Firmenauto Gezischtes Doppel

Gezischtes Doppel

Ein Autokauf ist in der Regel keine rein rationale Entscheidung. Der Kopf des Fuhrparkleiters mag noch so hartnäckig für Nutzwert, Komfort und günstigen Verbrauch plädieren – der Bauch des Fahrers hält meist mit anderen Wünschen dagegen: gutes Aussehen, feurige Fahrdynamik und ansprechende Leistung. Aber warum nicht beide gleichermaßen glücklich machen? Bei zwei Marken stehen die Chancen, dass dies gelingen kann, besonders gut: Alfa Romeo und Audi. Der Alfa 159 Sportwagon wurde erst in diesem Frühjahr modifiziert, besser ausgestattet und – das hört man gern – um 44 Kilogramm erleichtert. Er tritt zu diesem Doppeltest in der Ausstattungsversion Elegante an und wird von einem 200 PS starken 2,4-Liter-Fünfzylinder-Diesel angetrieben. Samt Automatik-Getriebe ist er ab 31.680 Euro zu haben. Bei Audi hat es einen Modellwechsel gegeben, denn der A4 Avant 2.7 TDI (in der Version Ambition mit Automatik ab 33.530 Euro) ist erst seit Juli auf dem Markt. Ihn befeuert hier ein V6-TDI mit einem Hubraum-Plus von 0,3 Litern gegenüber dem 159, aber mit einem Leistungsmanko von zehn PS. Kenner wissen jedoch, dass die PS vor allem am Stammtisch zählen, während auf der Straße das Drehmoment wichtig ist. Und hier herrscht mit 400 Newtonmetern bei beiden Kandidaten Gleichstand – das verspricht eine interessante Testfahrt zu werden. Vorher schauen wir uns die Kombis von außen an, vor allem im hinteren Bereich. Sofort fällt auf, dass die Ladekante des Alfa mit fast 80 Zentimeter Höhe das Verstauen schwerer Güter zu einer sportlichen Herausforderung macht. Auch die minimale Quadermaßbreite fällt mit 60 Zentimetern nicht üppig aus. Für Fahrten mit großem Gepäck zum Kunden ist der Sportwagon also nicht die erste Wahl. Der Audi allerdings auch nicht, obwohl sein Heck mit gut 60 Zentimeter Ladekantenhöhe und 84 Zentimeter minimaler Quadermaßbreite praxisgerechter geraten ist. Doch schließlich sind beide weniger Lastesel als Sportlimousinen mit erweitertem Einsatzbereich. Dafür muss zunächst der Arbeitsplatz passen. Im A4 nehmen Fahrer und Beifahrer auf Sportsitzen Platz, die in den Punkten Komfort, Verstellmöglichkeiten und Seitenhalt kaum Wünsche offenlassen. Die Ergonomie des Audi ist nahezu vorbildlich, das Platzangebot zwar nicht überbordend, jedoch mehr als ausreichend. Auch hinten sitzen zwei Erwachsene bequem, für drei wird es eng. Viel mehr Raum als in der Kompaktklasse gibt es hier nicht. Im noch etwas schmaler geschnittenen Alfa-Fond stören besonders die geringere Kopffreiheit und der steilere Beinwinkel. Auch vorn bietet der 159 weniger Platz und zwingt seine Passagiere in eine leichte Froschhaltung, ohne so gute Seitenunterstützung wie die Audi-Möbel zu bieten. Immerhin scheinen die Zeiten der Verarbeitungslässigkeit überwunden, sieht man von den Falten in den Lederbezügen ab. Die Elegante-Version des 159 gefällt zudem mit üppiger Ausstattung wie Blue­Tooth-Anschluss für Telefon, Schnittstelle für MP3-Player und Navigationssystem mit Daten für Deutschland. Dieses Gerät jedoch entpuppt sich erneut als Ärgernis, weil seine kombinierte Sprach- und Tasteneingabe extrem umständlich und fummelig ist. Jedes Billignavi vom Elektronik-Discounter ist besser zu bedienen. Der Audi fährt da ganz andere Elektronik-Geschütze auf, die freilich kräftig ins Geld gehen. So kostet die große Navigations-Lösung mit Monitor und Europa-Daten auf DVD 2.325 Euro, der intelligente Tempomat ACC kostet 1.084 Euro, das aktive Fahrwerk mit regelbaren Stoßdämpfern und verschiedenen Programmen für die Lenkung ist für 701 Euro zu haben. Was der Fahrer von diesen Extras hat? Das überzeugend funktionierende ACC lohnt sich besonders für Vielfahrer, sorgt es doch auf langen Strecken für ein deutlich entspannteres Vorankommen. Die Fahrwerksregelung gewährleistet in der Einstellung Comfort eine weichere Abstimmung, ohne zu viele Aufbaubewegungen zu erlauben. Im Dynamic-Modus wird der A4 eine Spur agiler, vor allem auf Autobahnen mit Querfugen aber unangenehm ruppig. Der Alfa-Kunde muss auf diese technischen Finessen verzichten. Fehlt ihm deshalb etwas? Ja, denn das Fahrwerk des 159 Sportwagon ist für entspanntes Fahren zu straff, kommt selbst auf sehr glatten Straßen kaum zur Ruhe und leitet Stöße an die Lenkung weiter. Die ist wegen ihrer hohen Präzision dennoch eines der Highlights des Italo-Kombis und erlaubt sehr zielgenaues Fahren. In Sachen Fahrdynamik setzt der 159 damit ein Glanzlicht, um beim Bremsen gleich wieder deutlich hinter den Audi zurückzufallen. Gerade der enorme Bremsweg von über 150 Metern auf rechts und links unterschiedlich griffiger Fahrbahn ist völlig unzeitgemäß. Was zum Teil auch auf den Verbrauch zutrifft, denn der Alfa konsumiert im Testmittel 10,8 l/100 km. Versöhnlich stimmt, dass bei zurückhaltender Fahrweise gerade einmal 6,1 Liter verbrannt werden. Mit 5,9 Liter liegt der Minimalverbrauch des A4 2.7 TDI kaum darunter, aber im Schnitt ist er dennoch viel sparsamer (9,2 Liter) und bietet obendrein die besseren Fahrleistungen. Einen Teil dazu trägt die auf acht Stufen getrimmte Multitronic bei, die Eingriffe über die Schaltpaddel am Lenkrad zur großen Ausnahme macht. Beim Alfa sind sie die Regel, wenn der Fahrer etwas sportlicher unterwegs sein möchte. Denn die Sechsstufen-Automatik schaltet nur zögerlich und heult nervtötend laut, was den Geräuschkomfort stark beeinträchtigt. Am Ende spricht vor allem die Optik für den Alfa. Zu wenig, um gegen den gleichermaßen agilen wie komfortablen und dabei sparsameren Audi gewinnen zu können. Denn der, das muss man sehen, hat auch ein gewinnendes Äußeres.

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