Riskmanagement Den Unfallursachen auf der Spur

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Im Riskmanagement ist nach dem Unfall vor dem Unfall. Damit Fuhrparkleiter aus einem Schaden die richtigen Lehren ziehen, ist eine gründliche Analyse der Ursachen gefragt.

Risikomanagement im Fuhrpark ist manchmal aufregender als jeder ­Krimi. Allerdings braucht ein Unternehmen nicht gleich einen Detektiv vom Schlage eines Philip Marlowe zu engagieren, um den Ursachen eines Unfalls mit dem Dienstwagen und ihrer Ab­hilfe auf die Spur zu kommen. Mit Rückendeckung der Geschäftsführung kann auch der Fuhrparkleiter diesen Job übernehmen.

Gerade bei vertrackten Fällen hilft jedoch kriminalistisches Gespür bei der Analyse. Was ist zum Beispiel davon zu halten, wenn der Mitarbeiter auf seinen Dienstfahrten stets eine tadellose Fahrleistung abliefert, im Parkhaus dagegen immer wieder gegen Säulen und Poller schrammt? Oder wenn die Zahl der Auffahrunfälle mit einem bestimmten Fahrzeugmodell bei Regen auffällig ansteigt? "Fuhrparkleiter sollten auch quer denken", rät Bernd Kullmann, Fuhrparkmanager bei der Ideal Versicherungsgruppe und Vorstandsmitglied im Bundesverband Fuhrparkmanagement. Im ersten Fall hält er es für möglich, dass der Mitarbeiter eine leichte Sehschwäche hat. Er würde dem Kollegen daher einen Sehtest beim Augenarzt empfehlen.

Im zweiten Fall könnte es sein, dass der Dienstwagen bei widrigem Wetter nicht die vom Fahrer erwartete Bremsleistung entwickelt. Risikomanagement kann dann bedeuten, das Auto aus der Zulassung für den Fuhrpark zu streichen.

Unfallträchtige Tage liegen meist in der Wochenmitte

Erfolgreiche Detektivarbeit im Fuhrpark setzt handfeste Daten zum Unfallgeschehen voraus. Der Fuhrparkleiter braucht für eine Analyse sämtliche Informationen zu den Schäden, die in seinem Fuhrpark vorkommen. Allein aus Daten wie Wochentag, Uhrzeit und Wetter lassen sich Erkenntnisse gewinnen. Bernd Kullmann hat die Erfahrung gemacht, dass unfallträchtige Tage häufig in der Wochenmitte liegen.

Dahinter steht die Logik, dass sich die Mitarbeiter am Anfang der Woche entspannt ans Steuer setzen, Termindruck und Stress in den folgenden Tagen aber deutlich zunehmen. "Risikomanagement kann hier bedeuten, dass das Unternehmen den im Vertrieb häufig auf den Freitag fallenden Bürotag auf den kritischen Donnerstag legt", beschreibt Kullmann seinen Querdenker-Ansatz.

Manchmal steigt der Druck zu stark

Auch das Arbeitsumfeld kann beim Risikomanagement eine Rolle spielen. Daher sollten Lenkzeiten und Kilometerleistung des Fahrers analysiert werden. "Ein Außendienstmitarbeiter, der 140 Stunden im Monat am Lenkrad sitzt, ist ein Kraftfahrer und kein Vertriebsmann", weiß Bernd Kullmann. Bisweilen sorgt im Vertrieb eine missliche Auftragslage für Stress. Wenn die Zahlen nicht stimmen, wächst der Druck, möglichst viele Termine bei Kunden zu arrangieren. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, den Terminkalender des Mitarbeiters auf den Prüfstand zu stellen. Eventuell sollte die Zahl der Termine reduziert oder die Tourenplanung optimiert werden. Auch durch die Vermeidung von Fahrten lassen sich Risiken reduzieren. Anstatt sich nach einem langen Arbeitstag noch für die nächtliche Heimfahrt ans Steuer zu setzen, könnte der Fahrer einen Zwischenstopp mit Übernachtung im Hotel einlegen.

