Mehr Assistenzsysteme und weniger Verbrauch Warum ein 48-Volt-Bordnetz Standard wird

48-Volt-Batterie Foto: Daimler

In Firmenwagen steckt immer mehr Technik. Damit genug Strom an Bord ist, setzen Hersteller auf ein 48 Volt starkes Bordnetz und eine viel leistungsstärkere Batterie.

Audi brachte 2016 mit dem Q7 das erste Fahrzeug des VW-Konzerns mit einem 48 Volt starken Bordnetz auf den Markt. Auf den SUV folgte mittlerweile der neue Audi A8 mit dieser Technologie. Auch Mercedes setzt bei der überarbeiteten S-Klasse sowie im E-Klasse Coupé und Cabrio auf die höhere Spannung an Bord. Und die Technik breitet sich nun nach unten aus, von der Oberklasse in die Kleinwagen. Es ist allein eine Frage der Zeit, bis sie dort ankommt. Denn die Hersteller sind sich einig: Dem 48-Volt-Netz gehört die Zukunft.

Bis zu 0,7 Liter weniger Verbrauch

Bislang versorgte ein 12-Volt-System alle elektrischen Bauteile im Auto mit Strom. Mit Klimaanlage, Sitzheizung, den vielen Assistenzsystemen und dem breiten Angebot an Konnektivitätslösungen kommen immer mehr Verbraucher hinzu, die die Batterie an ihre Leistungsgrenze bringen. Damit der Stromkreis nicht zusammenbricht, installieren Hersteller ein zweites, stärkeres Stromnetz mit 48 Volt.

Das bringt aber nicht nur mehr Luxus und technische Möglichkeiten ins Fahrzeug, das senkt auch den Verbrauch und damit die Emissionen. Denn die 48-Volt-Technologie macht die Autos zu Hybriden – allerdings ohne einen zusätzlichen Elektromotor für den Antrieb, aber mit starken Generatoren für einzelne Funktionen. So ersetzen bei Audi und Mercedes die Generatoren beispielsweise Anlasser und Lichtmaschine. Sie starten die Motoren direkt mittels Keilriemen an der Kurbelwelle, schneller und komfortabler als bisherige Systeme. Außerdem hält die Technik länger, weshalb die Start-Stopp-Funktion häufiger aktiviert werden kann. Die Generatoren wandeln Bewegungsenergie in elektrische Energie um, die dann in der Batterie gespeichert wird.

So wird beispielsweise die beim Bremsen an den Scheiben entstehende Wärme in Strom umgewandelt. Der wird in einem Akku gespeichert und beim Beschleunigen als Boost-Funktion genutzt. "Etwa 80 Prozent der Bremsenergie können wir durch das 48-Volt-Netz zurückgewinnen und fürs Anfahren nutzen", sagt Dr. Robert Inderka, der bei Daimler fürs Hochvoltnetz zuständig ist. Das vermindert die CO2-Emissionen um etwa zehn Gramm pro Kilometer und bringt zusätzlich bis zu 20 PS Leistung. Audi rechnet vor, dass die Rekuperation den Verbrauch um bis zu 0,7 Liter senkt.

Elektrischer Zusatzverdichter für mehr Ladedruck

Diese höhere Spannung ermöglicht es außerdem, mit Autos zu segeln. Geht man im Mercedes ab einer Geschwindigkeit von 60 km/h vom Gas, dann wechselt das Fahrzeug in den Freilauf, schaltet den Motor aus und rollt, ohne Kraftstoff zu verbrauchen, dahin. Lenkung, Bremse und alle anderen Bordsysteme arbeiten dank des starken Netzes trotzdem weiter.

"Durch die höhere elektrische Leistung können wir auch die Motordrehzahl senken und dadurch Sprit sparen", sagt Inderka. Mercedes nutzt das neue Bordnetz auch, um die Windschutzscheibe zu heizen oder etwa einen elektrischen Zusatzverdichter anzutreiben. Der hatte in den neuen Reihensechszylindern der S-Klasse ebenfalls Premiere: Unabhängig von der Motordrehzahl sorgt der elektrische Zusatzverdichter in Sekundenbruchteilen für Ladedruck. Das bekannte Turboloch in unteren Drehzahlen dürfte damit endgültig Geschichte sein.

Für die 48-Volt-Systeme gelten geringere Sicherheitsstandards als in Hochspannungsnetzen reiner Elektroautos, die üblicherweise mit 400 Volt Spannung arbeiten. Das hilft den Autoherstellern, mit überschaubarem Kostenaufwand ihren CO2-Flottenausstoß auf die europäischen Grenzwerte zu reduzieren. Künftig wird es in Autos zwei Teil­bordnetze geben, eines mit 12, eines mit 48 Volt. Laut Audi ist erst damit die Voraussetzung fürs autonom fahrende Auto geschaffen. Denn wenn in dem vom Computer gelenkten Fahrzeug das Hauptsystem ausfällt, kann die 12-Volt-Technik blitzschnell übernehmen. Mit den beiden installierten Netzen und zwei Energiespeichern ist die notwendige Hardware schon vorhanden.