Lieferzeiten Elektroautos Das lange Warten

Langeweile, Büro, Büroschlaf, Schreibtisch, Computer Foto: Adobe Stock

Elektroautos sind als Firmenwagen begehrt, und viele Unternehmen wollen umsteigen. Wer aber jetzt bestellt, muss bis zu einem Jahr warten. Woran liegt’s? Außerdem: Alle Lieferzeiten im Überblick.

Ganz gleich, ob Sportwagen, Geländewagen oder Business-Limousine: Viele der im Frühjahr auf dem Genfer Autosalon gezeigten neuen Modelle hatten einen Elektroantrieb unter der Haube. Experten wie Professor Ferdinand Dudenhöffer attestieren deshalb auch den deutschen Herstellern den Willen, es nicht nur bei Ankündigungen zu belassen, sondern tatsächlich die Energiewende einzuläuten.

Fakt ist: Die Hersteller könnten weltweit weit mehr Fahrzeuge mit Elektroantrieb verkaufen, wenn sie denn welche hätten oder bauen könnten. Hyundai beispielsweise vertröstet Käufer eines elektrischen Kona gleich um ein ganzes Jahr. »Gerade der neue Kona Elektro wird mehr nachgefragt, als wir kurzfristig liefern können«, bestätigt Sascha Behmer, Abteilungsleiter Gewerbekunden.

Hinter vorgehaltener Hand ist jedoch bei etlichen Herstellern zu hören, dass man bereits ausverkauft sei. Wenige Marken kommunizieren das so offen wie Volkswagen. Deren Händler nehmen wegen der ­großen Nachfrage nach dem e-Up schon gar keine Bestellungen mehr an.

Versprechen der Hersteller und Lieferrealität stimmen nicht überein

Für die Fuhrparkeinkäufer ist das allerdings mehr als ärgerlich. »Wer heute versucht, E-Autos anzuschaffen, muss feststellen, dass in vielen Fällen jenseits von medialen Ankündigungen die Lieferfähigkeit extrem eingeschränkt bis nicht vorhanden ist«, klagt Marc-Oliver Prinzing vom Bundesverband Fuhrparkmanagement. Im Kleinwagensegment seien vor allem deutsche Hersteller 2019 ein Totalausfall.

Tesla Model 3 2019 Foto: Tesla
Lange musste man warten, bis das Model 3 überhaupt nach Deutschland kam. Jetzt aber kann Tesla innerhalb von drei Monaten liefern.

Dabei sind gerade die kleinen Modelle prädestiniert für die Elektromobilität. Zumindest, solange die Preise für große Akkus nicht drastisch sinken. Außerdem passen kleine E-Autos zu vielen urbanen Einsatzprofilen von Flottenbetreibern. Beispiel Pflegedienste: Sie brauchen kleine und bezahlbare Autos, mit denen ihre Mitarbeiter im Stadtverkehr schnell und sauber unterwegs sind. Am Ende der Schicht geht’s an Ladestation oder Wallbox, damit der Akku am nächsten Tag wieder gefüllt ist.

Wo bleiben familientaugliche Familienautos?

Die Situation sei schon kurios, findet Prinzing. »Jahrelang wurde den Unternehmen vorgeworfen, zu wenig in Richtung E-Mobilität zu machen«, erklärt er. Er weiß, dass Betriebe und Flottenmanager die Entwicklung interessiert beobachten. Und sie würden gern mehr elektrifizierte Autos bestellen. »Dank größerer Reichweiten werden die Autos ja immer alltagstauglicher«, so der Fuhrparkprofi. Allerdings werde oft vergessen, dass gerade im Volumensegment der Kompakt- und Mittelklasse ein Elektroauto nicht nur dem betrieblichen, sondern auch dem privaten Fahrprofil gerecht werden muss. »Es fehlen einfach familientaugliche E-Fahrzeuge im Mittelklassesegment«, bedauert Prinzing.

Nissan Leaf, E-Auto Foto: Nissan
Europas meist verkauftes Elektroauto, der Nissan Leaf, steht nach drei Monaten auf dem Firmenparkplatz.

Automobilexperte Professor Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg sieht die Probleme vor allem darin, dass speziell die deutschen Hersteller zu spät auf den Zug aufgesprungen sind. »Die Technik ist noch in den Kinderschuhen, und da gibt es immer wieder Nachbesserungen, die Zeit kosten. Außerdem sind die Deutschen zu lange im Diesel gesessen und haben das Thema nicht ernst genommen.« Dessen ungeachtet kündigte Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess an, in den nächsten zehn Jahren nicht wie geplant 50, sondern fast 70 neue E-Modelle auf den Markt zu bringen. 22 Millionen E-Autos will der VW-Konzern bis 2030 ­verkaufen und den E-Anteil in der Flotte bis 2030 auf mindestens 40 Prozent steigern. Bis zum Jahr 2025 soll das den CO2-Ausstoß der Flotte über den gesamten Lebenszyklus hinweg um 30 Prozent gegenüber 2015 reduzieren.

