Kia Sorento 2021 Fahrbericht Volle Hütte

Kia Sorento 2021 Foto: Kia 17 Bilder

Der neue Kia Sorento lässt mit seiner üppigen Ausstattung die Premium-Hersteller alt aussehen. Allein die Motorenauswahl fällt noch etwas dürftig aus – einen Hybrid gibt es aber bereits.

Wenn Premium-Hersteller von Premium sprechen, bedeutet das in der Regel, dass die meisten Technik- und Komfortfeatures, die das Fahren erst zum exklusiven Erlebnis machen, extra kosten. Nicht so beim neuen Kia Sorento. Zwar messen die Koreaner ihr europäisches SUV-Flaggschiff mit Konkurrenten wie Skoda Kodiaq, Seat Tarraco oder Nissan X-Trail und erwähnen die einschlägigen Premium-Anbieter skandinavischer oder süddeutscher Provenienz erst gar nicht. Täten sie es jedoch, würden nicht wenige von denen ein knausriges Bild abgeben. Denn was die Koreaner serienmäßig über vier Ausstattungsniveaus in ihr SUV packen, kann man nicht anders als volle Hütte nennen.

Außer mit der inzwischen üblichen Armada an Assistenzsystemen wie Abstandstempomat, Stauassistent und Querverkehrswarner sowie Komfort-Features wie Head-up-Display, elektrische Heckklappe, Nappaleder und Bose Surround-Sound-System überrascht die vierte Sorento-Generation mit vielen cleveren Ideen. Allen voran dem aktiven Totwinkelassistent mit Monitoranzeige, der beim Blinkersetzen ein Kamerabild des rückwärtigen Verkehrs je nach dem links oder rechts im Instrumentendisplay anzeigt. Das hatte bisher nur das innovative Brennstoffzellenauto Nexo der Konzernschwester Hyundai an Bord. Schon vor Jahren in LKWs verbaut hätte das System beim Abbiegen unzähligen Fahrradfahrer das Leben gerettet.

Kia Sorento 2021 Foto: Kia
Das Interieur wirkt auf den ersten Blick mit seinen vielen Tasten, Knöpfen und Reglern etwas überladen und unruhig.

Auch der navigationsgestützte Abstandstempomat ist sinnvoll. Erkennt er Tempolimits oder knifflige Kurven, bremst er automatisch runter. Selbst ein autonomer Rangierassistent, der den Wagen selbsttätig per Funkschlüsselbedienung in die Garage bugsiert, ist in der Topausstattung Platinum ab Werk an Bord. Die kostet dann zwar auch fast 47.000 Euro (alle Preise netto), doch gibt es dafür bei den einschlägigen Premium-Autobauern gerade mal die Basisversion.

Interieur wirkt etwas überladen

Aber selbst die kann im neuen Sorento mit netten Goodies weiter aufwerten. So gibt es in der Grundausstattung Edition 7 (35.700 Euro) unter anderem schon LED-Licht vorne wie hinten, ein digitales Cockpit mit 12,3-Zoll-Display, das sich über die Lenkradtasten anpassen lässt, ein beheizbares Lederlenkrad und Sitzheizung sowie viele elektronischen Helferchen vom Spurhalteassistenten mit Lenkeingriff über den Abstands-Tempomat bis zum besagten Stau-Assistenten.

Allerdings wirkt das Interieur auf den ersten Blick mit seinen vielen Tasten, Knöpfen und Reglern auch etwas überladen und unruhig. Bei genauerem Hinsehen jedoch sortiert sich alles intuitiv am richtigen Ort. Vor allem der große flache Drehregler für die Fahrstufenwahl wächst schnell an die Hand. Gleich darunter findet sich ein zweiter mit der Auswahl der Offroad-Fahrprogramme für Schnee, Matsch oder Sand. Denn das großes Korea-SUV ist in beiden Motorisierungen und in den mittleren Ausstattungen auch mit Allradantrieb (knapp 1.600 Euro Aufpreis) zu haben.

Kia Sorento 2020 Foto: F. Roschki
Das SUV ist in allen Dimensionen gerade mal exakt einen Zentimeter gewachsen.

Nicht ganz premium-like wirkt hingegen an einigen Stellen der wilde Materialmix aus unterschäumten Oberflächen in der Instrumententafel und Hartplastik in den Türinnenseiten, Hochglanzlack-Verkleidungen, silberfarbenen Streben sowie Holzimitat-Blenden. Ausgezeichnet ge- und verarbeitet hingegen sind die Nappa-Lederpolster mit Kontrastnähten.

Apropos, vorne thront man auf dick gepolsterten, dreistufig heiz- oder belüftbaren Klimasitzen, die eine entsprechende Commander-Position bescheren. In der Mittelkonsole gibt es ab der zweiten Ausstattungsstufe Vision ein 10,25 Zoll großen Touchscreen inklusive Navi-System und Online-Dienst UVO Connect, der nicht nur Verkehrsmeldungen oder freie Parkplätze in Echtzeit meldet, sondern per App auch noch den letzten Kilometer bis zum Ziel navigiert, falls man das Auto doch mal weiter entfernt abstellen musste.

