MPU Führerschein weg - was tun?

Es ist schon ärgerlich genug, wenn Dienstwagenfahrer mit einer Fülle von Strafzetteln oder einzelnen Fahrverboten auffallen. Droht jedoch noch Ungemach in Form einer medizinisch-psychologischen Untersuchung - kurz MPU oder auch Idiotentest genannt - ist für viele Chefs Schluss mit lustig.

Schließlich darf der Mitarbeiter aufgrund des Führerscheinentzugs monatelang nicht Auto fahren. Dann ist oft von Schikane, einer unglaublichen Pechsträhne oder dem Unvermögen der Polizei die Rede.

Allerdings sollte spätestens hier beim Personal- oder Flottenchef die Erkenntnis reifen, dass womöglich tiefer liegende Gründe dazu führen, wenn ein Mitarbeiter seinen Führerschein verliert. "Nicht die Willkür einer Behörde hat Schuld am Verlust, sondern ausschließlich das Fehlverhalten des Fahrers", betont Verkehrspsychologin Katrin Aydeniz. Es gibt klare Grenzwerte, etwa 1,6 Promille, Drogenkonsum oder 18 Punkte in Flensburg. "Speziell bei den Punktefahrern muss man sehen, dass es mehrerer gravierender Fehler bedarf, um das Punktekonto auf 18 hochzuschrauben", fügt Aydeniz hinzu. Aber auch bei Mitarbeitern, die mit 1,6 Promille erwischt werden und dann noch Auto fahren können, liege zumindest die Vermutung nahe, dass Alkohol nicht nur in homöopathischen Mengen konsumiert werde.

"Es ist Aufgabe der Polizei, die Sicherheit auf den Straßen zu gewährleisten"

"Spätestens hier wächst der Zweifel, ob der Fahrer überhaupt geeignet ist, ein Fahrzeug zu fahren", erklärt Prof. Dr. Wolfgang Schubert, Dekra-Verkehrspsychologe und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie. "Dann müssen die Behörden eingreifen", stellt Prof. Dr. Rainer Mattern von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin fest. Schließlich gehört es zu den Pflichten des Staates, das Grundrecht der Unversehrtheit zu gewährleisten. "Diese Schutzfunktion hat einen gesellschaftlich höheren Stellenwert als das Recht auf individuelle Mobilität", ergänzt Schubert.

Die Analyse der Unfallursachen macht deutlich, wie wichtig entsprechende Kontrollen sind. Ohnehin erwischt die Polizei nur 0,16 Prozent der Alkoholverkehrssünder. "Das entspricht einer von 600 Trunkenheitsfahrten", bestätigt Prof. Dr. Dieter Müller vom Institut für Verkehrsrecht. Lediglich 0,19 Prozent der rund 54 Millionen Führerscheininhaber in Deutschland mussten sich im vergangenen Jahr einer MPU unterziehen. Das entspricht rund 102.000 Teilnehmern. Rund 60 Prozent davon entfielen auf den Themenkomplex Alkohol. Allerdings sieht Schubert die Grenze von 1,6 Promille kritisch: "Nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten ist das Risiko, einen Unfall zu verursachen, bei dieser Promillezahl bereits 40-fach erhöht, bei 1,1 Promille steigt das Risiko um den Faktor zehn."

Zunehmend problematisch scheint das erhöhte Aggressionspotenzial vieler Fahrer zu sein. Dichtes Auffahren, Lichthupe, hohe Geschwindigkeiten oder Schneiden sind an der Tagesordnung. "Grund dafür sind antisoziale und dissoziale Persönlichkeitsstörungen", erklärt der Verkehrspsychologe. "Straßenverkehrsverhalten ist auch soziales Verhalten, eine charakterliche Eignung ist seiner Meinung nach nicht teilbar."

