Kolumne Fuhrparkverband Wenn der Gierschlund bremst

Volvo 2021 Ladesäule Foto: Volvo

Bekommst du den Hals nicht voll, bleibt der Bauch leer: ein Kommentar zu den ständig steigenden Strompreisen an Ladesäulen.

Der Staat tut was. Der Staat muss was tun. Um eine ­Klimakatastrophe für kommende Generationen ab­zuwenden oder zumindest abzumildern, hilft kein "Weiter so". Also subventioniert der Staat alternative Antriebe. Na ja, zumindest intensiv die Elektromobilität. Dass wir gern den Fokus etwas technologieoffener hätten – etwa Emissionsreduktion unabhängig von der Antriebsart zu fördern –, haben wir schon oft gesagt und mit Politikern diskutiert. Aber immerhin wird etwas getan. Der Anreiz ist gesetzt, und die im Vergleich zu Verbrennern teurere Technologie wird plötzlich preislich interessant.

Die Profiteure? Vorneweg die Autohersteller

Wer profitiert außer den Unternehmen und Haushalten, die mit Sonderkonditionen in die E-Technik investieren können? Die Autoindustrie natürlich, deren Absatz angekurbelt wird und die den staatlichen Teil der Förderung wieder in die Entwicklung und den Ausbau der Produk­tionskapazitäten und in die Modellvielfalt stecken kann. Böse Zungen behaupten, insbesondere die deutsche Automobilindustrie sitze seit Jahrzehnten auf Prototypen, habe aber wegen der auskömmlichen Margen der Verbrenner nicht wirklich Lust zum Change gehabt. Erst mal die Kuh melken, bevor es zum Kälberfüttern geht. Nun muss man das Versäumnis von staatlicher Seite etwas abmildern. Schließlich zahlen Eltern ja auch gern Nachhilfe für den lernschwachen Nachwuchs.

Etwas unter dem Radar waren bisher die Energiekonzerne als Stromanbieter. Für das Abrechnungschaos an den Ladesäulen und die fehlende Preistransparenz waren sie nicht verantwortlich. Für Unterschiede in der Preisgestaltung von Wettbewerbern schon gar nicht. Da konnte jeder sein Ding machen und mit Fingern auf die EU oder den Bund zeigen.

Gier als Handbremse der Nachhaltigkeit

Und dass auch Energiekonzerne Geld verdienen müssen, ist so etwas wie ein ökonomisches Gesetz. Dass sie es aber aus ökologischen Gründen nicht übertreiben sollten, ist dann so etwas wie ein psychologisches Gesetz. Denn sie bremsen die Euphorie und den Investitionswillen, der doch gerade erst begonnen hat, so richtig aufzukeimen.

Gerade diskutieren wir, warum private Testzentren nicht gut genug kontrolliert werden und ob da nicht zu viel abgerechnet wird. Dass die wenigen Stromanbieter die Situation ausnutzen und nahezu wie Monopolisten agieren, konnte aber bisher nicht abgestellt werden. Wenn man etwas braucht wie den Strom zum Autotanken, es wenig Wettbewerb oder im schlimmsten Fall Absprachen gibt, kann das zum GAU für alle E-Auto-Fahrer werden. Das Kartellamt ermittelt zwar seit einem Jahr. Ergebnis: Fehlanzeige. In den letzten Wochen häufen sich die Preisanhebungen. Hier um vier, dort um sechs Cent pro kWh. Das sind fast 20 Prozent! Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug – wusste schon der alte Grieche Epikur von Samos.

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Im internationalen Vergleich werden in Deutschland sowieso schon extreme Strompreise verlangt. Seit 2000 hat sich der kWh-Preis von 13,9 Cent auf 31,9 Cent und mehr erhöht – da sind wir Weltspitze. Hauptgründe sind Steuern und Abgaben wie etwa die EEG-Umlage oder Netzentgelte. Sie machen mittlerweile rund zwei Drittel des Strompreises aus. Da nun die privaten Anbieter an der Preisschraube drehen, wird die Akzeptanz von Elek­tromobilität leiden. Am Ende des Tages muss die Nachhaltigkeit aber bezahlbar sein.