Mercedes eVito (2018) So fährt der neue Elektrotransporter

Daimler Mercedes Vito eVito App Foto: Daimler 3 Bilder

Mercedes will alle Transporter elektrifizieren. Los geht's mit dem Kastenwagen Vito.

Mercedes-Benz Vans will in naher Zukunft seine komplette Transportersparte mit elektrischen Antrieben aufrüsten. Der erste Vertreter der neuen Generation ist der eVito. Mittlerweile in der dritten Generation gebaut, ist der Transporter eine bekannte Größe. Vermutlich war es daher auch eine kluge Entscheidung, das neue Fahrzeug ohne großen Pomp auf die Bühne zu bringen. Dass Daimler elektrische Transporter für die Serie auf die Räder stellen kann, weiß man ohnehin. Genau acht Jahre ist es her, seit die Schwaben den Vito E-Cell eingeführt haben. Dem Transporter war allerdings mit lediglich 1.000 verkauften Einheiten nur eine bescheidene Karriere bis 2014 vergönnt. Jetzt nimmt der Hersteller mit dem eVito einen zweiten Anlauf.

Elektrischer Antrieb muss dem Kunden Vorteile bieten

Die Hausaufgaben dafür sind gemacht. Batterie, Gewicht, Kosten und Reichweite haben die Ingenieure im Griff. Auch die Nachfrage auf Kundenseite stimmt. Eine Schlüsselrolle spielt hier der Paketdienstleister Hermes. Das Unternehmen hat eine Order für rund 1.500 elektrische Einheiten der Baureihen Vito und Sprinter erteilt, die bis 2020 geliefert werden sollen. Damit ist die kritische Masse erreicht, die Daimler für eine wirtschaftliche Serienproduktion benötigt. "Der elektrische Antrieb im Transporter hat nur dann eine Chance, wenn das Fahrzeug den Kunden einen Mehrwert bietet", sagt Volker Mornhinweg, Leiter Mercedes-Benz Vans. Sein Credo: Nicht die erste Lösung auf dem Markt gewinnt, sondern die beste. Was dem Manager vorschwebt, ist ein technologisches Ökosystem, das maßgeschneiderte Lösungen für die Kunden ermöglicht. Daimler Fleetboard lässt grüßen: Flottenmanagement, Fahrstilanalyse, Wartung und Navigation, aber auch Services rund um Ladeinfrastruktur und Energiemanagement stehen den Elektro-Transportern künftig zur Seite.

Kommt mit dem eVito eine Zeitenwende für die Marke mit dem Stern? Bei Mercedes-Benz Vans ist man eher bemüht, das elektrische System nur als eine Antriebsvariante neben anderen zu positionieren. Dazu passt der Hinweis, dass der elektrische Vito im Transporterwerk im baskischen Vitoria am gleichen Band produziert wird wie seine konventionellen Brüder. Die Ansage ist klar: Der eVito ist einfach nur ein bewährter Transporter mit einem elektrischen Antrieb. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Komponenten für den Triebstrang steuert zum größten Teil die Pkw-Sparte des Herstellers bei. Der 84 kW starke Elektromotor etwa stammt vom Brennstoffzellen-SUV Mercedes GLC F-Cell. Die Lithium-Ionen-Batterien wiederum kamen ursprünglich im Hybridmodell der Mercedes S-Klasse zum Einsatz. Seine Energie für den Fahrbetrieb bezieht der eVito aus drei parallel geschalteten Akkus mit einer Kapazität von rund 41 kWh.

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Auch unter ungünstigen Bedingungen soll der eVito zumindest 100 Kilometer weit kommen.

eVito auf spektakuläre Weise unspektakulär

Das komplette Paket ist rund 375 Kilogramm schwer und sitzt in einem Rahmen zwischen Achsen und Längsträgern unterm Chassis. Mercedes-Benz Vans gibt für den Transporter eine Reichweite von 150 Kilometern an, die auf Messungen nach dem neuen Fahrzyklus WLTP basieren. Selbst bei winterlichen Temperaturen und aktivierten Verbrauchern soll die Reichweite allenfalls auf rund 100 Kilometer abfallen. Der eVito wäre damit für einen KEP-Dienst auch unter ungünstigen Bedingungen im sicheren Bereich. Und wie präsentiert sich der Transporter auf der Straße?

Nach einigen Runden mit einem Vorserienfahrzeug über den ADAC-Verkehrsübungsplatz Tegel lässt sich so viel sagen: Der eVito ist auf fast schon spektakuläre Weise unspektakulär. Die Instrumente im Armaturenbrett kommen ohne blinkende Anzeigen, Effekte und Animationen aus. Es reicht ein einfacher Tacho auf der rechten Seite, daneben ein weiteres Instrument, das im unteren Bereich über die Stärke der Rekuperation informiert, während die Nadel im oberen Teil anzeigt, wie viel Prozent der elektrischen Leistung die Fahrt gerade in Anspruch nimmt. In der Mitte sitzt ein Display, das den Ladestatus, die Länge der zurückgelegten Strecke und den Fahrmodus anzeigt.

