Siebte Runde für den VW Golf. Der Neue ist in allen Belangen eine Nummer besser geworden. Bei unserer ersten Testfahrt haben wir trotzdem das Gefühl auf einen alten Bekannten zu treffen.
Designer haben es schwer bei VW. An den konservativen Blechkleidern können sich die Künstler nicht wirklich austoben. Spielereien sind nicht gewünscht, der Wiedererkennungsfaktor spielt in der Markenphilosophie eine wichtige Rolle. Die Vorgaben galten offensichtlich auch für den Golf VII. Er sieht seinem Vorgänger zum Verwechseln ähnlich. Bei der Präsentation des neuen Modells rückt deshalb schnell mal ein Tankdeckel als Design-Highlight in den Mittelpunkt, weil der jetzt wie eine Flügeltür seitlich nach oben aufschwingt.
Acht Zoll großer Touchscreen in Apple-Manier
Für die restlichen Karosserie-Änderungen müssen wir schon einen Blick aufs Datenblatt werfen. Sechs Zentimeter ist der Golf länger geworden. Den Fondpassagieren bringt das einen Tick mehr Beinfreiheit, das Kofferraumvolumen wächst um 30 auf 380 Liter. Neu ist der doppelte Laderaumboden, der bei Bedarf die Hutablage platzsparend unter sich verstaut.
Praktisch war der Golf aber schon immer. Wesentlich größer fällt der Unterschied in puncto Qualität aus. Das Interieur wurde mit hochwertigeren Materialien aufgewertet. Die Mittelkonsole beugt sich nun leicht zum Fahrer hin. In deren Mitte sitzt ein bis zu acht Zoll großer Touchscreen (fünf Zoll ab Serie), der wie ein iPhone per Wisch- und Ziehbewegungen mit den Fingern gesteuert wird. Klappt zwar noch nicht so gut wie bei den Apple-Produkten, macht aber trotzdem Spaß und zeigt, dass auch der Golf mit der Zeit geht.
Neueste Generation des Abstandsregeltempomaten
Obwohl innen nichts vom Vorgänger übernommen wurde, finden wir uns sofort zurecht. Im klar strukturierten Cockpit fliegen unsere Finger intuitiv auf die richtigen Knöpfe. Nur bei den vielen Lenkradtasten für Abstandstempomat (ACC) und Bordcomputer gibt es zu Beginn ein paar Tippfehler.
Ist der ACC-Modus aber einmal aktiviert, überzeugt der Assistent auf ganzer Linie. Selbst in scharfen Kurven registriert der neue Golf die Manöver des Vordermanns, als könne er um die Ecke linsen, und bremst uns bei Bedarf bis Tempo 30 butterweich herunter – mit Doppelkupplungsgetriebe DSG sogar bis zum Stillstand.
VW bietet jetzt eine ganze Armada an Assistenzsystemen an: Kollisionswarner, City-Notbremsfunktion, Müdigkeitswarner und Verkehrszeichenerkennung kennt man. Neu hingegen ist die Multikollisionsbremse. Fährt ein anderes Auto auf, wird der Golf automatisch abgebremst. Das verhindert, dass der Wagen wegrollt und womöglich selbst weiteren Schaden anrichtet.
Den Spurhalteassistenten können sich Flottenmanager allerdings getrost sparen. Er piepst und blinkt nicht beim Überfahren von Linien, sondern nervt mit unerwarteten Lenkeingriffen. Bei uns bleibt er deshalb für die restliche Fahrt aus. Einziger Haken: Wer möchte, dass der Golf im ACC-Modus im Stopp-and-Go-Verkehr automatisch wieder Fahrt aufnimmt, benötigt dazu den Lane-Assist.
Wesentlich häufiger switchen wir durch die Fahrprofilauswahl. Der Schalter stellt Lenkung, Gaspedal und adaptive Dämpfer (831 Euro) auf die Gemütslage des Fahrers ein. Während Außendienstler im Komfortmodus weich gedämpft zum nächsten Kunden gleiten, fegen sie in Sportstellung straff gefedert und breit grinsend dem Feierabend entgegen. Egal welcher Modus, der neue Golf lenkt präzise ein und verhält sich angenehm neutral in Kurven.
Kombi folgt Mitte 2013
Unter der Haube des Golf VII werkeln ganz neue Motoren, die alle mit Turbolader und Direkteinspritzung sowie Start-Stopp-System ausgerüstet sind. In unserem Fall: der mit 150 PS spürbar stärkere 2.0 TDI. 4,1 Liter sollen dem Selbstzünder auf 100 Kilometer genügen. Mit einer fünf vor dem Komma müssen Fuhrparkleiter schon rechnen – trotzdem ein mehr als akzeptabler Wert.
Ab November steht der neue Golf VII bei den Händlern. Zunächst als Drei- und Fünftürer. Auf den Variant müssen Fuhrparkleiter noch bis Mitte 2013 warten. Dann sollen auch eine Erdgas- und eine Elektro-Variante folgen. Los geht’s bei 14.264 Euro für den 1.2 TSI. Klingelt da was? Genau so viel verlangte VW auch für den Golf VI. Auch damals ohne Radio in der Grundausstattung. Vielleicht soll das den Wiedererkennungswert steigern. Denn obwohl er seinem Vorgänger optisch sehr ähnelt und Vertrauen wie ein alter Bekannter ausstrahlt, ist er dennoch ein ganz Neuer.
Zudem gibt es die Modell-Varinate 1.2 TSI mit 205 PS Leistung. Der Benziner kostet 16.260 Euro. Betriebskosten: 56,9 ct/37,9 km.
*) Bei 20.000/40.000 km pro Jahr, 60/36 Monate Laufzeit.
Quelle Betriebskosten: Dekra, Stand: Oktober 2012