Lenk-und Ruhezeiten im Pkw Arbeitszeitgesetz gilt auch am Steuer des Firmenwagens

Müde, erschöpft, Fahrer, am, Steuer, Foto: Fotolia

Für Pkw-Fahrer gelten keine Lenk- und Ruhezeiten. Dennoch gilt das Arbeitszeitgesetz. Fahrer eines Dienstwagens dürfen also nicht unbegrenzt lange hinterm Steuer sitzen.

Mit 180 km/h überholte der 5er-BMW in der Nähe von Heidelberg, der Wagen kam ins Schleudern und landete in der Leitplanke. Der Fahrer war kurz eingenickt. Kein Wunder, schließlich saß der Außendienstler schon seit knapp 600 Kilometern hinterm Steuer – und hatte eigentlich weitere 200 Kilometer bis nach Ulm vor sich. Das ist ­leider kein Einzelfall: Laut Statistischem Bundesamt passieren im Schnitt knapp 2.000 Unfälle mit Personenschäden, weil der Fahrer eingeschlafen ist. Dabei dürfte die Dunkelziffer weitaus höher sein, da die Polizei nicht nachweisen kann, ob der Fahrer am Steuer wirklich eingeschlafen ist. Dafür gibt es keinen Test wie bei Alkohol. Es gibt nur Indizien.

Einschlafen ist kein Kavaliersdelikt

Der Fahrer reagiert nicht mehr, Zusammenstöße erfolgen meist ungebremst. Die Folgen sind dadurch schwerer, als wenn der Fahrer noch bremsen oder lenken konnte. Dieses Delikt gehört zu den schwersten, die das Verkehrsstrafrecht kennt. Die Folgen sind hart: Nach § 315  StGB (Strafgesetzbuch) drohen bis zu fünf Jahre Haft oder Geldstrafe sowie der Entzug der Fahrerlaubnis.

Müdigkeitserkennung, Mercedes, attention, assist, pause, Foto: Mercedes
In etlichen Autos sagt die Müdigkeitserkennung dem Fahrer, dass er Pause machen soll. Mercedes verbaut den Atttention Assist schon seit mehreren Jahren.

Zwar gibt es in Deutschland strenge Lenk- und Ruhezeiten, allerdings nur  für Fahrer, die Güter befördern und ein Fahrzeug mit über 2,8 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht lenken sowie mehr als neun Personen befördern. Trotzdem dürfen auch Dienstwagenfahrer nicht stundenlang am Steuer sitzen. "Denn es gibt das Arbeitszeitgesetz", sagt Jürgen Bente Experte für Fahrertraining beim Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) in Bonn. Das Recht begrenzt die höchstzulässige tägliche Arbeitszeit auf acht Stunden. In Ausnahmefällen auf zehn Stunden – wenn ein Ausgleich möglich ist.

Für Selbstständige gelten die Vorgaben nicht

Zudem werden Mindestruhezeiten während der Arbeitszeit und der Beendigung und Wiederaufnahme der Arbeit sowie Nachtarbeit geregelt. "Daran müssen sich auch Firmenfahrer halten. Allein für Selbstständige gelten die Vorgaben nicht", so Bente. Verstöße des Arbeitgebers gegen die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes können mit einem Bußgeld von bis zu 15.000 Euro geahndet werden. Gefährdet das Unternehmen die Gesundheit eines Mitarbeiters, können die Richter eine Freiheitsstrafe verhängen.

Doch der Druck zum Dauerfahren durch den Arbeitgeber lässt sich in der Regel nur schwer beweisen. "Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass die Zielvorgaben vieler Unternehmen deutlich zu hoch sind", kritisiert Bente. Zudem ist ­eine Haftung des Arbeitgebers nicht ­automatisch gegeben. So ist der Fahrer immer deutlich mit in der Verantwortung. Auch wenn der Arbeitgeber ein hohes Pensum vorgibt, dürfen Arbeitszeiten nicht einfach überschritten werden.

Fahrer, Kaffee, trinken, am, steuer, Foto: Fotolia
Ein schneller Kaffee am Steuer hilft nicht, wenn man müde ist. Koffein wirkt nur kurzfristig und gaukelt dem Fahrer vor, er sei noch fit. Besser: Pause machen, frische Luft schnappen und Beine vertreten.

Schwache Beweislage

Der Mitarbeiter muss dem Arbeitgeber deutlich machen, dass die Vorgaben den zulässigen Zeitrahmen sprengen. "Notfalls sogar vor Gericht klagen. Nur wenn der Arbeitgeber Fakten auf dem Tisch hat, dass der Mitarbeiter aufgrund seiner Arbeitsbelastung regelmäßig übermüdet fährt, muss er eingreifen", sagt Heiko Granzin, Fachanwalt für Arbeits- und Strafrecht. Schließlich können auch andere Ursachen, wie Krankheiten oder Medikamente Ursachen für Müdigkeit sein. 

Unternehmen die Dauerfahrten ihrer Mitarbeiter grundsätzlich vermeiden wollen, können eine GPS-Überwachung einführen, was natürlich mit dem Betriebsrat abgesprochen werden muss. "Das darf auf keinen Fall heimlich passieren", warnt Granzin. Die Mitarbeiter müssten darüber informiert werden.

Gründe dagegen gebe es aus rechtlicher Sicht nicht. Die GPS-Überwachung gilt laut Arbeitsrecht als Arbeitszeitenkontrolle und kann somit als praktische Ausübung des Gesetzes und der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zur Verhinderung von Dauerfahrten begründet werden. "Vor allem wenn der Außendienst auf Provisionsbasis bezahlt wird, kann eine solche technische Kontrolle sinnvoll sein, um die Mitarbeiter vor sich selbst zu schützen", meint Granzin.

Noch besser ist der Tipp von Sicherheitsexperte Bente: "Wir empfehlen nach zwei Stunden Fahrtzeit eine aktive Pause, bei der man aus dem Auto steigt und am besten einen Kaffee trinkt." Dann kann man  mit neuer Energie zum nächsten Kunden fahren.