Schlüsselloses Zugangssystem Fahrzeuge öffnen per Smartphone

Safe Drive Ennoo digitaler Fahrzeugschlüssel auto öffnen per app Foto: Safe Drive Ennoo

Ein reibungslos funktionierender Fahrzeugpool setzt ein intelligentes Schlüsselsystem voraus. Wie der Fahrdienstanbieter Safe Driver Ennoo den 500 Mitarbeitern Zugang zu 150 Autos an drei Standorten ermöglicht.

Dass Mobilitätsplattformen wie Uber in Deutschland nicht so recht in Schwung kommen, liegt in erster Linie an der Gesetzgebung. Ein Personenbeförderungsschein ist heutzutage zwar kein großer Aufwand mehr: ein ärztliches Attest, ein lupenreines polizeiliches Führungszeugnis – fertig. Allerdings ist es in Deutschland vollkommen ausgeschlossen, ein privates Fahrzeug als Uber-Taxi einzusetzen. Im Gegenteil: "Man muss tatsächlich Mietwagen- oder Taxiunternehmer sein, um ein Auto zu konzessionieren, also für gewerbliche Fahrten anbieten zu können", erklärt Ennoo-Bereichsleiter Christoph Biastoch.

Die Macher von Safe Driver sahen darin eine Geschäftsidee und gründeten die Urban-Mobility-Sparte Ennoo. "Für den Status des Mietwagenunternehmers muss man vor der IHK eine Sach- und Fachkundeprüfung ablegen. Das ist für viele eine große Hürde. Safe Driver Ennoo ist ein konzessionierter Mietwagenunternehmer und stellt den angestellten Fahrern Autos und Arbeitsmittel im Einklang mit allen Gesetzen zur Verfügung", sagt Biastoch. Den Ennoo-Gründern stellte sich noch eine Frage: Wie ermöglicht man den vielen Fahrern den Zugang zu den Autos?

Je rund 50 Fahrzeuge umfassen die Flotten in Berlin, München und Düsseldorf. Standorte in weiteren Städten sind bereits in Planung. Gut 400 Fahrer klemmen sich täglich im Auftrag von Ennoo hinters Steuer und kutschieren im Schichtbetrieb Fahrgäste durch die deutschen Metropolen. Im Schnitt wird jedes Auto täglich von drei Mitarbeitern bewegt. Eine Früh-, eine Spätschicht, ein weiterer Fahrer übernimmt Sonderfahrten. "Wir haben bewusst entschieden, den Fahrern keine festen Autos zuzuordnen, damit erst gar nicht der Gedanke an ein ,Stammfahrzeug‘ aufkommt", sagt Biastoch.

Wie aber kommen die Fahrer an die Schlüssel? "Unsere Autos stehen in privaten Tiefgaragen, doch dort ist es oft unmöglich, Schlüsselkästen sicher zu montieren", erklärt Biastoch. "Die meisten Schließsysteme sind umständlich einzubauen, weil sie auf die Fahrzeugelektronik zugreifen müssen. Wir leasen unsere Autos, daher wollten wir eine einfachere Lösung", so Biastoch.

Fündig wurde Safe Driver schließlich bei Witte Digital. Der Automobilzulieferer verbaut eine Box mit dem originalen Fahrzeugschlüssel im Kofferraum­boden, wo sie keinen Platz wegnimmt. Tippt der Fahrer in der zugehörigen App auf "Öffnen", drückt ein mechanischer Stift in der Box auf den Schlüssel, wie es eben auch der menschliche Daumen machen würde. Gleiches beim Verriegeln. Jeder Autoschlüssel ist anders geformt, daher ist auch jede Box dem Automodell und dem Schlüssel angepasst.

Der Fahrdienst setzt ausschließlich den Toyota Auris Touring Sports Hybrid ein. Vorwiegend, weil die Hybride umweltfreundlich sind und wenig verbrauchen. Praktisch sei auch die 12-Volt-Steckdose im Kofferraum. Die Witte-Box verfügt zwar über einen Akku, doch Biastoch fühle sich wohler, wenn die Box laufend am Strom hängt.

Safe Drive Ennoo Foto: Safe Drive Ennoo
"Es würde mehrere Stunden dauern, ein Auto zu hacken. Und dann könnte man auch nur dieses eine Fahrzeug öffnen."

Per Bluetooth kommunizieren Smartphone und Box miteinander. "Das war uns wichtig. In Tiefgaragen haben Handys kein Funksignal und somit keinen Internetempfang", so Biastoch. Der Fahrer muss sich allerdings einmalig die Zugangsberechtigung downloaden, bevor der Administrator über ein Onlineportal die Fahrzeugnutzer freigibt. Per E-Mail bekommen sie eine Einladung zugeschickt. App herunterladen, Passwort festlegen, schon kann’s losgehen. Besonders praktisch ist es, wenn das Auto mit Keyless-Go ausgestattet ist. Weil die Box das Funksignal des Schlüssels nicht abschirmt, kann der Fahrer den Wagen per Knopfdruck starten – der Schlüssel bleibt in der Truhe.

Um die Sicherheit vor Diebstählen zu gewährleisten, arbeitet Witte Digital mit Dr. Timo Kasper zusammen. Der Bochumer Sicherheitsforscher wurde bekannt dafür, dass er vor zwei Jahren mit anderen Sicherheitsexperten Schwachstellen in den Funkschlüsseln nahezu aller Marken des VW-Konzerns aufdeckte. "Unser System wird laufend weiterentwickelt. Es würde mehrere Stunden dauern, ein Auto zu hacken. Und dann könnte man auch nur dieses eine Fahrzeug öffnen", versichert Vertriebsleiter Mario Schwarz. Sollte dennoch ein Wagen abhandenkommen, ist er über Witte versichert, sofern sich der Schlüssel in der Box des Autos befand.

Über Software und Vermittlungs-App behalten die Disponenten den Überblick über die Flotte: Sie prüfen laufend Position und Tour des Fahrers und erkennen schnell, wer den nächsten Auftrag übernehmen kann. "Der Fahrer muss nach seiner Fahrt zum Betriebssitz zurückkehren, das besagt das veraltete Personenbeförderungsrecht aus dem Jahr 1983 in Bezug auf den Mietwagenverkehr. Das soll Mietwagen von Taxen abgrenzen. Die Nachfrage nach Urban Mobility ist aber so groß, dass es faktisch immer gleich zu einer Anschlussfahrt für den Fahrer kommt", sagt Biastoch. Die Nachfrage nach neuen Mobilitätsdiensten ist ständig steigend, jetzt sollte auch das Angebot erleichtert werden.

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