Renault Mégane E-Tech (2022) Test Vom Kombi zum Crossover

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Elektrisch angetrieben und cool gestylt: Der Renault Mégane wandelt sich vom Brot-und-Butter-Flottenauto zum schicken Geschäftswagen für User-Chooser.

Noch drei Jahre, dann ist Schluss für den jetzigen Mégane mit Diesel- und Benzinmotor. Parallel zum bewährten Fünftürer und Kombi kann man ab Februar 2022 den neuen Mégane E-Tech bestellen. Das Crossover-Modell wird es mit 130 PS und 42-kWh-Akku (300 km Reichweite) sowie 218-PS-Motor und 63 kWh großem Akku sowie bis zu 470 km Reichweite geben. Das Basismodell dürfte nach Abzug der Umweltprämie rund 20.400 Euro netto kosten.

Der Elektro-Mégane ist 4,20 Meter lang und damit 16 Zentimeter kürzer als der bisherige Fünftürer. Und er ist das erste Modell der von Firmenchef Luca de Meo ins Leben gerufene Strategie Renaulution. Als Basis nutzen die Franzosen die größere der beiden Konzern-Elektroplattformen, auf der etliche weitere Modelle folgen sollen, darunter ein Nachfolger des Scénic sowie der Nissan Ariya, der den Leaf ablöst.

Kernstück der in Länge und Höhe skalierbaren Elektroarchitektur ist eine neue, flache Batterie. Sie hat eine 20 Prozent höhere Energiedichte als die des Zoe, ist deshalb nur halb so hoch und füllt den Boden fast komplett aus. Das verlegt den Schwerpunkt im Vergleich zum aktuellen Mégane um neun Zentimeter nach unten – gut fürs Handling – und bringt Platz im Innenraum. So sitzt man sportlich, passend zum Auftritt des Autos mit 18 oder 20 Zoll großen Rädern, kurzen Überhängen und nur 1,50 Meter flacher Karosserie. Außerdem wiegt der der E-Antriebsstrang laut Renault gute 100 Kilo weniger als bei Konkurrenten wie VW ID.3 oder Cupra Born.

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Je nach Batterie und Motor lädt der Renault Wechselstrom mit 7,4 oder 22 kW und an Gleichstromstationen mit 130 kW.

Wie oft werden die Autos geladen, wie reagieren die Akkus, wie weit fahren die Besitzer täglich? Renault beantwortet diese Fragen mithilfe der Daten, die 400.000 verkaufte Elektroautos über zehn Milliarden Kilometer in die Zentrale funkten. So kristallisierte sich eine Kernanforderung heraus: Der neue Stromer soll 500 Autobahnkilometer mit einem kurzen Ladestopp in fünf Stunden schaffen.

Dass die Franzosen nur die 400-Volt- und nicht wie Kia und Hyundai im EV6 und Ioniq 5 die schnelle 800-Volt-Technik verwenden, ist halb so schlimm. Abgesehen von der Einstiegsversion mit kleiner Batterie, die nur Wechselstrom lädt, pumpt auch der Mégane am Schnelllader in 30 Minuten Strom für 300 Kilometer in den Akku. Außerdem stehen in Innenstädten und auf dem Land sowieso vorwiegend AC-Säulen mit 22 kW Wechselstrom. Dieses Potenzial der öffentlichen Ladeinfrastruktur nutzt der Renault mit seinem 22-kW-Bordlader (Basismodell: 7,4 kW) optimal aus.

Obwohl der neue E -Motor eine 90 Prozent höhere Leistungsausbeute hat als der des Zoe, ist er ein Drittel kleiner. So konnten beispielsweise die Klimaanlage direkt am Motor angeflanscht und ein weniger tiefes Armaturenbrett verbaut werden. Ein paar Zentimeter hier und da: Im Ergebnis fühlt man sich wie in einem Auto der Mittelklasse, trotz der sehr kompakten Abmessungen. Was die Beinfreiheit auf der Rückbank angeht, können selbst längere E-Autos wie Mazda MX-30 oder Mercedes EQA nicht mithalten. Auch die 420 Liter Kofferraumvolumen übertreffen das Norm-Maß der Kompaktklasse deutlich.