Ein ehrgeiziges Ziel. Andererseits meldeten sich bereits 20.000 Kunden als Interessenten für den ab Herbst bestellbaren Porsche Taycan, obwohl sie ihn noch nirgends fahren konnten. Ebenso viele reservierten einen Audi E-tron. Auch hier sind lange Wartezeiten programmiert. Noch spricht Audi von fünf Monaten. Laut einem Bericht des Baye­rischen Rundfunks laufen in Brüssel aber täglich nur 150 statt der geplanten 300 Modelle vom Band. Der Sender vermutet, dass LG Chem zu wenige Akkus liefern kann.

Engpässe bei Batterien

Die Engpässe bei Batterien sieht auch Marktexperte Dudenhöffer: »Die Zellen werden noch zwei bis drei Jahre knapp bleiben.« Um unabhängiger zu agieren, will der VW-Konzern eine eigene Batteriezellenfabrik bauen. Und beantragt gleich Fördergelder des Bundes. Außerdem fordert VW-Chef Diess mehr Förderung für E-Autos bis mindestens 2025, besonders für Geringverdiener und Kleingewerbe.

Denn dass Elektroautos für viele Unternehmen noch immer zu teuer sind, ist kein Geheimnis. Billiger werden sie erst, wenn wirklich große Stückzahlen von den Bändern rollen. Oder wenn die Hersteller unter Druck geraten angesichts der ambitionierten CO2-Vorgaben der EU-Kommission. Wer die künftig nicht einhalten kann, muss ab 2021 hohe Strafen zahlen. Dudenhöffer hat berechnet, dass jedes verkaufte Elektroauto bis zu 10.000 Euro Strafzahlungen vermeiden könnte. Man könnte also Taktik dahinter vermuten, dass sich die Hersteller derzeit noch so zurückhalten und Auslieferungen möglichst bis 2020 hinausschieben. Warum sonst kann man die meisten der angekündigten neuen Modelle frühestens ab Herbst 2019 bestellen?

Autoexperte Dudenhöffer: "2022 brechen die Preise ein."

»Spätestens im Januar 2022 werden die Preise einbrechen«, prognostiziert Dudenhöffer. »Dann muss die Autoindustrie die von der EU geforderten 95 Gramm CO2 liefern, oder hohe Strafen fallen an. Die Autobauer müssen dann quer subventionieren. Ich gehe davon aus, dass dies bis zu 5.000 Euro beim Elektroauto ausmachen kann. Das wäre immer noch billiger als die Strafzahlungen.«

Unbeeindruckt von den aktuellen Lieferschwierigkeiten pusht die Bundesregierung die E-Mobilität in gewohnter Manier. Nachdem die Umweltprämie mehr als schleppend anlief, sind mittlerweile über 100.000 Anträge beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) eingegangen. Offiziell läuft die Förderung im Juni aus. Doch laut der Pressesprecherin Christiane Fuckerer ist eine Verlängerung des Förderprogramms in Planung. Auch hier könnten lange Lieferfristen Probleme bereiten, denn sobald das Bafa den Umweltbonus zugesagt hat, muss der Käufer das Auto innerhalb von sechs Monaten zulassen. Wird es nicht rechtzeitig geliefert, verfällt der Bonus.

Volkswagen Passat GTE Foto: VW
Beim Passat hat VW den Stecker gezogen. Der neue Plug-in Hybride ist erst ab Juli bestellbar.

Und dann zündete die Bundesregierung zum Jahresbeginn mit der um 50 Prozent ermäßigten Dienstwagensteuer für E-Autos und Plug-in Hybriden eine weitere Subventionsstufe. Sie sorgte bei etlichen Marken für den gewollt stärkeren Run auf die elektrifizierten Modelle, wie Volvo-Sprecher Michael Schweitzer bestätigt. »Sie hat auch bei uns noch einmal zu einem deutlichen Anstieg der Bestellungen von Plug-in Hybriden geführt.«

Plug-in? Eignet sich nicht für jeden

Aus Sicht der Fahrer ist das natürlich nachvollziehbar. Aus unternehmerischer Sicht aber bedeutet der ­teurere Plug-in-Firmenwagen in erster Linie nur höhere Kosten. Vor allem bei ladefaulen Fahrern. »In vielen Fuhrparks sorgt die subventionierte Versteue­rung von E-Autos eher für Unruhe als für einen positiven Anreiz«, sagt Prinzing. Vielfahrer sind in der Regel mit einem Diesel besser bedient, den sie jedoch voll versteuern müssen. Und Mitarbeiter, die lange Anfahrtswege von zu Hause zum Arbeitsplatz zurücklegen müssen, profitieren besonders. »Aber genau dafür sind Plug-in ­Hybriden nicht die richtige Antriebsart, weder aus wirtschaftlicher noch aus ökologischer Sicht. Das führt in vielen Unternehmen zu unschönen Diskussionen«, bedauert Prinzing.

