.
Quelle Betriebskosten: Dekra, Stand: Juli 2012
1) Preis noch nicht bekannt. Keine Betriebskostenberechnung möglich.