Interview Toyota-Flottenchef Mario Köhler Mit Hybrid durchs Dieseltal

Foto: Thomas Küppers

Mit den vielen Hybridmodellen profitiert Toyota vom Abgasskandal. Mario Köhler von Geschäftskunden Service erklärt die Strategie von Toyota und Lexus.

Herr Köhler, die Dieselkrise beschäftigt die Fuhrparkbranche weiterhin. Bestellen die Firmenkunden jetzt mehr Hybride?

Durch die aktuelle Lage haben wir Rückenwind. Viele freie Leasinggesellschaften und Fuhrparkleiter kommen auf uns zu und erkundigen sich nach Hybriden. Auf der IAA jetzt hatten wir Termine mit namhaften Leasinganbietern, Vermietern und Behörden, die uns vor einem Jahr noch nicht auf der Shoppingliste hatten. Wir haben im Flottenbereich inzwischen einen Hybridanteil von über 50 Prozent, das Thema ist also mehr als eine Nische, für uns ist es ein echter Wachstumstreiber

Wie werden die Kunden auf die Technik aufmerksam?

Viele Kunden kommen bei unseren Händlern das erste Mal mit Hybrid in Berührung. Für uns hingegen ist die Technik längst Standard. Wir erklären den Interessenten die Vorteile des Hybridmotors und können sie so überzeugen, dass sie letztendlich auch Autos bestellen.

Ab welcher Laufleistung lohnt sich denn aus Ihrer Sicht überhaupt noch ein Diesel?

Bei Toyota beträgt der Diesel-Anteil bei Pkw nur rund sechs Prozent. Für uns ist die Laufleistung nicht entscheidend: Wer im Neckargebiet rund um Stuttgart fährt, ist mit einem Hybrid gut bedient. Wichtig für den Fuhrparkmanager ist also das Fahrprofil. Auch ein Thema ist natürlich die Unsicherheit, ob der Kunde mit seinem Diesel künftig überhaupt noch oder eingeschränkt in die Stadt fahren darf.

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"Viele Kunden kommen bei unseren Händlern das erste Mal mit Hybrid in Berührung."
Ist das auch der Grund, warum Sie im Taxigewerbe so erfolgreich sind?

Absolut. In Berlin haben wir einen deutlich zweistelligen Marktanteil. Und dabei geht’s nicht nur um die Umwelt. Am Ende des Tages möchte doch jeder Unternehmer mit seinen Autos Geld verdienen. Beim Prius Plus beispielsweise halten Bremsscheiben üblicherweise über 150.000 Kilometer. Und das Auto verbraucht in der Praxis unter vier Liter. Das schafft eine Dieselautomatik im Stadtverkehr nicht. Da hilft dann auch kein Einkaufsrabatt, das läuft über die Betriebskosten. Hier haben wir große Vorteile in der Wirtschaftlichkeit, was sich wiederum im Ertrag für die Unternehmer dauerhaft widerspiegelt.

Hybrid hin oder her – fehlt Ihnen ein Elektroauto im Programm?

Bei einer kleinen Fahrzeuggröße in dem innerstädtischen Bereich auf der letzten Meile kann ein batterieelektrischer Betrieb die Antwort sein. Grundsätzlich sind unsere Fahrzeuge modular aufgebaut. Wir können demnach den Energieträger frei wählen, also auch eine große Batterie einbauen. Wenn die Kundennachfrage da ist, können wir das sofort umsetzen. Für Vielfahrer in der Flotte kann perspektivisch die Brennstoffzelle das Thema sein. Für die haben wir den Mirai im Programm.

Was ja im Grunde ein Elektroauto ist.

Genau, nur mit Wasserstoff als Energieträger. Aber auch unsere Hybriden fahren elektrisch, und zwar überraschend weit. Bei einem Wettbewerb unter Taxifahrern haben wir gemessen, wie oft sich der Verbrennungsmotor abschaltet und der E-Motor übernimmt. Die Berliner Taxifahrer gewannen mit 72 Prozent Fahr­anteil ohne Verbrenner, die Münchener wurden mit 69 Prozent knapp geschlagen. Daran sieht man, dass dieser Antrieb gerade im urbanen Umfeld super zum Tragen kommt.

