Jetzt macht der Seat Ibiza nicht nur dem VW Polo Konkurrenz, auch der große Bruder Leon muss aufpassen. Schließlich ist der neue Ibiza kaum kleiner und fährt mit sparsamen Dreizylindern vor.
Der Polo ist Ihnen zu spießig? Der Octavia zu brav? Dann schauen Sie doch mal wieder beim Seat-Händler vorbei. Dort steht jetzt der neue Ibiza. Mit dem alten Modell hat der Neue nichts mehr am Hut. Nach fast zehn Jahren Bauzeit war der Modellwechsel längst überfällig. Im Showroom müssen Sie aber genau hinsehen, bis auf die Scheinwerfer sieht der Ibiza dem Leon zum Verwechseln ähnlich. Am Preisschild hinter der Scheibe stehen deutlich kleinere Zahlen: Das Einstiegsmodell Ibiza 1.0 MPI gibt’s ab 10.495 Euro (alle Preise netto), der Leon kostet mindestens 17.016 Euro (1.0 TSI). Soll es auch beim Ibiza der 115 PS starke 1.0 TSI sein, sparen Sie knapp 2.000 Euro. Dabei kommt der Ibiza mit seinen nun 4,06 Metern dem Leon (4,25 Meter) bedrohlich nahe, was einen einfachen Grund hat.
Wie der neue Polo steht die fünfte Ibiza-Generation auf der neuen MQB-A0-Plattform des VW-Konzerns. Beide Modelle haben nun einen entscheidenden Vorteil: Sie wachsen geringfügig, bieten innen aber deutlich mehr Platz. Die Ellenbogen können wir ausfahren, der Ibiza ist neun Zentimeter breiter geworden. Hinterm Steuer kommen wir uns jetzt mehr wie in einer Kompaktklasse vor. Vorder- und Hinterräder zieht Seat ebenfalls ein Stück auseinander, weshalb wir auf der Rückbank deutlich mehr Beinfreiheit haben. Wie sehr der Ibiza gewachsen ist, verdeutlicht vor allem der Kofferraum: 365 Liter Gepäck bringt der Kleinwagen nun unter. Das packt der größere Leon (275 Liter) bei weitem nicht. Kleiner Tipp: Investieren Sie die 163 Euro in den doppelten Ladeboden, sonst kämpfen Sie täglich mit der tiefen Kofferraummulde und irgendwann auch mit Kreuzschmerzen.
Rund 400 Euro sparen Ibiza-Kunden, wenn sie dem Seat den Vorzug vor dem baugleichen Polo geben. Stellt sich die Frage, was der Polo besser kann, oder was dem Ibiza fehlt. Größter Makel beim kleinen Spanier ist sein Hartplastik-Cockpit. Türverkleidung, Mitteltunnel, Armaturenbrett: Egal wo wir den Daumen hineindrücken, da gibt nichts nach. Er ist ausschließlich aus hartem Kunststoff zusammengeschustert. Bohren Sie aber die ganze Fahrt über Ihre Finger ins Armaturenbrett? Wir jedenfalls nicht. Man sieht ihm die kleine Sparmaßnahme auch nicht an. Zumindest in den beiden teureren Ausstattungslinien Xcellence und FR mischt Seat das schwarze Hartplastik gekonnt mit farbigen Dekoreinlagen und Chromverzierungen. Das digitale Instrumentenfeld fehlt in der Preisliste. In dieser Klasse wohl für die meisten Kunden aber ohnehin unnötiger Schnickschnack.
Viel wichtiger ist der acht Zoll große Touch-Bildschirm fürs Infotainment. Wie im Polo liegt er hinter einer Glasscheibe, allerdings ein paar Zentimeter tiefer unterhalb der Lüftungsdüsen – nicht so sehr im Blickfeld des Fahrers, dafür aber perfekt auf Armhöhe. Selbsterklärend und simpel tippen wir uns durchs System. So easy wie bei einem Tablet oder Smartphone. In der großen Ablage vor dem Schalthebel laden Smartphones induktiv. Einen der beiden USB-Ports nutzen wir, um unsere Smartphone-Apps via Apple Car Play, Android Auto oder Mirror Link auf den Display zu spiegeln.
Der wohl größte Unterschied zwischen Polo und Ibiza ist das Design. Modern sehen beide aus. Während der kleine VW aber weiterhin konservativ und schlicht daherkommt, versucht es der Seat mit ein paar Sicken und Kanten im Blech auf sportlich-dynamisch. Ibiza und Polo teilen sich auch die komplette Motorenpalette. Einstiegsmotor ist ein Saugbenziner mit 65 und 75 PS. Aufgeladen bringt es der Dreizylinder auf 95 und 115 PS. Hört sich heutzutage alles nach nicht viel an, reicht im Alltag aber aus. Topmotorisierung ist der 150 PS starke 1.5 TSI. Diesel-Modelle folgen in den nächsten Monaten, spielen in dieser Liga aber eher eine Randnotiz. Heißester Flottenkandidat dürfte die ab Oktober erhältliche Erdgasvariante 1.0 TGI mit 95 PS sein. Die ist nicht nur umweltschonend, sondern endlich auch preislich attraktiv. Denn Seat verspricht schon jetzt einen Nachlass von 2.000 Euro, die sogenannte Zukunftsprämie.
Wer keine CNG-Tankstelle in der Nähe hat, dem empfehlen wir den 115 PS starken 1.0 TSI. Per Startknopf springt der Einliter-Motor an. Er läuft erstaunlich ruhig und leise. Ruckelt nicht im Stand wie viele seiner Dreizylinder-Kollegen. Nur wenn wir ihn richtig fordern, knurrt er typisch dreizylindrig. Ansonsten übertönen ihn selbst die Abrollgeräusche der Räder. Auf Kurvenstraßen macht uns der Seat richtig Laune. Er spricht schnell an und bleibt bei höheren Drehzahlen durchweg kraftvoll. Leichtgängig und passgenau flutscht der Schalthebel durch die Gassen der Sechsgang-Box (7-Gang-DSG für 1.260 Euro). Feinfühlig und präzise arbeitet auch die Lenkung. Mit größerem Radstand federt der Seat geschmeidiger ab als früher. Auch auf der Straße zeigt der Ibiza jetzt Größe.