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Cockpit mit großem Bildschirm in der Mitte.

Der aufgeräumte Innenraum verzichtet auf übertriebene Spielereien. 27 Kilogramm der Cockpitteile sind aus recycelten Kunststoffen gefertigt, die Sitze auf Wunsch mit wiederverwertetem, wollartigem Stoff bezogen und der neue E-Motor verzichtet auf seltene Erden. 95 Prozent des Fahrzeugs sollen sich am Ende seines Lebenszyklus wiederverwerten lassen. Erstmals seit dem Vel Satis verbaut Renault in einem Innenraum wieder echtes Holz.

Bedient wird der Wagen im Wesentlichen über einen 12,3 Zoll großen Bildschirm im Hochformat, eine Tastenleiste oder per Sprache. Wie Volvo setzt Renault auf ein Android-Bediensystem von Google, das über Updates over the air auf neuestem Stand bleibt. Außerdem gibt es 40 für die Nutzung im Auto konzipierte Apps wie Musikdienste, Wetterinfos, Nachrichten und vieles mehr. Noch versteht der Renault nur einige wenige fahrzeugbezogenen Sprachbefehle ("Schalte die Sitzheizung ein"). Dafür kann er zuverlässig unterscheiden, ob Fahrer oder Beifahrer einen beheizten Sitz wollen.

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Noch besser funktioniert die gesprochene Zieleingabe bei der Navigation. Wenige Autos planen und berechnen Routen so schnell und einfach, samt Ladestopps und Infos, ob Stromstationen frei sind. Allerdings nervt das System mit zu vielen Ansagen und im Ausland mit dem Google-typischen mehrsprachigen Kauderwelsch.

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Alternativ kann man sich die Navikarte ins Sichtfeld spielen.

Erfreulicherweise setzt Renault weiterhin auf den kleinen Sateliten hinterm Lenkrad, über den die Aufioanlage bedient wird. Laut, leise, Sendersuche und mehr hat man nach ein, zwei Tagen Praxis völlig intuitiv drauf. Das 12-Zoll-Display hinterm Lenkrad mit den üblichen Fahrinfos oder der Navikarte liegt gut im Blick. Deshalb haben wir auch ein Head-up-Display nicht vermisst. Die Übersicht passt, das Fahrgefühl ebenso. Der Mégane fährt sich agil, liegt satt auf der Straße und macht mit seiner sehr direkten Lenkung vor allem auf kurvigen Strecken Spaß. Wer’s mag, schaltet den Tempomat ein und lässt den Wagen selbständig bremsen und beschleunigen. Ganz verlassen sollte man sich aber nicht aufs teilautonome Fahren. Stoppschilder erkennt die Kamera nicht, sodass der Wagen im Zweifel ungebremst in eine Kreuzung rast.

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In dem von uns gefahrenen 220-PS-Modell zerren bis zu 300 Nm an den Vorderrädern, die auf feuchter Straße schnell an die Grenze der Traktion kommen. Helfen würde ein Allradantrieb. Der ist technisch möglich, aber derzeit noch nicht geplant. Für normale Einsätze sollte die 130-PS-Variante völlig genügen, wobei es die ausschließlich mit dem kleineren Akku und ohne 130-kW-Bordlader gibt.

Was uns sonst auf der ersten kurzen Runde auffiel? Der kleine Wendekreis von nur 10,5 Metern, die für Menschen mit langen Beinen zu kurzen Sitzflächen sowie die gute Geräuschdämmung. Der sehr leise Mégane könnte schaffen, was wenigen kleinen E-Autos dieses Formats gelingt: die Eigenschaften eines wendigen kleinen Cityflitzers mit Fahrspaß und Langstreckentauglichkeit zu kombinieren.

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