Missbrauch E-Auto-Förderung Verdacht bestätigt

Mercedes EQS SUV 2022 Foto: Mercedes

76.000 Elektro-Autos fehlen in der Zulassungsstatistik. Wie Deutschland die E-Mobilität im europäischen Ausland subventioniert und legale Tricks Steuergelder in dreistelliger Millionenhöhe verschlingen.

Eigentlich waren die großzügigen Förderprämien für Elektroautos dafür gedacht, auch deren Bestand zu erhöhen. Doch findige Autohändler nutzen die legalen Tricks, um in Deutschland neu zugelassenen Elektro-Pkw bereits nach der vorgeschriebenen Mindesthaltedauer von sechs Monaten als junge Gebrauchte gewinnbringend ins Ausland zu exportieren – nicht ohne vorher die Förderprämie von bis zu 9.000 Euro kassiert zu haben.

380 Millionen Euro Schaden für Steuerzahler

Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, die die Zulassungs- und Bestandzahlen von E-Autos in Deutschland abgeglichen hat. Demnach sind 16 Prozent der im vergangenen Jahr neu angemeldeten E-Pkw nicht mehr auf deutschen Straßen unterwegs. Im Vorjahr betrug die Differenz noch 13 Prozent. Den Schaden für das deutsche Steuersystem schätzen die Experten auf 380 Millionen Euro. Damit finanziert die Bundesrepublik den Markthochlauf der Elektromobilität in anderen Ländern in beträchtlichem Maße quer.

Ein Drittel der geförderten Tesla ist im Ausland

Dabei gibt es offenbaren große Unterschiede: So fehlt zum Beispiel bei Tesla nahezu jede dritte Neuzulassung in der Elektroflotte. Wurden zwischen Oktober 2021 und September 2022 etwa 52.000 Tesla-Modelle beim KBA angemeldet, so erhöhte sich der Bestand im gleichen Zeitraum um lediglich rund 36.000 Fahrzeuge. Aber auch deutsche Premiummarken weisen eklatante Differenzen auf: Bei BMW (21,2 Prozent), Audi (23,5 Prozent) und Mercedes-Benz (19,4 Prozent) verschwindet rund jedes fünfte E-Auto ins Ausland.

Renault Zoe & Co waren weniger gefragt

Besser sieht die Bilanz bei günstigeren Elektrofahrzeugen aus. Die Differenz von Neuzulassungen und Fahrzeugbestand liegt beim Renault Zoe zum Beispiel bei 9,1 Prozent. Auch die weiteren ausgewählten Volumenhersteller VW (13,9 Prozent) und Hyundai (14,9 Prozent) liegen unter dem Durchschnitt. Allerdings scheidet auch hier eine hohe Zahl von Elektrofahrzeugen im Jahr 2022 aus dem deutschen Fahrzeugbestand aus: Bei VW gehen etwa 7.000 E-Autos verloren, bei Hyundai sind es 4.300 und bei Renault 2.800.

Weniger Förderung, längere Haltedauer

Diese Praktik dürfte sich im laufenden Jahr weniger lohnen: Die Förderprämien wurden vor allem im hochpreisigen Segment deutlich gekürzt und die Mindesthaltedauer auf zwölf Monate hochgeschraubt.

Weniger Missbrauch erwartet

Studienleiter Stefan Bratzel: „Bei der Auslobung von Förderprämien und Steuervorteilen der Elektromobilität entstehen häufig unerwünschte Nebeneffekte bzw. nicht unerhebliche Marktverzerrungen. Das ist nicht immer vollständig zu verhindern. Aber wenn sich der legale Missbrauch jährlich auf höhere dreistellige Millionenbeträge summiert, muss der Gesetzgeber schnell nachjustieren. Die politische Reaktionsgeschwindigkeit war in diesem Falle recht langsam. Mit der Verminderung der Elektroprämie und der Erhöhung der Mindesthaltedauer auf ein Jahr zu Beginn des Jahres dürfte die Attraktivität des prämienbegünstigten Exports von batterieelektrischen Fahrzeugen jetzt jedoch deutlich sinken.“