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Hersteller werben mit Abwrackprämien Kaufen oder verkaufen?

Foto: VW

Pünktlich zum Diesel-Gipfel haben einige Autohersteller mit Abwrackprämien für Dieselautos geworben. Ist die Zeit für Panikverkäufe also gekommen? Experten geben sich gelassen.

Gebannt hat Autofahrer-Deutschland die Ergebnisse des gestrigen Diesel-Gipfels erwartet. Vor allem Dieselfahrer stellten sich die Frage, ob Fahrverbote jetzt definitiv kommen und Dieselautos der Preisverfall droht. Die große Zäsur blieb jedoch aus. Experten von ADAC, DAT sowie Bähr & Fess Forecasts halten an ihren bereits vor dem Diesel-Gipfel getroffenen Aussagen und Tipps für Verbraucher fest.

Für Aufsehen hat im Sommer der ADAC mit Empfehlung gesorgt, den Neuwagenkauf eines Dieselfahrzeugs zu verschieben und auf die ersten Modelle zu warten, die nach der Abgasnorm Euro 6D zertifiziert sind. Dieser Empfehlung bleibt der Automobilclub auch nach dem Diesel-Gipfel treu. Die Logik ist einfach: Wer auch in Zukunft mit dem Diesel fahren will, ist mit der besten am Markt verfügbaren Abgasreinigungstechnik am besten beraten. Ab September kommen in Deutschland die ersten 6D-Diesel auf den Markt.

Wer mit dem Gedanken spielt, auf dem Gebrauchtwagenmarkt einen Diesel zu kaufen, muss sich im Klaren sein, dass in einigen Städten ab dem nächsten Jahr Fahrverbote drohen können. Wer in einer Stadt mit hoher Luftverschmutzung lebt, wird möglicherweise an manchen Tagen mit einem Selbstzünder am Stadtrand parken und für die letzten Kilometer auf den ÖPNV setzen müssen. Dazu Dieter Fess, Mitinhaber der Bähr & Fess Forecasts: "Auch Euro-5-Modelle werden ihre Käuferschaft finden - wenn der Preis stimmt. Dann nimmt man/frau eben die Bahn, wenn es partout nicht in die Innenstadt nach Stuttgart gehen darf, oder einen kleinen Umweg in Kauf, wenn die etwas über 2.000 Meter der Hamburger Max-Brauer Allee zukünftig zur No-Diesel-Zone ausgerufen werden."

Wer bereit ist, sich mit zeitlich und regional begrenzten Fahrverboten zu arrangieren, hat derzeit jedenfalls gute Chancen, einen Diesel aus zweiter Hand günstig zu bekommen, denn die Preise stehen schon seit einiger Zeit unter Druck. Nach Einschätzung von Siegfried Trede, Leiter der DAT-Fahrzeugbewertung, werden die Ergebnisse des Diesel-Gipfels keine Auswirkungen auf die Preise haben: "Wir rechnen derzeit damit, dass sich nach dem Diesel-Gipfel die Situation nicht sonderlich verändern wird. Jedes Fahrzeug unterliegt einem Wertverlust, und wie stark dieser ausfallen wird, entscheidet der Markt. Fahrzeugwerte sind in hohem Maße davon abhängig, wie viel ein Endverbraucher bereit ist, für einen Diesel-Pkw zu bezahlen. Ein zweiter Aspekt ist: Wenn man sich die Anzahl der verkauften Diesel-Gebrauchtwagen über die letzten Monate anschaut, ist zumindest auf Basis der KBA-Zahlen noch keine radikale Abkehr zu erkennen. Im Neuwagenmarkt sind dagegen die Diesel-Zulassungen im Vergleich zu den Benzinern rückläufig. Die Werte von Diesel-Pkw sind aber insgesamt unter Druck, das können wir feststellen und haben das so auch in unserem Diesel-Barometer dargestellt."

Der Preisdruck ist nach Ansicht von Trede übrigens auf jüngere Fahrzeuge höher als auf ältere Diesel, die nur nach Euro 4 oder schlechter zertifiziert sind. "Diesel-Pkw mit Euro 4 und niedriger sind weniger unter Druck als Diesel-Pkw mit Euro 6. Dies hängt damit zusammen, dass die Investition, die ein Endverbraucher tätigt, bei einem Euro 6-Diesel wesentlich höher und langfristiger ist als bei einem Euro 4- oder Euro 3 Fahrzeug. Diese sind ohnehin, was Alter und oft auch Laufleistung betrifft, schon relativ weit in ihrem Lebenszyklus fortgeschritten und damit auch ohnehin zu günstigeren Preisen zu haben. Diese Fahrzeuge finden ihre Abnehmer unseren Beobachtungen zufolge schneller als die jüngeren Diesel, die tendenziell höherpreisig sind."
 
Wer also einen gebrauchten Diesel verkaufen will, wird wohl weiterhin mit gewissen Abschlägen rechnen müssen, abschreiben braucht er sein Auto deshalb aber nicht. Für Panikverkäufe besteht vorläufig kein Grund.