Lange Lieferzeiten sind ein großes Ärgernis für jedes Unternehmen. Der Fuhrparkverband fordert deshalb, dass Hersteller und Importeure Markteinführungstermine und Verfügbarkeiten offener kommunizieren, denn Fuhrparkverantwortliche brauchen eine stichhaltige Planungsgrundlage. Ansonsten steigt der Frust. Wie bei dem Berliner Fuhrparkmanager, der sich kürzlich bei firmenauto meldete, aber nicht genannt werden wollte. Kurz vor der geplanten Auslieferung seines sechs Monate zuvor bestellten e-Golf erfuhr er, dass er noch einmal sechs Monate warten solle. Die Batterieproduktion mache Probleme. Aus Frust orderte er einen BMW i3. Der soll schon nach 2,5 Monaten auf dem Parkplatz stehen.

Auch die Autorin wartet schon seit geraumer Zeit auf die Zusage eines verbindlichen Auslieferungstermins ihres Smart EQ. Was umso erstaunlicher ist, als der Wagen Teil einer von EnBW bereits Ende 2018 bestellten Marge von 100 Stück ist. Dass der Händler dem Kunden eine vage Auslieferung »zwischen März und Juli« in Aussicht stellt, lässt die Vorfreude auf das Auto deutlich schrumpfen.

Für Profis wie Prinzing ist klar: »Geht eine Bestellung mehrmals schief, wenden sich die Entscheider von der E-Mobilität ab und legen sich auf Jahre auf andere Antriebe fest.« Das gelte besonders für Unternehmen, die Fahrzeuge leasen und sich drei und mehr Jahre binden. Verbrannte Erde kann also nicht im Interesse der Hersteller sein. Schließlich müssen sie am Ende die strengen EU-Vorgaben einhalten.

Aktuelle Lieferzeiten (Stand März 2019)

Audi e-Tron: 4 Monate
BMW i3: 2–3 Monate
BMW 225xe iPerformance: 10 Monate
BMW 530e iPerformance: 10 Monate
BMW 745e iPerformance: 10 Monate
eGo Life: 10 Monate
Hxundai Kona Elektro: 12 Monate
Hyundai Ionic Plug-in Hybrid: Restbestände Modelljahr 2019 im Handel, MJ 2020: k. A.
Hyundai Ionic Elektro: Restbestände Modelljahr 2019 im Handel, MJ 2020: k. A.
Jaguar I-Pace: 3–4 Monate
Kia e-Niro: 12 Monate
Kia Niro Plug-in Hybrid: 5 Monate
Kia e-Soul: 9 Monate
Kia Optima Plug-in Hybrid: 6 Monate
Land Rover Range Rover P400 PIH: 3–4 Monate
Mercedes C 300 de: 7 Monate
Mercedes E 300 e: 7 Monate
Mercedes E 300 de: 7 Monate
Mercedes S 560 e: 3 Monate
Mercedes EQC: ab Herbst bestellbar
Mitsubishi Outlander Plug-in Hybrid: 6 Wochen
Nissan Leaf: 3 Monate
Nissan e-NV200: 6 Monate
Opel Ampera-e: 2–3 Monate
Opel Corsa-e: ab Mai bestellbar
Porsche Panamera 4 E-Hybrid: k. A.
Porsche Cayenne E-Hybrid: k. A.
Porsche Taycan: ab Herbst bestellbar
Renault Zoe: 2 Monate
Renault Kangoo Z.E.: 3 Monate
Renault Kangoo Z.E. (lang): 4 Monate
Smart EQ Fortwo: 7 Monate
Smart EQ Forfour: 7 Monate
Tesla Model 3: 2 Monate
Tesla Model S: 2 Monate
Tesla Model X: 1 Monat
Toyota Prius Plug-in Hybrid: 4 Monate
Toyota Mirai: 6 Monate
Volvo V60 T8: Mj. 2019 ausverkauft; Mj. 2020 Auslieferung ab Mai
Volvo V90 T8: Mj. 2019 ausverkauft; Mj. 2020 Auslieferung ab Mai
Volvo XC60 T8: Mj. 2019 ausverkauft; Mj. 2020 Auslieferung ab Mai
Volvo XC90 T8: Mj. 2019 ausverkauft; Mj. 2020 Auslieferung ab Mai
VW e-Up: nicht lieferbar
VW e-Golf: 6 Monate
VW Golf GTE: ab Juli wieder bestellbar
VW Passat (Variant) GTE ab Juli wieder bestellbar