Nach über 50 Jahren gibt es den Mustang offiziell in Deutschland. Sofern man einen bekommt. FIRMENAUTO gab dem 5.0 V8 die Sporen.
Vor kurzem meldete Autoscout24: Für keinen anderen Neuwagen interessieren sich Nutzer der Online-Plattform so sehr wie für den Ford Mustang. Wen wundert’s? Erst seit zwei Jahren ist diese Legende auf Rädern offiziell in Europa zu bekommen, und die Kunden stehen bei den Ford-Händlern Schlange. Da wollen wir doch wissen: Könnte man solch ein Auto als Firmenwagen empfehlen?
Dazu liefert uns Ford ein stahlblaues Mustang Cabrio, und zwar gleich das richtige mit fünf Liter Hubraum, acht Zylindern und 421 PS. Klingt unvernünftig, ist aber die adäquate Motorisierung für ein Auto, dessen Ruf sich maßgeblich auf einen soliden Big Block unter der langen Motorhaube gründet. Die Alternative wäre ein auf 317 PS aufgeblasener Vierzylinder. Doch den ziehen höchstens spitzgriffelige Controller in Betracht, denen der Sinn für automobile Tradition fehlt.
Der offene Mustang kostet 3.780 Euro mehr
Was uns gleich zum Kapitel Kosten führt. Knapp 32.000 Euro netto verlangt Ford für das Fastback genannte Coupé. Das Cabrio ist 3.780 Euro teurer. Wer auf den Mustang GT mit der Wucht von acht Zylindern setzt, muss nochmals gut 5.000 Euro drauflegen. Zusätzlich gibt’s noch ein paar ausgewählte Extras wie Soundystem, Navi oder Ledersitze, die man am besten in Form des 2.100 Euro teuren Premiumpakets mitbestellt. Unser blauer Convertible kommt so auf etwas über 42.000 Euro. Oder anders gerechnet: Ein Mustang-PS kostet ziemlich genau 100 Euro. Da fährt man bei der Konkurrenz richtig viel teurer. Für das 400 PS starke F-Type Cabrio 3.0 verlangt Jaguar fast 90.000 Euro, ein Audi S5 Cabriolet mit 354 PS kommt auf mindestens 57.000 Euro.
Ähnlich wie Porsche beim 911 hat es Ford beim Mustang verstanden, das Design im Laufe der Jahre zwar weiterzuentwickeln, ohne es zu verwässern. Der Mustang 2017 duckt sich so tief und breit auf den Asphalt wie bei seiner Einführung 1964, verbindet dabei modernes Design mit Retroelementen. Dazu gehören das galoppierende Pferdchen im Kühlergrill ebenso wie die Motorhaube mit ihren prägnanten Längsfalten oder die dreigeteilten Rückleuchten.
Das elektrische Dach funktioniert nur im Stand
Also nichts wie rein in den Viersitzer und mit einem Handgriff das mehrschichtige Dach entriegeln, das sich im Nu elektrisch angetrieben aufs Heck faltet. Allerdings nur im Stand. Der Blick fällt auf ein klassisches Armaturenbrett: Rundinstrumente, tief sitzender Touchscreen, verchromte Kippschalter, Handbremshebel. Spielereien wie elektronische Parkbremse oder virtuelle Instrumente verkneift sich das Cabrio. Sein Herz schlägt vorne, unter der gewaltigen Motorhaube, laut und mächtig.
Auf Knopfdruck schütteln die acht Töpfe des Big Block kurz den ganzen Vorbau des Wagens, um dann im Leerlauf dumpf vor sich hin zu brabbeln. Allein der Sound dürfte für viele Käufer den Ausschlag geben, den Vierzylinder links liegen zu lassen. Erster Gang rein, Kupplung, gleich in den zweiten und so fort – das Ganze fühlt sich allerdings etwas sperrig an. Wer die Schaltempfehlung im Cockpit beherzigt, kommt kaum hinterher. Die 530 Nm dieses Big-Block-Saugers sind bestes Beispiel dafür, dass Hubraum durch nichts zu ersetzen ist. Theoretisch kannst Du mit dem Mustang zahm im fünften Gang bei weniger als 1.000 Umdrehungen durch die City cruisen, nur um ihm hinterm Ortsschild ohne Zurückschalten die Sporen zu geben.
In der Praxis bleibt der V8 unter den Verbrauchswerten
Dann geht’s nur noch stramm vorwärts. Der Motor schiebt und schiebt, während die Karosserie förmlich auf der Straße klebt. Die Differenzialsperre sorgt für genügend Traktion an der Hinterachse, Brembo-Bremsen für die Verzögerung und das ESP wird zum willkommenen Notanker, nicht nur auf rutschigen Straßen. Zumal man auf keine weiteren Fahrhilfen hoffen darf. Es gibt Parkpiepser hinten und eine Rückfahrkamera, doch weder Spurhalter, Totwinkel-Warner, Abstands-Tempomat noch Notbremsassistent. Der Mustang ist ein Fahrer-Auto, das die ganze Konzentration des Piloten verlangt. Auf der Landstraße oder Autobahn ebenso wie im engen Parkhaus.
Ganz ohne Elektronik geht’s aber doch nicht: So lassen sich die Lenkkraft einstellen und diverse Fahrprogramme vorwählen, bis hin zur Rennstrecken-Simulation. So blockiert der Wagen auf Knopfdruck die Vorderräder. Wer die Sperre aktiviert, kann an der Ampel mit einem Burn-out die Umgebung einnebeln.
In Sachen Komfort dagegen gibt sich der Mustang handzahm. Das Fahrwerk meint es gut mit den Passagieren, die auf weichen, gut geformten und elektrisch verstellbaren Klimasitzen untergebracht sind. Die Aerodynamik passt ebenso: Bei 130 km/h zupft der Wind ordentlich, aber nicht unangenehm am Haupthaar. Viel schneller wollen wir es aus Rücksicht auf das Spritbudget nicht angehen. Bei Autobahntempo 130 bis 150 bleibt der V8 mit gut elf Litern sogar unter der Werksangaben von 13,6 Liter. Mehr geht leicht, weniger dank langem sechsten Gang aber auch.
Der Rest ist schnell erzählt: Ausstattung? Top, abgesehen von den fehlenden Assistenten. Xenon, Klima, Soundsystem – alles drin. Kofferraum? Sehr ordentlich (332 Liter). Verarbeitung? Im sichtbaren Bereich in Ordnung. Aber solch fette Schweißnähte wie im Kofferraum haben wir schon lange nicht mehr gesehen. Materialien? Viel Luft nach oben. Bedienung? Oh je. Spiegelnder Touchscreen, Mini-Anzeigen, unlogisches Menü. Preis-Leistungsverhältnis? Sensationell. Und dank der hohen Nachfrage dürfte sich auch der Wertverlust in Grenzen halten.