Sommerreifen-Test (2019) 215/55 R 17 Die besten Reifen für die Kompaktklasse

Foto: DINO EISELE

Mittelklasse-Modelle wie VW Passat, Peugeot 508, oder SUV wie Audi Q2 und viele mehr fahren auf Reifen der Größe 215/55 R17. Im Sommerreifen-Test 2019 Sie die besten und die günstigsten.

Die Kompaktklasse stirbt. Es leben die kompakten SUV. Soll heißen: Vor allem die User-Chooser steigen von Golf, Astra oder Focus um auf SUV-Modelle wie T-Roc, Mokka oder Kuga. Dieser Effekt zieht sich quer durch alle Fahrzeugklassen. Selbst bei den Businessmodellen der Mittelklasse werden Limousinen und Kombis von hoch aufragenden SUV be- und verdrängt. Das hat freilich auch Auswirkungen auf die Auswahl unserer Dimension für den aktuellen Sommerreifen-Test.

Dass wuchtigere und schwerere Fahrzeuge nicht unbedingt zur Ressourcenschonung und CO2-Minderung beitragen, weiß jeder Fuhrparkverantwortliche. Ebenso, dass mit den größeren Autos in der Regel die Reifenkosten steigen. Ebenso wie die Spritkosten. Denn obwohl die ­Reifenhersteller mit viel technischem Aufwand rollwiderstandsoptimierte Reifen entwickeln, machen die sich angesichts des erhöhten Luft­widerstands der SUV in der Praxis kaum bemerkbar. Ordern die Kollegen statt der effizienten Basisbereifung etwa Breit­reifen auf gewichtigen Zubehörfelgen, leiden Spritzigkeit des Wagens und Verbrauch. Also: Schuster, bleib bei deinen Leisten – die im Falle der kompakten SUV-Klasse meist die vernünftige Größe 215/55 R 17 haben. In unserem Sommerreifen-Test 2019 haben wir für sie herausgefunden, welcher Reifen am besten bremst, wie schnell Sie mit welchem Reifen eine Kurve nehmen können und ob das Ganze zulasten des Rollwiderstands geht.

Doch welcher Reifen ist der beste für den Firmenwagen? Die Auswahl ist groß, aber nicht immer können die Reifenhändler die aktuellen Neuentwicklungen in dieser Dimension liefern. Das liegt daran, dass der Fokus der Entwickler vornehmlich auf sportlicheren oder umsatzstärkeren Reifendimensionen oder -modellen liegt.

Foto: DINO EISELE
Vor der Testfahrt wird das Profil gemessen. Hat der Reifen seine Runden gedreht, wird er akribisch auf Schäden untersucht.

Von 74 bis 134 Euro: Elf Reifen treten zum Test an

Sowohl Michelin als auch Continental bedienen diese Größe mit Reifen aus dem etwas komfortabler abgestimmten Premium­segment. Als Vorjahressieger stellt Michelin die Referenz mit dem aktuellen Primacy 4. Dagegen treten an: der brandneue Bridgestone Turanza T005, der bereits etwas betagte, aber noch mindestens dieses Jahr auf dem Markt verfügbare Conti Premium Contact 5. Das paral­lel erhältliche Nachfolgemodell Premium Contact 6 stand zum Testzeitpunkt noch nicht zur Verfügung. Außerdem nehmen unsere Kollegen von "auto motor und sport" den nicht minder bewährten Goodyear Efficient Grip Performance, den brandneuen Nokian Wetproof und den Pirelli Cinturato P7 mit auf die Teststrecke.

Als günstigere Marken mit von der Partie sind Falken mit dem neuen ZIEX 310, der ursprünglich indonesische Reifenriese Giti mit dem neuen Premium H1, Nexen mit dem N’blue HD Plus und Toyo mit dem Proxes CF2 SUV. Als Testwagen dient der auch als Firmen­wagen sehr beliebte VW T-Roc.

Der schlechteste Reifen steht bei einer Vollbremsung eine Dreiviertelwagenlänge später

Sie alle treten an, um den im letzten Jahr überragenden Michelin Primacy zu schlagen. Auf trockener Straße liegt die Latte hoch: Nach zehn ABS-Vollbremsungen aus Tempo 100 setzt sich der Franzose mit gemittelt 36,1 Meter Bremsweg klar an die Spitze. Nur zehn Zentimeter mehr braucht Nokian. Hankook und Bridgestone weitere 20 Zentimeter. Auf rund einen Meter mehr steigt das Bremsweg-Plus bei Goodyear und Falken, bei Nexen und Pirelli kommen gar zwei Meter hinzu. Drei und mehr Meter länger brauchen Nexen, Pirelli, Bridgestone, Toyo, Conti und als Letzter Giti, der erst nach langen 39,3 Metern stoppt.

Topleistungen in allen Trockendisziplinen sowie bei Komfort und Abrollgeräusch setzen den Michelin zunächst klar in Führung. Hankooks Ventus Prime³ kann es nach Punkten genauso gut. Allerdings reagiert die Lenkung des T-Roc mit den Hankook-Reifen deutlich träger. Besonders stark auf trockenem Asphalt sind auch Nokian, Pirelli und Falken, die dem Testwagen überwiegend ein agiles, stets sicheres und fehlerverzeihendes Fahrverhalten bescheren.

