In Rüsselsheim entwickelt, in der Slowakei gebaut: Der Kia Ceed ist ein durch und durch europäisches Auto. Und als Firmenwagen eine durchaus ernst zu nehmende Alternative in der Kompaktklasse. Eine Kaufberatung.
Fragt man Flottenmanager nach dem Kia Ceed, so erntet man meist ein Kopfschütteln. "Irgendwas Koreanisches", oder "Golf-Klasse" fällt vielen spontan ein. Tatsächlich tummelt sich das Kompaktmodell bereits seit 2006 zwischen Astra, Focus und Golf auf deutschen Straßen, damals noch als Cee’d.
Auch die seit Mitte 2018 verkaufte dritte Generation wurde in Rüsselsheim entworfen und läuft in der Slowakei vom Band. Sie verlor zwar den Apostroph im Namen, gewann dafür aber enorm an Format. Nicht nur, weil sie die bei einer Neuauflage üblichen paar Zentimeter in jede Richtung gewachsen ist. Vielmehr stellen die Koreaner mit dem aktuellen Ceed einen rundum ausgewogenen, hochwertigen und ernst zu nehmenden Kompaktwagen auf die Räder, welcher der etablierten Konkurrenz qualitativ auf die Pelle rückt. Außerdem bietet die Baureihe eine enorme Bandbreite, vom Fünftürer für Alltagseinsätze bis zum geräumigen Kombi für Funktionsflotten. Der Proceed als attraktiver Shooting Brake könnte manchem designorientierten User-Chooser gefallen. Zudem hat Kia ein kompaktes Cross-over-Modell auf Basis des Ceed angekündigt.
Im Vergleich zum eher unauffälligen Vorgänger wirkt der aktuelle, flachere Ceed frisch und dynamisch, verzichtet dabei auf Designspielereien. Extravaganzen wie Raumbeduftung, farbige Innenausleuchtung, lernfähige Sprachbedienung oder digitale Cockpits überlässt Kia den Premiummarken. Hinterm Lenkrad sitzen hervorragend ablesbare analoge Rundinstrumente, das Navi läuft auf einem auf die Mittelkonsole gepflanzten Bildschirm, und sämtliche Schalter und Tasten sind logisch angeordnet. Das Ganze konsequent auf Nutzerfreundlichkeit getrimmt, wie aus den Tagen, als sich Autos noch blind bedienen ließen.
In Sachen Sicherheit lässt das Entwicklungsteam ebenfalls nichts anbrennen. Im Test von "auto motor und sport" etwa brauchte der Kombi bei einer Vollbremsung aus 100 km/h nur 33,5 Meter, bis er stand. Neben standfesten Bremsen punktet das Modell mit einer umfangreichen Sicherheitsausstattung. Einen jedoch unangenehm stark in die Lenkung eingreifenden Spurhaltehelfer gibt’s ebenso wie Abstandstempomat oder Totwinkelwarner.
Wer wirklich viel transportieren muss, dem legen wir den Sportswagon ans Herz. Für knapp 800 Euro Aufpreis bekommt man einen Wagen, dessen Kofferraum manchen Mittelklassekombi alt aussehen lässt. Der Sitzkomfort passt in allen Modellen der Baureihe. Die straffen Polster lassen einen selbst nach einem langen Tag hinterm Steuer ohne Rückenschmerzen aussteigen, und Platz genug hat man auch auf der Rückbank. Da stört nur die tiefe Kante der Vordersitze. Füße passen kaum darunter.
In Sachen Agilität hat der Ceed deutlich gewonnen. Der Fünftürer federt gut und lässt sich durchaus dynamisch bewegen, wozu auch die direkte Lenkung beiträgt. Sportswagon und Proceed sind etwas härter abgestimmt. Der Kombi, weil er eher vollgeladen wird, der Proceed wegen seines tiefergelegten Sportfahrwerks. Spaß beim Fahren machen sie alle. Vorbei sind also die Zeiten, als man einen Kia einzig deswegen kaufte, weil es vernünftig war.
Allerdings sind die Preise auch nicht mehr ganz so volkstümlich wie früher. Sie starten zwar bei nur 13.436 Euro, doch mehr als die Auto-Basics bekommt man mit dem 100 PS starken Sauger des 1.4 Attract auch nicht. Will man einen Ceed als vernünftig ausgestatteten Firmenwagen fahren, sollte man mit gut 21.000 Euro rechnen.
Dafür liefert Kia entweder einen 140 PS starken Turbobenziner oder für knapp 22.350 Euro den 136 PS starken Diesel, jeweils in der Ausstattung Spirit. Ein vergleichbarer Peugeot 308 (Benziner und Diesel, je 130 PS) kostet rund 1.300 Euro mehr, ein ähnlicher Astra in Business-Ausstattung bewegt sich in gleichen Preisregionen. Der Kia punktet dafür mit sieben Jahren Garantie, was speziell Unternehmen mit gekauften Firmenwagen einen echten Vorteil beim Wiederverkauf bringt.
Varianten und Motoren
Mit Fünftürer, Kombi und Shooting Brake ist der Ceed für alle Einsatzzwecke breit aufgestellt. Wer viel transportiert, kommt am Kombi mit seinem riesigen Gepäckraum nicht vorbei. Besonders praktisch ist die Öffnungsautomatik der Heckklappe: Nähert sich der voll bepackte Fahrer von hinten, surrt sie von selbst hoch. Der Kofferraum des Proceed schluckt ebenfalls viel, wegen der abfallenden Dachlinie ist er aber flacher.
