Musterfeststellungsklage Auch Flotten können profitieren

Abgas Foto: Fotolia
Meinung

Ab November können private Verbraucher mittels Musterfeststellungsklage gegenden Abgasbetrug von Herstellern klagen. Davon profitieren auch Flottenmanager.

Die deutsche Wirtschaft muss sich warm anziehen. Was in den USA schon gang und gäbe ist, soll nun auch bei uns Verbrauchern schneller zu ihrem Recht verhelfen: die Massenklage über das sogenannte Musterfeststellungsverfahren. Auch wenn sich Flottenmanager nicht direkt an einer Musterfeststellungsklage beteiligen dürfen, ziehen diese ihren Vorteil aus der neuen Klageart.

Denn erste Anwendungsfälle für das neue Verfahren könnten Klagen gegen Autohersteller im Zuge des Diesel-Skandals sein. So schätzt Bundesjustizministerin Katarina Barley, dass rund zwei Millionen Dieselfahrer "in den Genuss dieser Klage kommen können". Für alle Autofahrer, die privat einen Diesel mit Abschaltvorrichtung erworben haben, wird damit der Kampf um ihr Recht einfacher. Sie können das Urteil zur Musterfeststellungsklage für den eigenen Prozess verwenden. Grund: Die Feststellungen binden alle Beteiligten.

Die meisten Ansprüche verfallen Ende 2018

Um von einer Musterfeststellungsklage zu profitieren, müssen sich die Anspruchsteller nachdem eine Klage von einem Verband erhoben wurde, in ein Klageregister eintragen. Das wird beim Bundesamt für Justiz geführt und enthält alle öffentlichen Bekanntmachungen rund um eine Musterfeststellungsklage. Durch eine erfolgreiche Musterfeststellungsklage wird die Verjährung der Ansprüche der Geschädigten gestoppt. Gerade noch rechtzeitig, da die Ansprüche für die meisten Dieselfahrer Ende 2018 zu verfallen drohen.

Flottenbetreiber können sich zwar nicht im Klageregister eintragen, aber ein Hinweis auf das öffentliche Feststellungsurteil kann auch im Zivilprozess für Unternehmen Wirkung entfalten. "Ist ein solches Musterfeststellungsurteil in der Welt, dann besteht durchaus die Möglichkeit, dass sich das zuständige Gericht bei der Entscheidung über den Rechtsstreit zwischen den Unternehmern zum Vorteil des Klägers an dieser Entscheidung orientiert", bestätigt Marc Herzog, Fachanwalt für Versicherungsrecht.

Gleichzeitig sind Unternehmen nicht an eine negative Entscheidung gebunden. Sie kann aber gleichfalls den Prozess beeinflussen. Wie gut Musterfeststellungsklagen in der Praxis funktionieren, dürfte sich schon bald zeigen. Wahrscheinlich werden der ADAC und die deutschen Verbraucherzentralen schon im Herbst vom Klagerecht gegen Autohersteller im Rahmen des Diesel-Skandals Gebrauch machen. Möglich sind mehrere, sich ergänzende Musterfeststellungsklagen zu einem Streitthema. "Wegen der unmittelbar drohenden Verjährung prüfen wir derzeit eine Klage gegen den VW-Konzern", erläutert VZBV-Sprecherin Sarah Hoare. Natürlich könne die Musterfeststellungsklage auch gegen andere Autobauer "zum Einsatz kommen".

Für Streitigkeiten aus dem Abgasskandal könnten dann noch zahlreiche Grundsatzfragen allgemeinverbindlich geklärt werden. So auch die Frage, ob ein Fahrzeughersteller bei bestimmten Fahrzeugmodellen eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet hat und falls ja, ob dann eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu erkennen ist. Dies hätte zur Folge, dass betroffenen Fahrzeugeigentümern der daraus entstandene Schaden zu ersetzen ist.

"Die Musterfeststellungsklage ist ein echter Meilenstein für Verbraucherinnen und Verbraucher", sagt Klaus Müller, Vorstand des Bundesverbandes der Verbraucherzen­tralen. Die Anmeldung der Verbraucher im Klageregister sei relativ einfach. Problematisch finde Müller aber, dass sich die Betroffenen relativ frühzeitig entscheiden müssen, ob sie an einer Klage teilnehmen möchten. "Damit müssen sie auch mit dem Risiko leben, dass ein Urteil für sie negativ ausfallen kann", so Müller.