Scheinwerfer werden zu Assistenten Information von der Straße lesen

Mercedes-Maybach S-Klasse: DIGITAL LIGHT Foto: Mercedes-Benz

Im Firmenwagen der Zukunft projiziert der Scheinwerfer Warnhinweise auf die Fahrbahn und wird so zum vollwertigen Assistenzsystem. 

Halogen, Xenon, LED, Laser: In dieser Reihenfolge kamen Autoscheinwerfer auf den Markt. Vorgabe an die Ingenieure war jeweils: heller, weiter, blendfreier und weniger Energieverbrauch. »In Europa ist Halogen nach wie vor das am weitesten verbreitete Licht«, sagt Claus Allgeier, Lichtexperte bei Osram. Dabei leuchtet schon Xenon dreimal so hell. Das aber hat sich nicht durchgesetzt.

Die Zukunft gehört dem LED-Licht. Spätestens 2020 wird es Halogen überholen. Da sein weißes Licht dem der Sonne nahekommt, sind Nachtfahrten weniger ermüdend, sagt Allgeier. Schon seit 2013 bringt Audi im A8 Scheinwerfer mit Matrix-LED. Bei dieser Technologie ist das Fernlicht immer eingeschaltet. Das funktioniert, da eine LED aus vielen Lichtpunkten besteht, die einzeln an- und ausgeschaltet werden können. Matrix-Licht wird immer mit einer Kamera kombiniert. Die scannt die Umwelt, erkennt vorausfahrende oder entgegenkommende Autos oder auch Fußgänger am Zebrastreifen. Um die nicht zu blenden, schaltet ein Steuergerät einzelne Lichtpunkte ab. So passt sich der Lichtkegel automatisch den Ver­kehrs­gege­ben­hei­ten an. Steigern lässt sich das Ganze mit Laserlicht. Das hat eine große Reichweite. Deshalb bietet es sich als Fernlicht in Kombination mit LED an.

Die Lichtstärke ist schon optimal. Jetzt geht’s um die Lichtverteilung

"LED ist zurzeit die beste Lichtquelle, Matrix-Systeme sind aktuell das Beste vom Besten hinsichtlich der Funktionalität", sagt Michael Kleinkes, Leiter Entwicklung Lichttechnik bei Hella. Der Automobilzulieferer gehört weltweit zu den größten Herstellern von Lichtsystemen. "Bis zur Einführung der Frontkameras im Jahr 2009 waren Autos sozusagen blind, wenn es um die Steuerung von Licht ging." Davor wurden Funktionen wie Abbiegelicht mechanisch mittels Motoren eingestellt, aktiviert wurden sie über Lenkwinkelveränderungen. In den einfachsten Versionen knipste der Wagen beim Abbiegen einfach die Nebelscheinwerfer an und leuchtete so in die Kurve.

In der nächsten Entwicklungsstufe geht es nicht mehr nur um mehr Licht. "Bei der Menge, die wir erreicht haben, kommen wir in den Bereich der Sätti­gung", so Kleinkes. Es gehe darum, die Auflösung zu erhöhen und neue sicherheitsrelevante Funktionen zu integrieren.

Das im Mercedes E-Klasse oder CLS eingesetzte digitale Multibeam-Licht hat 84 einzeln angesteuerte Lichtpunkte. Derzeit arbeitet Daimler an hochauflösenden Lichtsystemen mit 1,3 Millionen Pixeln pro Scheinwerfer, die schon bald auf den Markt kommen, sagt Stefan Töpfer, Lichtexperte bei Daimler. Damit lassen sich einzelne Stellen vor dem Auto noch gezielter ausleuchten. Dabei kommt der Kamera eine wichtige Rolle zu. Sie liefert Informationen, die für neue Assistenzfunktionen verwendet werden. Schon jetzt kann der ­Mercedes Maybach Warnsymbole auf die Fahrbahn projizieren. Den notwendigen Sicherheitsabstand etwa oder Lichtpfeile, die den Fahrer durch enge Baustellen leiten. Um andere Verkehrsteilnehmer nicht zu irritieren, sind die Warnsignale nur für den Fahrer sichtbar.

Außerdem sollen die Scheinwerfer der Zukunft mit der Außenwelt kommunizieren. Mit Fußgängern am Straßenrand etwa. Sobald das Auto den Passanten erkennt und der Fahrer bremst, beleuchtet ein Zebrastreifen die Straße. "Digitale Scheinwerfer sind eine unglaubliche Innovation", sagt Töpfer. Für neue Funktionen muss lediglich die Software angepasst werden

Das Auto begrüßt mit einer Lichtsymphonie

Der neueste Schrei bei den Heckleuchten sind OLED. Die leuchten nicht wie LED punktförmig, sondern in der Fläche und sie lassen sich stufenlos dimmen. So wird das folgende Fahrzeug an der Ampel nicht geblendet.

Neben all diesen Funktionalitäten dient Licht der Emotionalisierung. Das nutzen Designer in der Anordnung der LED. So erkennt man schon von Weitem an den Augen des Fahrzeugs, von welchem Hersteller es kommt. Aktuellstes Beispiel für Lichtspielereien ist der neue Audi A7 Sportback. An dem Wagen leuchtet hinten ein durchgehendes LED-Lichtband. Frontscheinwerfer und Rücklichter begrüßen und verabschieden den Fahrer mit einer spektakulären Lichtinszenierung. Die ist so beeindruckend, dass man gerne einmal mehr die Türen öffnet und schließt.