Nach drei Jahren hat der eVito die höheren Startkosten eingefahren

Der Fahrer kann zwischen drei Fahrmodi wählen, die sich durch die Stärke der Rekuperation beim Bremsen und im Schubbetrieb unterscheiden. Der Wechsel zwischen den Modi erfolgt durch Paddle am Lenkrad. Links geht’s in den Modus mit starker Rekuperation, rechts lässt sich eine Fahrweise anwählen, bei der das Fahrzeug ohne größere Verzögerungswirkung im Verkehr mitsegelt. Auch wenn Fahrspaß kein Entwicklungsziel war – es macht Laune, den eVito im Rekuperationsmodus mit dem Gaspedal durch die Kurven zu steuern. Obendrein belohnt der Antrieb einen defensiven Fahrstil. Wie es heißt, soll sich durch konsequente Rückgewinnung der Energie die Reichweite um 20 bis 30 Kilometer verlängern lassen. Gibt man dem Transporter die Sporen, marschiert er kraftvoll nach vorne. Den Kunden stellt Daimler zwei verschiedene Höchstgeschwindigkeiten zur Wahl: Tempo 80 bietet sich für den reinen Stadtverkehr an, Tempo 120, wenn die Touren auch mal über eine Autobahn führen.

Zu guter Letzt lautet die Gretchenfrage, wie es der eVito mit den Gesamtbetriebskosten hält. Bei einer Laufleistung von 25.000 Kilometern im Jahr sieht Mercedes den Stromer mit dem Diesel auf Augenhöhe. Die Stellgrößen dieser Rechnung sind ein Umweltbonus von 4.000 Euro, ein Strompreis von 15 Cent pro kWh und ein Kraftstoffpreis von einem Euro. Rund drei Jahre braucht es demnach, bis der eVito die höheren Startkosten durch Einsparungen bei Verbrauch und Steuern eingefahren hat. Unter diesem Aspekt kann sich eine längere Haltedauer im Fuhrpark lohnen. An den Akkus dürfte das nicht scheitern. Acht bis neun Jahre sollen sie im günstigen Fall halten. Auch eine Garantie will Daimler dem elektrischen Transporter auf den Weg geben. Allerdings steht noch nicht fest, welchen Zeitrahmen die Schwaben dafür vorsehen. Bestellen lässt sich der neue eVito übrigens schon heute. Die Auslieferung soll in der zweiten Jahreshälfte 2018 starten. Wer lieber mit einem elektrischen Sprinter liebäugelt, muss sich dagegen bis Mitte 2019 gedulden.

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Mercedes setzt auf digitale Services

Mit ausgefeilten digitalen Services will Mercedes die Käufer eines elektrischen Transporters überzeugen. Das beginnt bereits im Vorfeld mit einer Kaufunterstützung per App. "eVan Ready" nennt der Hersteller ein Programm, mit dem der Fahrer eines konventionellen Fahrzeugs die gefahrene Strecke mithilfe von GPS aufzeichnet. Zu Beginn der Fahrt gibt er die aktuelle Außentemperatur an, den Rest übernimmt ein Algorithmus, der die gefahrene Strecke mit den hinterlegten Verbrauchsdaten der elektrischen Modelle kombiniert. Am Ende der Fahrt zeigt das System an, ob die Tour mit einem elektrischen Transporter fahrbar gewesen wäre oder nicht.

Auch für die Berechnung der Total Costs of Ownership (TCO) sowie für das Lade- und Energiemanagement im Fuhrpark hat Mercedes diverse Web-Tools entwickelt, die sich auf der Herstellerseite aufrufen lassen. Eine pfiffige Idee ist die Onlineplattform "Van2
Share". Dahinter steht die Idee, dass sich Unternehmen mit Elektrotransportern im Fuhrpark zu einer Kooperation zusammentun, um die jeweiligen Kapazitäten bestmöglich auszulasten. Die elektrischen Transporter der Partner werden dann auf der Plattform jeweils wie die eigenen Fahrzeuge angezeigt und bei Verfügbarkeit disponiert.

Technische Daten
Mercedes-Benz Vito eVito
Motor/Antrieb
Leistung 84 kW (114 PS)
Preis
Grundpreis ohne MwSt.Herstellerangabe 39.990 Euro
Abmessungen/Gewichte/Reifen
Zuladung 1.073 kg
Zulässiges Gesamtgewicht 3.200 kg
 
Slnr 106335