Wer nun seine Fahrerlaubnis retten will, muss der Führerscheinstelle ein positives MPU-Gutachten vorlegen. Das ist nötig, um festzustellen, inwieweit der Fahrer wieder in der Lage ist, ein Fahrzeug zu führen. Dazu erstellen staatlich geprüfte Spezialisten ein medizinisch-psychologisches Gutachten vom Fahrer. Die MPU besteht im Normalfall aus drei Bereichen: der medizinischen Untersuchung, dem testdiagnostischen Teil mit Reaktions-, Leistungs- und Konzentrationstests und dem Gespräch mit einem Psychologen. Hier kann er beweisen, dass sich sein Verhalten so grundlegend geändert hat, dass er keine Gefahr mehr für andere Verkehrsteilnehmer ist", erklärt Aydeniz.

"Die MPU ist keine Strafe, sondern eine Chance für den Verkehrssünder"

"Trotzdem verkennen viele die Situation. Die MPU ist keine Strafe, sondern vielmehr die letzte Chance für den Fahrer, seinen Führerschein wiederzubekommen", mahnt Schubert. Dabei ist es wenig Erfolg versprechend, auf seine schauspielerischen Fähigkeiten zu bauen und auswendig Gelerntes aufzusagen. Auch Beschönigungen helfen nicht weiter. Stattdessen sollte man nur dann zur Untersuchung gehen, wenn sich tatsächlich bereits etwas verändert hat, zum Beispiel das Trinkverhalten oder der Drogenkonsum.

Insgesamt brauchen die Betroffenen Geld, Geduld und Selbsterkenntnis. Die Therapie für uneinsichtige und notorische Verkehrsteilnehmer ist nicht billig. Die Psychologin schätzt, dass ein professionelles Vorbereitungsprogramm einschließlich MPU-Gutachten in der Regel zwischen 2.000 und 3.500 Euro kostet. Doch das Geld ist im Falle von Berufskraftfahrern gut angelegt, es erhöht die Chancen, die medizinisch-psychologische Untersuchung zu bestehen.

In der Vorbereitungstherapie neu erlerntes Verhalten festigen und stabilisieren

Unterstützung finden die Betroffenen im Rahmen von professionellen Vorbereitungsangeboten. "Trotzdem schafft es nur rund ein Drittel auf Anhieb, ihre Eignungszweifel auszuräumen", sagt Aydeniz. Woran liegt das? So sind weder Polizei noch Gerichte oder Behörden verpflichtet die Fahrer darüber zu informieren, welche Schritte notwendig sind, um ihren Führerschein wiederzuerlangen. "Die meisten Betroffenen sind völlig orientierungslos", meint Schubert.

"Wer sich nicht informiert, läuft schnell Gefahr, die MPU aufgrund körperlicher, charakterlicher oder geistiger Eigenschaften nicht zu bestehen", sagt Aydeniz. Und selbst diejenigen, die entsprechende Vorbereitungskurse besuchten, wissen häufig nicht, was genau sie tun müssen, um am Ende eine positive Beurteilung zu erhalten. Das Problem liegt unter anderem darin, dass anders als bei der MPU - die nur von staatlich geprüften Stellen durchgeführt werden darf - der sogenannte verkehrstherapeutische Vorbereitungsmarkt keinerlei Qualitätskontrollen unterliegt. Hier heißt es Augen auf: Seriöse Anbieter sind zertifiziert, legen Wert auf gut ausgebildete Mitarbeiter, wissenschaftliche Behandlungskonzepte sowie regelmäßige Erfolgskontrollen.

Was die wenigsten wissen: Während der Vorbereitung geht es nicht darum, den Teilnehmern die richtigen Antworten in den Mund zu legen. "Vielmehr erfahren die Menschen, dass ihr Führerscheinproblem mit ihrer Persönlichkeit und Kontrollverlust zu tun hat", erklärt Aydeniz. Deshalb versucht die Verkehrstherapie, die Schwachstellen herauszukristallisieren und zu verändern. Natürlich müssen diese Verhaltensänderungen während der Therapie stabilisiert werden. Ein positives Gutachten gebe es aber nur, wenn die Betroffenen tatsächlich und nachvollziehbar ihr Verhalten verändert hätten. "Gelingt das, wird der Kunde die MPU weitgehend problemlos bestehen", meint die Expertin. Das schafften 2009 immerhin knapp 54.000 von 100.000 Teilnehmern, also 51 Prozent.

