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Honda Elektro-Offensive Immer weniger Benzin und Diesel

Honda Elektro-Offensive Foto: Honda

Bei der Tokyo Motor Show feierte der Honda Jazz Hybrid Weltpremiere, aber für die Verkündung der wichtigsten Neuigkeit im Zusammenhang mit diesem Auto sind die Japaner nach Europa gekommen. Aus gutem Grund.

Der Jazz Hybrid ist nur der Anfang. Wenn Honda Mitte 2020 die vierte Generation seines variablen Kleinwagens auf den Markt bringt, beginnt damit gleichzeitig eine strategische Offensive in den Honda-Schauräumen: Der Jazz Hybrid markiert gemeinsam mit dem rein elektrischen Honda e, der ebenfalls für den Sommer avisiert ist, die Abkehr vom Verbrennungsmotor und die Wende hin zur flächendeckenden Elektrifizierung.

Kenner könnten einwenden, das sei ein alter Hut, schließlich habe der japanische Hersteller schon vor einiger Zeit seine Vision 2030 verkündet, die unter anderem zum Ziel hat, CO2-freie Mobilität zu verwirklichen. Ein wichtiges Zwischenziel dabei: Bis 2025 sollten in Europa alle angebotenen Honda-Modelle einen elektrifizierten Antriebsstrang haben. Dieses Ziel wurde nun kassiert – und in deutlich ambitionierterer Form neu ausgerufen. "Alle Mainstream-Modelle werden nicht bis 2025, sondern schon drei Jahre früher elektrifiziert sein, nämlich bis 2022", sagte Honda-Europachef Katsushi Inoue bei einer Pressekonferenz in Amsterdam, einem der europäischen Hotspots für Elektroautos.

Allerdings stehen die Niederlande nicht im Brennpunkt der Offensive: Fast alles, was Inoue und seine Nummer zwei Tom Gardner ankündigten, wird sich zunächst auf den deutschen und den britischen Markt auswirken, der erreichbaren Stückzahlen wegen. Honda nämlich hat zwar einen großen Ruf, aber eine kleine Modellpalette und einen dazu passenden Marktanteil. In Deutschland etwa sind nur fünf Baureihen im Angebot, mit schmalen 0,4 Prozent Marktanteil rangieren die Japaner noch hinter Jeep und nur knapp vor Tesla. EU-weit schwankt Hondas Zulassungsanteil in den letzten zwei Jahren zwischen 0,6 und 1,3 Prozent.

Das soll sich schon deshalb verbessern, weil nicht nur die bestehenden Honda-Modelle mit Elektro- oder Hybridantrieb ausgerüstet werden, sondern weil zur Umsetzung des überarbeiteten Elektrifizierungsplans auch die Premiere von sechs ganz neuen Autos gehört. Der Jazz Hybrid macht zusammen mit dem Honda e den Anfang. Beide firmieren als erste unter dem neuen Oberbegriff "Honda e:Technology". 2021 kommen laut Gardner "ein stylishes SUV und ein weiteres Elektroauto" hinzu. Was man sich darunter genau vorzustellen hat, darüber hüllten sich Inoue und Gardner genauso in Schweigen wie über die für 2022 geplanten Elektro-Premieren Nummer fünf und sechs. Auch die technischen Daten des Jazz Hybrid wollten sie noch nicht benennen.

Honda Jazz 2020 Foto: Honda
Bei der Tokyo Motor Show feierte der Honda Jazz Hybrid Weltpremiere.

Fest steht nur, dass der elektrifizierte Kleinwagen und seine milde SUV-Variante Crosstar die Technik vom 2019 in Europa eingeführten SUV-Modell CR-V Hybrid übernehmen, wenn auch mit geringerer Leistung. Im Unterschied zu klassischen Voll-Hybriden treibt der eingebaute Benzinmotor im CR-V nur in Ausnahmefällen die Räder an. Grundsätzlich speist er einen Generator, der den erzeugten Strom nicht in einer Batterie speichert, sondern ihn direkt an den Elektromotor und damit an den Antriebsstrang weiterreicht. Hondas Hybride sind also im Gegensatz etwa zu Toyotas Modellen keine Benzinautos, die Unterstützung vom Elektromotor erhalten, sondern man kann sie als Elektrofahrzeuge betrachten, die ihre Energie an Bord erzeugen, wenn auch mithilfe eines Benzinmotors. Das Wirkungsprinzip entspricht dem der deutlich aufwendigeren Brennstoffzellenautos, nur dass man für die Honda-Hybride nicht den schwer verfügbaren Wasserstoff benötigt, sondern einfach Benzin tankt.

i-MMD (intelligent Multi-Mode Drive) heißt diese Honda-Technik, die durchaus auch den kombinierten Zugriff von Benzin- und Elektromotor auf die Räder zulässt. Honda will i-MMD in den nächsten Jahren stärker ausbauen als den Plug-in-Hybrid mit seinen an der Steckdose nachladbaren Akkus. Diese Technik hält Honda zwar auch bereit, bietet sie aber in Europa vorerst nicht an, auch weil das Management unzufrieden ist mit dem Ausbau der Lade-Infrastruktur. Mit dem Vollhybrid könne man besser auf die Kundennachfrage und die CO2-Regulierungen reagieren, was besonders für den europäischen Markt wichtig sei. "Der rasante Wandel in den Bereichen Regulierung, Markt und Verbraucherverhalten in Europa hat zur Folge, dass der Übergang zur Elektrifizierung in dieser Region schneller voranschreitet als in anderen Teilen der Welt", sagte Tom Gardner. Derzeit liege der Marktanteil elektrischer und elektrifizierter Pkw europaweit bei etwa zwei Prozent, für das Jahr 2025 erwarte er schon sechs bis sieben Prozent.

Das ist natürlich eine große Chance für einen kleinen Anbieter – bei Marken wie Honda kann sich ein spürbares Wachstum bei den elektrifizierten Modellen viel stärker auf den gesamten Marktanteil auswirken als etwa bei VW oder Mercedes. Da die großen Autohersteller Europas aber auch gewaltige Schritte in die Elektrozukunft unternehmen, flankiert Honda seine Produktideen mit interessanten Kooperationen, die vor allem den Käufern von reinen Elektroautos das Nachladen von Strom attraktiver machen sollen. Mit dem schwedischen Energiekonzern Vattenfall will man intelligente und flexible Stromtarife anbieten, die die Stromkosten zu jeder Zeit an die aktuelle Stromnachfrage im Netz anpassen können. Das gelte nicht nur für den Anschluss zu Hause, sondern auch für Ladesäulen in der Stadt – jedenfalls dann, wenn sie von Honda-Partner Ubitricity stammen, der eine Abrechnungstechnik mit dem Namen Smart Cable entwickelt hat. Das Besondere daran: Man zahlt an der Ladesäule denselben Stromtarif wie zu Hause.

Und für die heimische Garage bietet Honda einen Power Charger an, der bei einem mit 32 Ampere abgesicherten Stromnetz den Honda e (Normreichweite nach WLTP-Standard: gut 200 Kilometer) ein vollständiges Aufladen in nur vier Stunden ermöglichen soll. Außerdem sei es bei Honda künftig auch möglich, eine Kommunikation zwischen Auto und Stromnetz herzustellen, so dass ein Elektroauto auch mal als kleiner Energielieferant dienen kann, um Nachfragespitzen abzudecken. Damit kann der Autobesitzer sogar Geld verdienen.

Es hört sich ein wenig nach Zukunftsmusik an, aber all das soll für Honda-Kunden schon in gut drei Jahren Wirklichkeit sein.

Honda e (2020)
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