Paris Verbot für Dieselfahrzeuge

Paris, Verkehr, Ausland Foto: Gugu Mannschatz

Paris hat ein Smog-Problem. Ein Verbot von Dieselfahrzeugen soll ab 2020 die Luft in der Metropole verbessern. Ein Vorbild für ganz Europa?

Frankreich ist ein Dieselland. Von den mehr als 30 Millionen zugelassenen Fahrzeugen sind fast zwei Drittel Selbstzünder. Mit einem Durchschnittsalter dieser Autos von fast neun Jahren ist Frankreich allerdings auch Altdieselland. Die Umweltbelastung hat vor ­allem in den Großstädten, wo dicht gedrängte Hochhausschluchten ein Entweichen der Emissionen verhindern, bedenkliche Ausmaße angenommen.

Dieser Canyon-Effekt ist besonders schlimm in Paris. Bürgermeisterin Anne Hidalgo von der Parti Socialiste will deshalb handeln. Bis 2020 sollen Dieselautos in der Innenstadt generell verboten sein, die Transittrassen durch die Metropole will man sauberen Autos vorbehalten. Gleichzeitig sollen die Tempo-30–Zonen ausgeweitet und der Fahrradverkehr mit 100 Millionen Euro gefördert werden.

Alles nur heiße Luft? Wer die Verfahrenswege in Paris kennt, weiß, dass Madame Hidalgo in der Lage ist, die Vorhaben umzusetzen. L’état, c’est moi. Das Direktivenprinzip funktioniert noch immer. Gleichwohl gilt es, die zahlreichen Gegner dieses Vorhabens milde zu stimmen.

ÖPNV-Aufwertung als Gegenleistung

Das sind vor allem die Automobilhersteller, die Fahrzeughändler, aber auch die eher wohlhabendere Umlandbürgerschaft, die mit dem eigenen Auto in die Stadt will. Womöglich wird es zur Beruhigung der Gemüter auf einen Euro-6-Kompromiss hinauslaufen. Alles, was diese Norm nicht einhält, bleibt draußen. Das linke und sozialistische Lager wird mit einer Verbilligung und Verbesserung des Pariser ÖPNV ruhiggestellt. Nicht jeder, so deren Argument, könne sein altes Auto einfach aufgeben und sich ein neues, sauberes kaufen.

Das Pariser Modell erscheint manchem rigoros, entspricht aber durchaus den Zielen der EU. Wie Grenzwerte einzuhalten sind, überlässt Brüssel seinen Mitgliedern (siehe Kasten). In Deutschland mit der Konsequenz, dass die Behörden derzeit gut 50 sogenannte Umweltzonen – meist über ganze Stadtgebiete − deklariert haben. Hier gilt ein Fahrverbot für Autos, deren Emissionen bestimmte Grenzwerte überschreiten. Die meisten Umweltzonen (21) gibt es in Baden-Württemberg, darunter die Metropolen Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe.

Rechtlich auch in Deutschland möglich

Der Weisheit letzter Schluss sind sie nicht. Deshalb blickt auch das Umweltbundesamt interessiert nach Paris. "Während uns in Deutschland derzeit eher die Grenzwerte für Stickstoffdioxid beschäftigen, hat Paris darüber hinaus auch mit der Feinstaubproblematik zu kämpfen", konstatiert Dr. Marcel Langner, zuständig für Grundsatzfragen der Luftreinhaltung beim Umweltbundesamt. An den gemessenen Werten Feinstaub und NO2 hat der Dieselmotor erheblichen Anteil.

Die Abgasnorm Euro 6 bringe zwar real im innerstädtischen Fahrbetrieb nicht die Entlastung, die der Prüfstandzyklus suggeriere, so Langner: "Dennoch ließe sich die NO2-Problematik in einigen deutschen Städten durch ein zeitnah eingeführtes Fahrverbot für nicht Euro-6-fähige Dieselfahrzeuge entschärfen. Ein solches Fahrverbot hielte nach meiner Auffassung einer verwaltungsrichterlichen Prüfung stand." Durchaus möglich also, dass es dereinst auch in Deutschland für alle nicht Euro-6-fähigen Diesel heißt: Wir müssen leider draußen bleiben.

Europäische Vorgaben

In der EU gilt durch die Richtlinie 2008/50/EG einheitliches Recht zur Beurteilung und Kontrolle der Luftqualität. Clean Air for Europe (CAFE) – Saubere Luft für Europa – nennt die Europäische Kommission ihre Strategie zur Bekämpfung der Luftverschmutzung. Das für 2020 angestrebte Ziel ist es, die Luftverschmutzung so weit zu vermindern, dass von ihr "keine inakzeptablen Auswirkungen für Mensch und Umwelt mehr ausgehen". Die Richtlinie legt dafür Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Stickstoffoxid, Feinstaub, Schwefeldioxid, Benzol, Kohlenmonoxid und Blei fest. Die einzelnen Staaten sind für die Umsetzung der Richtlinie im Rahmen ihrer eigenen Gesetzgebungen selbst verantwortlich. Beispielsweise durch temporäre Fahrverbote, Umweltzonen oder autofreie Innenstädte.