Den 100-PS-Basismotor mit 1,4 Liter Hubraum können wir nicht empfehlen. Der Spaßbremse fehlt ein Turbo. Der quirlige Einliter-Dreizylinder passt in der Stadt, tut sich allerdings bei höherem Tempo oder voller Beladung wegen des kleinen Hubraums etwas schwer. Vielfahrer mit 20.000 Kilometern und mehr können beruhigt zum Diesel (Speicherkat mit Adblue) greifen. Der mit 115 oder 136 PS lieferbare Selbstzünder überzeugt mit Laufruhe, anständigem Durchzug und ist sehr sparsam. Lediglich die leichte Anfahrschwäche stört. Zum dynamischen Proceed mit seiner sportlichen Ausstattung passen die beiden Turbobenziner jedoch besser. Der 140-PS-Motor ist ausgewogener, der 1.6 etwas spitzer ausgelegt. Dass da 204 PS losgelassen werden wollen, merkt man erst jenseits von 4.000 Umdrehungen. Als Alternative zur knackig direkten Schaltung gibt es für den stärkeren Diesel und die beiden großen Benziner ein sehr harmonisches Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (1.345 Euro).
Multimedia
748 Euro kostet das Navigationssystem inklusive Achtzollbildschirm, DAB-Radio und vernünftig klingender Lautsprecher. Das System überzeugt, da es logisch aufgebaut und einfach zu bedienen ist. Karten werden übersichtlich abgebildet, und wer plötzlich von der Route abweicht, bekommt blitzschnell eine Alternative präsentiert. Außerdem ist es onlinefähig – da keine SIM-Karte verbaut ist, allerdings nur über ein Smartphone samt Hotspot, dessen Datentarif das System nutzt. Nachteil: Zum Empfang kann das Handy nicht die Autoantenne nutzen. Zudem muss man die WLAN-Verbindung zum Handy bei jedem Start neu aktivieren. Trotzdem funktioniert die Anbindung gut. Das Navi zeigt nicht nur Onlineverkehrsdaten, sondern auch freie Parkhäuser und Tankstellen samt Kraftstoffpreisen. Bei unseren Testfahrten lotste das Online-Navi sogar genauer als Google Maps.
Ausstattung
Kia unterteilt das Angebot in sechs Ausstattungslinien, wobei nur der 100-PS-Benziner für 13.437 Euro in der Basisversion Attract angeboten wird.
Alle Ceed-Modelle kommen mit einem guten Sicherheitspaket in Form von sechs Airbags, aktivem Spurhalteassistenten, Kollisionswarner samt Bremseingriff und LED-Tagfahrlicht. Dazu gibt’s ein Radio samt Bluetooth.
Edition 7 (plus 1.680 Euro; Basis für 1.0 T-GDI, 1.6 CRDi 115 PS) bringt Klimaanlage, 16-Zöller und den variablen Ladeboden. Dieses Niveau reicht für Funktionsflotten.
Ab Vision (weitere 2.100 Euro; Basis für 136-PS-Diesel, 1.4 T-GDI) rollt der Ceed auf 16 Zoll großen Alurädern und leuchtet mit statischem Abbiegelicht in die Kurve. Dazu kommen etliche Features, die man im Firmenwagen nicht missen will, etwa die Smartphone-Anbindung per Apple Car Play, Lederlenkrad, Sitzheizung und die wegen der unübersichtlichen Karosserie sinnvollen Parkpiepser samt Rückfahrkamera.
Die für den Geschäftswagen empfehlenswerteste Linie heißt Spirit (weitere 1.200 Euro). Sie beinhaltet wichtige Assistenten wie Totwinkel- oder Querverkehrswarner. Außerdem reagiert der Kollisionswarner erst in dieser Version auf Fußgänger. DAB-Radio, 17-Zöller und LED-Scheinwerfer sind weitere Goodies, die man nicht missen will.
Die sportlich ausgelegte GT-Line (plus 700 Euro) bringt hauptsächlich optische Änderungen wie einen schwarzen Kühler, Zierleisten und Alupedale. Die Sitze sind in einer Stoff-Ledernachbildung bezogen.
Zum echten Sportler wird der Ceed nur als 204 PS starker 1.6 T-GDI GT: Hier kombiniert Kia optische Gimmicks wie 18-Zoll-Räder, Seitenschweller, den Klappenauspuff oder rote Bremssättel. Dazu gibt’s Leder-Velours-Sitze mit roten Ziernähten.
Als Platinum (4.300 Euro mehr als GT-Line) ist der Ceed voll ausgestattet. Geliefert werden beispielsweise beheizbare Ledersitze, induktive Ladeschale oder Navi inklusive Verkehrszeichenerkennung. Selbst der Parkassistent fehlt nicht.
Zusätzlich hat Kia jede Menge Ausstattungspakete aufgelegt, die sich allerdings nicht mit allen Linien kombinieren lassen. Grundsätzlich gilt: je höher die Linie, desto mehr Extras. So gibt es für den 100-PS-Benziner Attract lediglich noch die Option, eine Klimaanlage (832 Euro) und die Fußgängererkennung (327 Euro) zu bestellen. Für die von uns präferierte Ausstattung Spirit empfehlen wir die Navigation (748 Euro) und das große Glasdach für 832 Euro).