Synthetische Kraftstoffe E-Fuel statt E-Auto

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Dutzende Studien kommen zum Schluss: Synthetische Kraftstoffe können helfen, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Die Forschung brummt, aber die Politik mauert. Wir erklären, was hinter den E-Fuels steckt.

Vor wenigen Jahren schienen Raps und Algen der Schlüssel auf dem Weg zu grünen Kraftstoffen. Doch mittlerweile hat die Politik die Hybridisierung und Elektrifizierung als Königsweg zur CO2-Einsparung definiert und die regulatorischen Rahmenbedingungen entsprechend neu festgezurrt. Der Umstieg auf die E-Mobilität und der Aufbau einer

Infrastruktur brauchen aber viel Zeit – mehr als prognostiziert. Bundesregierung und unabhängige Institute gehen von nur sechs Millionen Elektro-Pkw im Jahr 2030 aus. Im Ergebnis werden dann also immer noch gut 80 Prozent der Fahrzeuge von klassischen Verbrennungsmotoren angetrieben.

Die Politik zeigt sich aber mit ihren Regularien und der einseitigen Fixierung auf batterieelektrische Antriebe nicht eben offen für neue Technologien. Obwohl die Elektrifizierung in vielen Teilbereichen Fragen aufwirft – von der Batterieherstellung mit Einsatz fremder Erden bis zur Entsorgung.

Will man die Treibhausgase verringern, allen voran den CO2-Ausstoß, werden Benziner und Diesel auch ihren Beitrag leisten müssen. Zum einen müssen sie viel effizienter arbeiten. Zum anderen aber benötigen sie vor allem mit regenerativem Strom hergestellte Kraftstoffe – sogenannte E-Fuels.

In diesem Punkt herrscht jetzt bei Autoherstellern, Zulieferern, der Mineralölindustrie und in der Wissenschaft plötzlich hektische Betriebsamkeit. Nur ein paar Beispiele: Mit Bosch und ZF Friedrichshafen haben sich zwei große Zulieferer auf das Thema eingeschossen. An mehreren Forschungseinrichtungen wie dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wurden vielversprechende Projekte zur Produktion synthetischer Kraftstoffe lanciert. Teilweise steckt man hier mitten in der praktischen Erprobung, auch weil das KIT mit Audi einen starken Kooperationspartner an Bord hat.

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Die Alternativen zu fossilen Kraftstoffen

Auch die Politiker beschäftigen sich plötzlich wieder mit dem Thema, wenngleich etwas widerwillig: Einserseits argwöhnen sie, dass Autoindustrie und Zulieferer das Thema nur deshalb auf die Agenda setzen, weil sie ihren lieb gewonnenen Verbrennungsmotor retten wollen. Andererseits ist auch der Politik klar, dass Flug-, Schiffs- und Güterverkehr, die für einen Großteil der Emissionen im Verkehrssektor zuständig sind, sich für eine schnelle Hybridisierung oder Elek­trifizierung schlicht nicht eignen. Dort werden Batterien in absehbarer Zukunft kaum die herkömmlichen Antriebe ersetzen können. Nur mithilfe von sauber produziertem Sprit lässt sich dort mittelfristig CO2 einsparen.

Gelingt es also, solche Kraftstoffe in großen Mengen herzustellen, wären Autos künftig sauberer unterwegs. Und man müsste dazu weder die Motoren noch die ­Infrastruktur umrüsten – anders als bei der Umstellung auf Elektroantrieb.

Als E-Fuels bezeichnet man auf Basis erneuerbaren Stroms hergestellte gasförmige oder flüssige Kraftstoffe wie Wasserstoff, Methan sowie synthetische Otto- und Dieselkraftstoffe inklusive Kerosin. Der Ausgangspunkt ist Strom aus Sonnenenergie oder Windenergie. Mit ihm wird über die Nutzung von Wasser durch Elektrolyse Wasserstoff hergestellt, der in Brennstoffzellen-Fahrzeugen direkt eingesetzt werden kann. Oder der Wasserstoff wird über weitere chemische Verfahren und unter Zuführung von Kohlenstoffdioxid in gasförmige oder flüssige ­synthetische Kraftstoffe umgewandelt.