In kritischen Situationen ist besonders viel Fingerspitzengefühl gefragt

Und wenn die Analyse ergibt, dass Termine und Arbeitszeiten im üblichen Rahmen liegen? Die Ursachen für Auffälligkeiten können auch im privaten Umfeld des Mitarbeiters liegen. In Betracht kommen zudem medizinische Indikationen. Erschweren ein verspannter Nacken oder eine verdrehte Wirbelsäule dem Fahrer den Schulterblick, dann ist vielleicht der Weg zum Amtsarzt die richtige Lösung.

Hier wie dort gilt allerdings, dass der Fuhrparkleiter besonderes Fingerspitzengefühl an den Tag legen sollte, um den Mitarbeiter in kritischen Situationen zu erreichen. "Im Risikomanagement ist die persönliche Ansprache enorm wichtig. Der Umgang mit den Fahrern sollte von Wertschätzung geprägt sein, ideal sind regelmäßige Fahrerbesprechungen sowie Mitarbeiter- und Unfallanalysegespräche", erklärt Werner Aichinger, Risikomanager für das Flottengeschäft bei der Allianz.

Sein Tipp: Fuhrparkleiter sollten die Mitarbeiter dafür sensibilisieren, dass sich selbst kleinere Schäden zu beachtlichen Summen auswachsen können. "Trotz Versicherungsschutz bleiben bei jedem Unfall Kosten am Unternehmen hängen. Dazu gehören die Selbstbeteiligung in der Teil- und Vollkaskoversicherung, höhere Versicherungsbeiträge durch die Rückstufung, Mietwagenkosten sowie indirekte Kosten wie Arbeitszeitverlust bei der Unfallabwicklung und Wertminderung des Dienstwagens. Im Schnitt addieren sich diese Kosten bei einem Unfall mit dem Dienstwagen auf bis zu 1.500 Euro", berichtet Aichinger.

Fahrertraining als Vorsichtsmaßnahme

Auch ein gewisser Druck kann dabei helfen, die Risikoneigung der Mitarbeiter zu verringern. Bei leichten Schäden könnte der Fuhrparkleiter den Mitarbeiter erst zum Vier-Augen-Gespräch laden, bevor dann in der nächsten Stufe Vorgesetzte und Geschäftsführung über das Fehlverhalten informiert werden.

Bei schwereren Unfällen kann man regeln, dass der disziplinarische Vorgesetzte über den Schaden informiert wird. Auch Fahrtraining ist eine gute Möglichkeit, Mitarbeiter zum achtsameren Umgang mit dem Dienstwagen zu bewegen. "Für gestandene Vertriebsmitarbeiter ist es fast die Höchststrafe, wenn sie wegen mehrerer Parkschäden zum Fahrtraining geschickt werden", sagt Kullmann.

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Welchen Rat geben Sie Ihren Kunden für ihr Risikomanagement in der Flotte?

Das A und O ist eine exakte Unfallanalyse. Fallen die Schäden vor allem in Phasen der privaten Nutzung an, ist es vielleicht der Filius, der gerade seine ersten Erfahrungen mit dem Dienstwagen macht. In solchen Fällen gehört die komplette Car Policy des Unternehmens auf den Prüfstand. Eventuell bietet sich eine Einschränkung an, die die private Nutzung durch Familienmitglieder nur mit einem bestimmten Alter und der entsprechender Fahrpraxis erlaubt.

Wie steht es mit Schäden bei dienstlichen Fahrten?

Stellschrauben gibt’s bei mittlerer und grober Fahrlässigkeit. Denkbar wäre es, dem Dienstwagenfahrer die Übernahme der Selbstbeteiligung aufzuerlegen.

Eine goldene Regel für Fuhrparkleiter?

Setzen Sie beim Risikomanagement auf Kommunikation und Transparenz. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten, etwa das Schwarze Brett, das Intranet oder die Mitarbeiterzeitung. Informieren Sie die Mitarbeiter über die Versicherungskosten im Fuhrpark. Und sensibilisieren Sie die Kollegen dafür, dass auch bei einem vermeintlich leichten Blechschaden die tatsächlichen Kosten fürs Unternehmen häufiger ein Mehrfaches der Reparaturkosten betragen können.