Aber auch die Menschen hinter den Frontpassagieren werden die üppige Knie-, Kopf- und Schulterfreiheit zu schätzen wissen. Ebenso wie die zweistufige Sitzheizung (ab Spirit). Schon ab der Basisversion ist die zweite Sitzreihe asymmetrisch verschieb- und umklappbar. Was den schon in der fünfsitzigen Konfiguration riesigen Gepäckraum von mindestens 695 Liter auf maximal 2100 Liter erweitert. Deutlich mehr als Skoda Kodiaq, Nissan X-Trail oder auch Konzernbruder Hyundai Santa Fe. Für 965 Euro Aufpreis lassen sich außerdem zwei Einzelsitze zu einer dritten Sitzreihe aus dem Boden klappen.

Heckpartie im Cadillac-Style

So geräumig der neue Sorento erscheint, umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass er in Länge, Breite und Höhe jeweils nur um exakt einen Zentimeter gewachsen ist. Auf 4,81 Meter streckt sich die Karosse und macht sich ohne Außenspiegel 1,90 Meter breit. Der Trick: die Überhänge verkürzten sich ebenfalls um einen Zentimeter, wodurch der Radstand um dreieinhalb auf 2,82 Meter zulegen konnte. Das schafft nicht nur Platz, sondern auch Proportionen. Das große Korea-SUV wirkt nun insgesamt deutlich staatlicher und erhabener.

Vor allem die wuchtig gezeichnete Front stemmt nun einen breiten Wabenmuster-Kühlergrill in den Fahrtwind, aus dem links und rechts die dreidimensional gestalteten Scheinwerfer zu wachsen scheinen und sich ums Eck biegen. Auch die Flanken machen einen soliden und gewichtigen Eindruck. Etwas willkürlich und im Wortsinn aufgesetzt wirken allerdings die Chrom-Einsätze in den vorderen Türscharnieren, die so auch beim VW Touareg zu sehen sind, sowie das kleine Chrom-Segel im hinteren Dreiecksfenster, das eine Haiflosse darstellen soll – warum auch immer und was es bedeuten soll. Doch auch der Tigernasen-Kühlergrill gehört bei Kia zu den wiederkehrenden Designmerkmale. Die Heckpartie fiel deutlich stabiler und stämmiger aus, erinnert mit den jetzt senkrechten LED-Rückleuchten sehr an den amerikanischen Cadillac-Style.

Kia Sorento 2020 Foto: F. Roschki
Heckleuchten: Die senkrechten Rückleuchten erinnern an das Cadillac-Design.

Allein bei der Motorenauswahl fährt der Sorento mit einem Vierzylinder-Diesel und Benziner mit Hybridantrieb dem Premium-Wettbewerb hinterher. Was nicht heißen soll, dass die Motoren schlecht wären oder nicht passen würden. Ganz im Gegenteil, der 2,2-Liter-Diesel etwa harmoniert bestens mit dem serienmäßigen Achtstufen-Doppelkupplungsgetriebe, das sowohl die 202 PS Leistung wie auch die 440 Nm Drehmoment quasi aus dem Stand schnell und kraftvoll verteilt. Ist der Allradantrieb verbaut, geht das auf rutschigem Untergrund noch einmal besser. Und auch die Laufruhe ist bemerkenswert. Bis auf ein leichtes Schnarren beim Anfahren ist vom Selbstzünder-Nageln nichts zu hören. In 9,0 Sekunden beschleunigt das frontgetriebene SUV auf Tempo 100, der Allradler braucht nochmal 0,2 Sekunden länger. Keine sonderlich sportlichen Werte, aber für gut zwei Tonnen Lebendgewicht schon sehr überzeugend. Zumal der Wagen seine Masse beim Fahren gut kaschiert. Das grundsätzliche straff ausgelegte Fahrwerk, der spürbare Federungskomfort und die direkte Lenkung mit präziser Rückmeldung geben auch in schnelleren Kurvenpassagen ein gutes Gefühl. Das Gleiche gilt für den Durchschnittsverbrauch, der sich bei unseren ersten Proberunden mit 7,2 Liter gut anderthalb Liter über dem Normwert einpendelte. Am Ende ist dieses SUV halt weniger für die Hatz als für das komfortable Gleiten auf der Langstrecke gedacht und gemacht. Und als Zugfahrfahrzeug. Bis zu 2,5 Tonnen kann er mit Dieselantrieb an den Haken nehmen.

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Das schafft der Hybridantrieb, den Kia nun erstmals für den Sorento anbietet, nicht. Der Benzin-Elektromotor-Zwitter entwickelt zwar 230 PS (169 kW) Systemleistung, darf allerdings nur maximal 1650 Kilogramm ziehen. Der ebenfalls wahlweise mit Front- oder Allradantrieb erhältliche 1,6-Liter-Turbovierzylinder mit Hybridmodul spielt in Kias Prognosen jedoch ohnehin keine große Rolle. Gut 90 Prozent der Kunden werden sich nach dieser Planung für den Diesel entscheiden. Das soll sich erst ändern, wenn Anfang 2021 ein neuer Plug-in-Hybridantrieb mit 265 PS Systemleistung dazustoßen wird, von dem sich Kia dann fast die Hälfte der Sorento-Verkäufe verspricht.