Technisch unterscheiden sie sich nicht von herkömmlichem Benzin, Diesel oder Kerosin. Und sie können pro­blemlos in Verbrennungsmotoren verwendet werden. Natürlich entsteht bei der Verbrennung ebenfalls CO2. Wenn synthetische Kraftstoffe aber zum Beispiel aus Biomasse mit regenerativer Energie oder unter Nutzung von CO2 gewonnen werden, geht ihre Umweltbilanz in Richtung neutral. Denn bei der Verbrennung im Motor wird in etwa so viel CO2 ausgestoßen, wie bei der Produktion absorbiert wurde.

CO2 lässt sich aus der Luft abtrennen

Das benötigte Kohlendioxid kann dabei aus Industrieprozessen entnommen werden, zum Beispiel bei der Stahl- oder Zementproduktion und in Kohlekraftwerken. Es lässt sich auch direkt aus Biomasse gewinnen, wie sie in Biogas- und Kläranlagen anfällt. Das führt allerdings zu einer dezentralen Produktionsstruktur.

Theoretisch lässt sich das CO2 sogar aus der Umgebungsluft abtrennen. Das ist jedoch mit höheren Kosten und einem höheren Energiebedarf verbunden, denn der CO2-Anteil in der Atmosphäre liegt bei nur 0,04 Prozent. Bei den Kapazitäten sollte man sich keinen falschen Hoffnungen hingeben: Die zu erwartenden Produktionsmengen werden auf absehbare Zeit nicht ausreichen, um den gesamten Verkehrsbereich in Deutschland mit synthetischen Kraftstoffen zu versorgen. Man wird diese Kraftstoffe in Zukunft also teilweise importieren müssen.

Natürlich sind auch Mischformen denkbar, also die Beimischung von flüssigem synthetischem Sprit zu fossilen Kraftstoffen, was die Treibhausgasbilanz um bis zu 80 Prozent verbessern könnte. Im Vergleich zu direkt im E-Auto verwendetem Strom haben synthetische Kraftstoffe allerdings einen schlechteren Wirkungsgrad. Hier muss man sie eher als eine Art indirekte Elektrifizierung mit zusätzlichen Prozessschritten betrachten. Entsprechend würden sich die Preise für die Endverbraucher zunächst erhöhen: Synthetisches Benzin wäre je nach Berechnungsmodell doppelt so teurer wie fossiler Sprit. Allerdings immer auch abhängig von der staatlichen Besteuerung oder Incentivierung. Selbst bei einem aktuellen Preis von rund 4,50 Euro pro Liter wären E-Fuels attraktiv, wenn sie ähnlich gefördert würden wie die Elektromobilität.

Der Gesamtwirkungsgrad der synthetischen Kraftstoffe ist auf den ersten Blick aufgrund der zahlreichen Umwandlungsschritte also schlechter und die Herstellung teurer. Mit dem dargelegten Prinzip ließe sich ein Wirkungsgrad von etwa 60 Prozent erreichen. Oder anders gesagt: Nur 60 Prozent der eingesetzten erneuerbaren elektrischen Energie lässt sich als chemische Energie im Kraftstoff speichern. Außerdem setzt in Deutschland der geringe Anteil an erneuerbaren Energien der Produktion enge Grenzen. Und die notwendigen Produktionsanlagen für strom­basierte Kraftstoffe müssen erst entwickelt werden.

Neben den effizienzsteigernden Maßnahmen braucht man für 2030 auch mehr Kraftstoffe aus Biomasse. Sprit aus Raps? Das erinnert an die Teller-Tank-Diskussion früherer Jahre. Biosprit der ersten Generation stand in direkter Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion.

Die zweite und dritte Generation von Biokraft­stoffen setzt eher auf Abfall- und Reststoffe oder auf Algen als Basis. Wenngleich sich dafür nur bestimmte Algenarten eignen und die Herstellung des Öko-Sprits aufwendig ist und viel Energie schluckt.

Somit bleibt die Erkenntnis, dass man die Chance des Nullsummenspiels der synthetischen Kraftstoffe nutzen muss: Bei ihrer Verbrennung entsteht nur so viel CO2, wie zuvor der Umwelt bei der Produktion entzogen worden ist. Und das ergibt verdammt viel Sinn.

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