Der kleine Jeep Renegade möchte im Revier von Mini Countryman, Opel Mokka oder Skoda Yeti wildern. Dabei beweist der Italo-Ami optischen Mut zur Kante und überrascht mit Liebe zum Detail. Was der kompakte Renegade sonst noch alles drauf hat, klärt der Fahrbericht.
Der erste Jeep der nicht aus Amerika kommt
Mit dem brandneuen Renegade stellt Jeep so ziemlich alles in seiner bisherigen Firmengeschichte Dagewesene auf den Kopf. Nicht nur, dass es einen so kurzen Geländezwerg seit dem Urvater Willys von 1941 nicht mehr gegeben hat, er ist darüber hinaus eine gemeinschaftliche Entwicklung der beiden Partner Fiat und Chrysler.
Design und 4x4-Antrieb stammen aus den USA, Motoren und die technische Basis liefern die Italiener. So teilt sich der Renegade weitgehend die Plattform mit dem Fiat 500L. Der Renegade rollt auch nicht im Land der unbegrenzten Möglichkeiten vom Band, sondern im italienischen Fiat-Werk in Melfi. Damit ist er der erste Jeep, der außerhalb der Vereinigten Staaten gebaut wird und nicht nur in Europa, sondern auch innerhalb Amerikas verkauft wird.
Selbstbewusstes Design
Beim Renegade durften die Designer anständig hinlangen. Und scheinbar hat ihnen jeder noch so charismatische Linienstrich Spaß bereitet. Nicht nur, dass die Stylisten ihrem 4,26 Meter kurzen Italo-Amerikaner eine kantig-runde Form mit auf den Weg gaben, sie konnten obendrein am Fahrzeug noch ein paar Easter Eggs (Ostereier) verstecken. Diese heimlichen Gimmicks sind aus der Computer-Branche bekannt, bei denen die Software-Entwickler in ihre Programme kleine Extras integriert hatten. Wie beispielsweise der versteckte Flugsimulator in Excel 97.
In jedem Renegade steckt ein kleiner Yeti
Wer die Easter Eggs im kleinen Jeep entdecken will, muss auf Entdeckungstour gehen und sollte schon genauer hinschauen. Dann bemerkt er einen kleinen Yeti, der über die Heckscheibe läuft, die im Tankdeckel sitzende kleine Spinne oder den Ur-Jeep Willys von 1941, der im Kleinformat die Windschutzscheibe hinauffährt. Die versteckten Ostereier mögen für den einen oder anderen Außendienstler vielleicht ein wenig verspielt wirken, sie sind aber dennoch ziemlich coole Details.
Ordentlich Platz im kleinen US-Italiener
Dienstwagenfahrer dürfte der bequeme Einstieg wohl eher gefallen. Die Türen öffnen weit und der Renegade empfängt seine Gäste mit reichlich Platz. Selbst im Fond zwickt nichts, denn die Füße lassen sich geschickt unter die Vordersitze einfädeln. Schön auch, dass die Dachlinie recht hoch verläuft und für genug Luft über den Köpfen sorgt. Die Materialauswahl und Verarbeitung ist in Ordnung und wirkt genauso robust gemacht wie der Haltegriff für den Beifahrer auf dem Cockpit. Natürlich verzichtet der Renegade auch im Innenraum nicht auf extravagante Spielereien. Wie etwa die Verzierungen an den Lautsprecher-Boxen mit der Frontpartie des Willys oder den Matsch-Fleck auf dem Drehzahlmesser belegen.
Trister Innenraum? Beim Renegade kein Thema
Wer möchte, kann den Innenraum auf Wunsch mit farbenfrohen Applikationen an Armaturenbrett und Mittelkonsole aufpeppen. Die Verzierungen reichen von Silber, über Rot bis hin zu poppigem Orange. Letzteres gibt es, wie bei unserem Testwagen, in Kombination mit grau-orangenen Lederpolstern sowie brauner Innenausstattung. Hört sich ziemlich schräg an, wirkt aber alles in allem relativ stimmig.
Weniger gut gefallen finden die Ablagemöglichkeiten. Zwar bietet der Renegade genug Verstaumöglichkeiten für Kleinkram, der Praxisnutzen ist aber stark eingeschränkt. So nehmen es die kleinen Türtaschen maximal mit 0,5-Liter-Getränkeflaschen auf, danach ist Schluss. Einschränken muss sich der Renegade-Eigner auch beim Kofferraumvolumen, welches 351 bis maximal nur 1.297 Liter aufweist.
Umfangreiche Motorenpalette mit Front- und Allradantrieb
Üppig ist dagegen das Motorenangebot. Drei Turbodiesel sowie ein Benziner – allesamt mit Start-Stopp – stehen zum Marktstart im Oktober bereit. Ein Einstiegsbenziner mit 110 PS sowie ein Allrad-Topbenziner mit 170 PS und Neunstufen-Automatik ergänzen im nächsten Frühjahr noch die Motorenpalette. Apropos Antrieb. Die wenigsten SUV werden wohl wirklich im Gelände bewegt, deshalb gibt es die kleinen Motoren generell als Fronttriebler, die Zweiliter-Multijet-Diesel sind dagegen generell mit 4x4-Antrieb ausgestattet. Der schaltet sich automatisch zu, sobald der Renegade mehr Grip benötigt.
Spezielle Offroad-Version Trailhawk
Für Jäger oder Förster, die mit ihrem Gefährt ins schwere Unterholz müssen, bietet sich die Offroad-Variante Trailhawk an. Sie unterscheidet sich optisch vom Renegade mit noch robusterer Optik und ist mit Geländeuntersetzung, einem speziellen Fahrwerk sowie höherer Bodenfreiheit ausgerüstet. Damit scheut der Trailhawk auch anspruchsvolles Gelände nicht, sondern durchkreuzt es ziemlich lässig und mit Bravour. Allerdings verlangt Jeep für das Topmodell mit seinem 170 PS-Turbodiesel sowie serienmäßiger Neunstufen-Automatik gleich 26.807 Euro netto. Ganz schön viel Geld.
Der kraftvolle Renegade mag mehr das Cruisen
Auf der Straße zeigt sich der Renegade von seiner komfortablen Seite, bügelt derbe Unebenheiten sowie Bodenwellen glatt. Wenn es sein muss, geht der kleine Jeep dank seiner zielgenauen Lenkung auch recht flott ums Eck. Das Cruisen liegt ihm aber wesentlich mehr, denn mit zunehmendem Tempo treten laute Abroll- und Windgeräusche in den Vordergrund und bei forscher Gangart agiert die Automatik stellenweise etwas träge. Wenig zu mäkeln gibt es am 170 PS starken Turbodiesel. Der tritt kräftig an und ist elastisch. Auch das Angebot an Assistenzsystemen kann sich sehen lassen. Spurhalter, Toter Winkel-Warner, Parkassistenten, Aufahrwarner: alles lieferbar. Selbst an eine Rückfahrkamera haben die Leute von Jeep gedacht. Jetzt muss der charismatische US-Italo nur noch zeigen, ob der Kunde das alles auch wirklich honoriert.