Geschäftswagenklassiker Ford Scorpio Kampf im Schwergewicht

Ford Scorpio Foto: Ford 7 Bilder

Mit dem Scorpio kämpfte Ford einst in der oberen Mittelklasse. Mit guter Performance, aber verfehlter Taktik. Das Abenteuer endete mit einem blauen Auge.

Modellwechsel bei Ford hatten in den Achtzigern was von Kirmesboxen. Grundprinzip dieser Disziplin: Das eigene Publikum wird zum Dank fürs Kommen ordentlich vermöbelt. Hatte man 1982 bereits die konservative Taunus-Kundschaft mit dem futuristischen Sierra brüskiert, wurden die Anhänger der höheren Klasse drei Jahre später in den Ring geholt: Adieu Granada, willkommen Scorpio.

Das neue Flaggschiff kam zwar zunächst mit den modifizierten 1,8 bis 2,8 Liter großen Benzinmotoren seines Vorgängers, folgte aber optisch dem Sierra: Kaum Chrom, alles glatt, viel Kunststoff. Dass der Gesamtabsatz bei weit unter einer Million bleiben sollte, lag aber nicht daran. Das Problem saß in der Chefetage von Detroit. Dort hatte man mit der Idee, zunächst nur auf eine Schrägheckvariante zu setzen, den vielzitierten Griff ins Klo geradezu perfektioniert. Ein Gespräch mit Kollegen bei Saab (über den 900) oder VW (Passat) hätte vermutlich genügt, um einzusehen, dass ein Schrägheck alleine in Europa nicht ausreicht. Franzosen und Engländer wollen nun mal ihr Stufenheck, die Deutschen den Kombi. Beide schob Ford nach, 1989 beziehungsweise 1992. Zu spät. Die Konkurrenz (Opel Omega Caravan, Mercedes T-Modell, Audi 100 Avant) hatte sich da schon richtig warm geboxt.

Riesige Karosserie und Platz ohne Ende

Technisch aber erlebten Scorpio-Kunden großen Sport. So bot die Ausstattung das erste serienmäßige ABS in einem Großserienauto. Eine Weltneuheit war die heizbare Frontscheibe. Im Fond saßen die Passagiere schon außerhalb der Rufweite des Fahrers, so großzügig waren die Platzverhältnisse. Die Laderaumtiefe erreichte bis zu 1,70 Meter. Für die opulente Ghia-Ausstattung gab es zusätzlich elektrisch verstellbare Rücksitzlehnen, Kaschmirbezüge und hintere Kopfhörerbuchsen. Das Dach schien auf filigranen Säulen zu schweben, die Rundumsicht war richtig gut. Komfort und die Fahreigenschaften ernteten von Kunden und Testern durchweg Lob. Fast schon folgerichtig erboxte sich der Scorpio 1986 den Titel "Auto des Jahres".

Apropos Show: Nicht nur im Schaustellergewerbe genoss der Wagen einen exzellenten Ruf. Ebenso bei Campern und Pferdebesitzern. Die eingetragenen Anhängelasten erreichten je nach Modell mehr als 1,8 Tonnen, womit der Scorpio die Konkurrenz in die Seile schickte. Den nächsten Kinnhaken kassierte die Kundschaft erst mit dem Modellwechsel 1995 beim Anblick der zweiten Serie des Scorpio, von Markenkennern "Wal" getauft. Sie floppte aufgrund einer für europäische Verhältnisse recht bizarren Optik. Drei Jahre später warf Ford das Handtuch und holte den Scorpio aus dem Ring. Gerade noch mal davongekommen, mit blauem Auge.