Der kosten- und umweltbewusste Flottenmanager berücksichtigt beim Einkauf natürlich das Reifenlabel. Mit gewissen Widersprüchlichkeiten zu den selbst vergebenen Angaben sparen nach den Messungen Michelin, Bridge­stone und Goodyear am meisten Sprit. Pirelli, Giti, Toyo, Hankook und Nexen rangieren im Mittelfeld, während Conti zusammen mit dem nassfesten Nokian den vorletzten Platz beim Spritverbrauch hält.

Den letzten Platz in Sachen Rollwiderstand belegt Falken. Für konstante Fahrt mit gemäßigtem Tempo benötigt der mit dem Falken bereifte VW fast 20 Prozent mehr Energie als mit dem besonders leicht laufenden Michelin. Das kann in der Stadt überschlägig und unter Umständen einem Mehrverbrauch von bis zu einem halben Liter pro hundert Kilometer entsprechen. Auf 20.000 Kilometer hochgerechnet, wären das 100 Liter, die deutlich mehr kosten als die knapp 40 Euro Aufpreis zum Michelin Primacy.

Der Favorit Michelin hat Probleme bei Nässe

Trockenergebnisse top, Bestnoten in Rollwiderstand und Abrollgeräusch – dem Michelin fehlt lediglich ein adäquates Nässeergebnis zum Testsieg. Doch Wasser ist nicht sein Element, und Bremswege um 36,6 Meter sind kein Topergebnis. Die besten Nassbremser im Test, Nokian und Pirelli, bringen den Wagen rund 1,2 Meter früher zum Stillstand. Auch Conti, Goodyear und Hankook bremsen auf Nässe besser als Michelin. Etwas schlechter als der Franzose stoppen Falken, Bridgestone und Nexen. Lange 39 Meter Bremsweg brauchen Giti und Toyo. Ihre Chancen auf vordere Plätze in diesem Test sind somit dahin.

Der Grund: Die Ansprüche an das technisch schwieriger beherrschbare Bremsen bei Nässe gewichtet der Test höher als die Anforderungen an sicheres Bremsen auf trockenem Asphalt.

Warum wir so viel Wert auf sicheres Bremsen legen, ist schnell erklärt: Vor den Lenkreaktionen des Fahrers sind es Bremse und Reifen, die wesentlich und schnell gefährliche Verkehrs­situationen entschärfen können. Nicht nur, weil es dann an erster Stelle darum geht, blitzschnell und effizient Geschwindigkeit abzubauen, vielmehr garantieren wichtige Sicherheitssysteme wie ABS und ESP allein über das Abbremsen von Rädern eine sichere Fahrdynamik des Firmenwagens. Denn letztlich ist es der Reifen, der diese Verzögerungskräfte auf die Fahrbahn übertragen kann.

Aquaplaningvorsorge ist besonders wichtig

Doch natürlich geht es in der abschließenden Nässewertung nicht nur ums Bremsen, sondern auch um die Aquaplaningtests. Hier wird geprüft, ab welcher Geschwindigkeit der Reifen auf stark beregneter Fahrbahn gefährlich aufschwimmt. Der Seitenführungstest zeigt dagegen, wie schnell eine künstlich bewässerte Kurve noch sicher befahren werden kann. Eine ähnliche Bedeutung verdienen die Handlingtests. Auf einem im Grenzbereich und auf Zeit gefahrenen, kurvenreichen Rundkurs sieht sich das Auto vielen regenwettertypischen Gefahren ausgesetzt. Fahrer und Stoppuhr bewerten, wie souverän der Reifen damit zurechtkommt.

Mit ausgezeichneten Aquaplaningeigenschaften und bestem Längsgrip fährt hier Conti weit nach vorn, Nokian knickt bei besserem Bremsen etwas im Quer-Aquaplaning ein, folgt aber dichtauf. Goodyear schwächelt in der Seitenführung und kommt im Nässe-Ranking auf Platz drei, gefolgt von Pirelli, Goodyear und Bridgestone, die mit kleinen Schönheits­fehlern in ihrer Test-Vita nur Plätze neben dem Podest finden. Und der Rest? Mit Ausnahme der etwas wasserscheuen Produkte von Giti, Toyo und Nexen haben die übrigen Hersteller ihre Hausaufgaben sichtlich ernst genommen.

Ist damit schon alles klar? Michelin oder Conti sind vorn, oder? Sind sie nicht! Für die Topbewertung "Sehr gut" fehlen dem Michelin Primacy ein paar Punkte aus den Tests auf nasser Straße. Auch Conti kann sich mit dem Premium Contact 5 nicht mehr wirklich behaupten.

Am Ende teilen sich Michelin, Bridgestone und Nokian den ersten Platz, wobei jeder für sich einen eigenen kleinen Schwerpunkt setzt. Doch auch die Reifen von Goodyear, Hankook, Pirelli und Continental fahren sich das Testurteil "gut" ein, wobei der Conti trotz guter Nassleistung in diesem Test primär an zu langen Bremswegen auf trockener Piste scheitert. Das eigentliche Fazit dieses Tests aber lautet: Abgesehen vom japanischen Toyo gibt es keinen wirklichen Ausreißer. Flottenmanager tun trotzdem gut daran, sich bei der Reifenwahl an den Premiummarken zu orientieren.

Die Testräder

Alle Testreifen wurden auf Borbet-W-Räder der Größe 7 J x 17 aufgezogen. Sie sind extrem leicht und somit Benchmark beim Thema Gewichtseinsparung. Preis: ab 73 Euro (15 Zoll). Die silbernen 17-Zöller kosten 96 Euro.

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