Glaubt man den Verkehrspsychologen, kann eine individuelle Verkehrstherapie die Erfolgsaussicht bei der Prüfung auf 90 Prozent erhöhen. Listen mit Beratern finden sich auf der Webseite des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen sowie der des Bundesverbandes niedergelassener Verkehrspsychologen.

Rückfallquote liegt bei zehn Prozent

Die Zahl der alkoholauffälligen Fahrer, die nach einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) rückfällig werden, liegt laut Verband der Technischen Überwachungsvereine (VdTÜV) bei knapp zehn Prozent, das entspricht rund 10.000 Teilnehmern. Das ist das Ergebnis einer auf drei Jahre angelegten Studie. Dazu beobachtete der Verband das Verkehrsverhalten von 1.600 MPU-Teilnehmern und deren Punkteregister in Flensburg.

Das Ergebnis: Die Rückfallhäufigkeit im Bereich der Alkoholfahrten mit massiven Verhaltensproblemen sank deutlich. Als Rückfall bewerteten die Experten jedes Verkehrsvergehen, das in Verbindung mit Alkohol stand. Fazit des Verbands: Durch die MPU werde eine echte Auseinandersetzung mit den eigenen Verhaltensweisen und deren Konsequenzen angestoßen.

Führerschein weg, was tun?

  1. Sperrfrist nutzen Drei Monate vor Ablauf der Sperrfrist kann der Führerschein bei der Führerscheinstelle neu beantragt werden. Der Antrag muss persönlich erfolgen. Fordert die Behörde eine medizinisch-psychologische Untersuchung, ist es sinnvoll, sich so schnell wie möglich darauf vorzubereiten. Die meisten Begutachterstellen bieten kostenlose Infoveranstaltungen und MPU-Beratungsgespräche. Im Internet finden Sie eine große Auswahl an Anbietern. Möglich sind auch Kurse zur Verkürzung der Sperrfrist.
  2. Antrag auf Neuerteilung Sie erklären bei der Führerscheinstelle Ihr Einverständnis zur Begutachtung und zur Übersendung der Führerscheinakte an den entsprechenden MPU-Anbieter. Vorsicht: Die MPU kann frühestens vier Wochen vor Ablauf der Sperrfrist durchgeführt werden.
  3. Begutachtung Dann erfolgt die eigentliche medizinisch-psychologische Begutachtung. Nach rund zehn Arbeitstagen sollte das schriftliche Gutachten im Briefkasten liegen.
  4. Vorlage des Gutachtens Im Falle eines positiven Gutachtens erhält der Verkehrssünder seinen Führerschein zurück. Bei einem Gutachten mit Nachschulungsempfehlung muss zusätzlich der entsprechende Nachweis erbracht werden.

Wer muss eigentlich zur MPU?

Das Straßenverkehrsamt fordert immer dann eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU), wenn begründete Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehen. Hier die häufigsten Gründe für die sogenannten Eignungszweifel: Fahren mit mehr als 1,6 Promille Mehrere Alkoholfahrten Auffälligkeiten mit Drogen Verkehrsverstöße (18 Punkte und mehr) Kombination aus Trunkenheitsfahrt und zu vielen Punkten Straftaten, körperliche Gebrechen oder der Wunsch nach der vorzeitigen Erteilung einer Fahrerlaubnis können dazu führen, dass das Straßenverkehrsamt eine MPU fordert.

Drei mögliche Ergebnisse der MPU

  1. Positives MPU-GutachtenDie Ergebnisse der medizinisch-psychologischen Untersuchung führen zu einem positiven Gutachten. Es räumt die Bedenken der Behörde aus und macht damit den Weg frei für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis.
  2. MPU-Gutachten mit NachschulungsempfehlungDie Begutachtungsergebnisse sind nicht uneingeschränkt günstig. Die Gutachter fanden noch Schwachstellen. In diesem Fall kann der Betroffene an einem speziellen Nachschulungskurs teilnehmen. Dort werden die noch offenen Punkte geklärt. Wer an einem entsprechenden Kurs teilnimmt, dem erteilt die Verkehrsbehörde in der Regel die Fahrerlaubnis ohne eine weitere MPU.
  3. Negatives MPU-GutachtenBei diesem Ergebnis bleibt nur die Teilnahme an einer weiteren MPU.