Politik Von der Schweiz lernen

Schweiz Foto: Matthias Rathmann

Es geht auch anders: Unsere Nachbarn zeigen, wie eine vorausschauende Finanzierung in der Straßenverkehrs-Infrastruktur aussehen könnte.

Der kluge Mann baut vor, heißt es in Schillers Wilhelm Tell. Die Schweizer haben sich diese Maxime in Bezug auf ihre Infrastruktur zu Herzen genommen. Nachdem sie bereits die Finanzierung der Schiene dauerhaft abgesichert haben, stehen weitere Maßnahmen für die Straße auf der Tagesordnung. Nationalstraßen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF) heißt es etwas umständlich. Angesichts des Instandhaltungsdesasters hierzulande könnte die Initiative der Schweizer Regierung ein Vorbild sein. Sie will einen unbefristeten Fonds in der Verfassung verankern, eine Zweckbindung der Automobilsteuer und eine Erhöhung der Mineralölsteuer.

Mehr Fahrzeuge, höhere Kosten

Seit 50 Jahren ist die Finanzierung des Straßennetzes in der Verfassung festgelegt, sagte Thomas Rohrbach vom Bundesamt für Straßen. Im Gegensatz zu Deutschland befinden sich die Schweizer Autobahnen und Bundesstraßen in einem guten Zustand. Wenn Brücken gesperrt werden müssen, ist in der Regel ein Steinschlag oder ein Bergrutsch die Ursache.

Aber auch in der Schweiz strapaziert die gestiegene Zahl der Fahrzeuge immer mehr die Straßen, die Kosten steigen – nicht zuletzt weil Unterhalt und Ausbau auch durch Lärm- und Umweltschutz oder Telematik teurer werden.

Einnahmen aus Mineraölsteuer sinken

Hinzu kommt, dass in den kommenden Jahren die Einnahmen aus Mineralölsteuer und Treibstoffzoll zurückgegangen sind, weil die Fahrzeuge immer sparsamer werden. Das ist sehr gut, aber jeder Liter Benzin oder Diesel, der weniger verkauft wird, bringt rund 40 Cent weniger in die Kasse, sagt Rohrbach. Zu diesem Trend werde auch die Elektromobilität beitragen und ohne Gegenmaßnahmen wären Defizite bei der Straßenfinanzierung zu erwarten.

Bestehende und neue Einnahmen sollen zweckgebunden direkt in den geplanten Fonds fließen. Der Mineralölsteuerzuschlag, der seit 1974 unverändert bei etwa 25 Cent pro Liter liegt, soll zunächst um drei bis fünf Rappen erhöht werden. Er soll an den effektiven Bedarf gekoppelt sein, sodass kein Geld auf Vorrat beschafft wird. Die Mineralölsteuer selbst fließt zur Hälfte in die Straßenkasse.

Beide Einnahmen zusammen verschaffen dem Staat jährlich knapp 2,1 Milliarden Euro für die Infrastruktur. Die Automobilsteuer soll künftig zweckgebunden sein und 307 Millionen Euro einbringen. Unverändert kommen die Einnahmen in Höhe von 265 Millionen Euro durch die Autobahnvignette der Straße zugute.

Der Alpenstaat braucht das Geld nicht nur für Instandsetzungen – immerhin müssen rund 3.000 Brücken unterhalten werden, elf Prozent der Strecken verlaufen in Tunneln. Mit dem Fonds sollen langfristig große Projekte finanziert werden, um Engpässe zu beseitigen.

Wir haben Probleme – weniger mit dem Zustand des Straßennetzes, sondern in Bezug auf die Kapazität. Wenn man diese erweitern will, muss man bauen und bauen kostet, so Rohrbach. Geplant sind ein dreispuriger Ausbau der Umfahrung von Zürich oder ein Tunnel bei Basel. Die Menschen sind mobil und konsumieren Mobilität, also muss man die Infrastruktur entsprechend anpassen.

Das Straßenpaket einschließlich der Verteuerung des Sprits werden als Verfassungs-änderung mit einer Volksabstimmung entschieden. Dabei haben die Schweizer schon öfter gezeigt, dass der eigene Geldbeutel nicht das ausschlaggebende Kriterium sein muss.