Wasserstoff ist immer noch eine Preisfrage …

Das wird sich regulieren. Überlegen Sie, was der erste Prius kostete. Mittlerweile bekommen Sie den Yaris Hybrid für rund 15.000 Euro netto. Der Hebel ist Volumen. Die Brennstoffzelle ist auch ein Riesenthema im Bereich Nutzfahrzeuge. Unser Ziel ist zum Beispiel, dass alle To­yota Busse in Tokio bis zur Olympiade im Jahr 2020 mit Wasserstoff fahren.

Stichwort Nutzfahrzeuge: Der Proace ist jetzt seit über einem Jahr auf dem Markt. Wie läuft er?

Der Proace-Transporter läuft außerordentlich gut, wir sind dieses Jahr nahezu ausverkauft. Das ist auch für uns eine positive Überraschung. Wir müssen die Fähigkeit im Handel für die Sys­tem­lösun­gen weiter ausbauen. Da sind uns andere Marktteilnehmer voraus. Aber wir haben eine Businesscenter-Struktur, denn das Wichtigste ist Beratungskompetenz. Deshalb werden wir auch das Thema Umbauten und Aufbauten massiv ausbauen.

Derzeit betreiben Sie 50 Businesscenter. Wie viele sollen es werden?

Nächstes Jahr sollen es 62 sein. Uns ist es wichtig, dass wir den Markt gleichmäßig abdecken. Wir haben uns weniger auf den Flottenbereich konzentriert, waren eher eine Privatmarke. Der Markt verändert sich jedoch und man muss auch dem Standardhändler Werkzeuge und Instrumente an die Hand geben, wie er seinen lokalen gewerblichen Kunden bedienen kann.

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"Unser Ziel ist zum Beispiel, dass alle To­yota Busse in Tokio bis zur Olympiade im Jahr 2020 mit Wasserstoff fahren."
Was zeichnet ein Businesscenter gegenüber einem normalen Händler aus?

Es gibt zwei wichtige Punkte: einen gut ausgebildeten Gewerbeverkäufer sowie den spezialisierten Service. Wir haben natürlich gewisse Standards, das heißt längere Öffnungszeiten und geschulte Mitarbeiter vor Ort. Wichtig ist aber auch, dass wir im Prinzip diesen Verkäufer weiterbilden, zum Mobi­li­täts­bera­ter beispielsweise. Bei Nutzfahrzeugen muss er sich mit Um- und Einbauten auskennen. Zusätzlich muss es Lösungen in den Bereichen Leasing und Finanzierung geben. Auch das Thema Shared Economy ist ein Riesenthema.

Wie sieht dann die Zukunft in Ihrem Fuhrparkgeschäft aus?

Über Toyota Financial Services verleasen wir unsere Modelle von Toyota und Lexus. Wir werden auch Langzeitmiete und Zwischenlösungen anbieten. Das wird über die Toyota Kreditbank gehen. Ein Ansatz ist, einen Fahrzeugpool vorzuhalten, um dem Kunden flexibel verschiedene Modelle anzubieten. Künftig müssen unsere Finanzdienstleister branchenübergreifende Lösungen ausarbeiten. Dienstleistungen rund um das Auto werden immer wichtiger. Mit eigener Bank und mit eigenem Versicherungsdienst halten wir diese Wertschöpfung im eigenen Haus und sind für die Zukunft sehr gut aufgestellt.

Mario Köhler

… leitet seit April dieses Jahres den Geschäftskunden Service bei Toyota Deutschland. Er arbeitet seit über 13 Jahren bei Toyota und kennt das Unternehmen und die Hybrid-Strategie wie seine Westentasche. Als Firmenwagen fährt er wegen seiner drei Kinder Proace Verso, seine Frau ist im RAV4 Hybrid unterwegs. In seiner Freizeit fährt er auch gerne mal mit einem Lexus LC 500 eine schnelle Runde über den Nürburgring.