Taxi Geisterfahrer in New York

Foto: Ford

Autonom fahrende Autos spielen auf der Messe in New York keine Rolle. Dass bald aber Taxis ohne Fahrer durch Manhattan rollen, ist durchaus denkbar.

Autonomes Fahren ist derzeit das "next big thing" der Autoindustrie. Erst jüngst hat Mercedes-Benz mit der vor Technik nur so strotzenden E-Klasse wieder einen ordentlichen Sprung nach vorne gemacht, in Richtung fahrerloses Fahren: Auf der Autobahn folgt der Benz artig seinem Vordermann und kann sogar Spurwechsel alleine durchführen. Vor allem die deutsche Ingenieurskunst hat hier eine neue Spielwiese gefunden, und die hiesigen Autobauer stecken große Erwartungen in die neue Entwicklung. Und auch die Nicht-Auto-Konzerne wie Apple und Google, wittern ihre Chance, in eine Ihnen bislang nur von Smartphone-Anbindungen bekannte Branche einzusteigen. Auf der gerade eben eröffneten Auto-Messe in New York allerdings ist von selberfahrenden Fahrzeugen keine Spur. Wie kann das sein?

Ohne Frage, auch die amerikanischen Hersteller sind an dem Thema stark interessiert, nicht zuletzt versprechen auch sie sich – neben hoffentlich mehr Sicherheit im Straßenverkehr – auch neue Geschäftsfelder. Allerdings gehen die Amis weniger laut mit dem Thema hausieren. Und: Auf einer der größten Messen der USA, mit rund einer Million Besucher, steht das im Vordergrund, was auch in den Schauräumen steht. Im Big Apple geht es weniger um Trends und Studien, sondern um Sonderangebote und Serienausstattung. Und um Leistung: Die einheimischen Autobauer ködern Ihre Kunden mit PS und großen Motoren, die freilich deutlich greifbarer sind, als hochauflösenden Landkarten und Lasersensoren.

Dabei wäre doch gerade der US-Markt prädestiniert für selbstrollende Autos. Man stelle sich nur die endlos langen Highways vor, auf denen es ohne Ampel oder Kreuzung meilenweit geradeaus geht. "Dieser Einsatzzweck ist sicher interessant", betont Ken Washington, der sich bei Ford mit dem Thema autonomes Fahren auseinandersetzt. "Aber wir entwickeln unsere Autos für den weltweiten Einsatz und nicht nur für einen Highway." Immerhin: Ford stockt dieses Jahr seine Testflotte von zehn auf dreißig selbstlenkende Ford Fusion auf, die sowohl über Land als auch in den Städten Erfahrungen sammeln sollen. Und in zehn Jahren, so meint der Hersteller, vermag er dank dieser Erfahrungen ein Auto anbieten zu können, bei dem der Fahrer nichts mehr tun muss. Wenn, ja wenn, die Regierungen mitspielen. Und die Ethik-Frage gelöst wird. Hier sehen die Amerikaner sogar das größere Problem: Nach welchen Grundsätzen entscheidet ein Auto in Gefahrensituation?

Bis die selbstlenkenden und -denkenden Autos bei den Händlern stehen und von jedermann gekauft werden können, dürfte es allerdings noch deutlich länger als zehn Jahre dauern. Als erstes sieht Ken Washington sie im Shuttledienst: "Wir können uns einen innerstädtischen Personentransport mit selbstfahrenden Autos sehr gut vorstellen", gibt er sich überzeugt. Heißt das also, dass die kultig-gelben Taxis bald aus den Straßen von New York verschwinden? "Die Autos sicher nicht, aber vielleicht die Fahrer, " mutmaßt Washington - und könnte durchaus recht behalten.

An einem fahrerlosen Transportsystem tüfteln nämlich auch andere, und die sind schon einen Schritt weiter. In den kommenden zwei Jahren werden in der Schweizer Stadt Sitten im Wallis zwei Mini-Vans im öffentlichen Personen-Nahverkehr eingesetzt, die – rein elektrisch und ohne Fahrer – ihre Runden drehen und bis zu elf Passagiere aufnehmen können. Rund um mit Sensoren ausgestattet scannen die Minibusse des französischen Herstellers Navy ihre Umwelt, Kameras halten Ausschau nach Ampeln und Verkehrszeichen. Zusammen mit detaillierten Landkarte sollen die Vans zentimetergenau durch den Stadtverkehr rollen. ist das Projekt erfolgreich, dürfte es sicher als Blaupause für einen Taxidienst ohne Fahrer dienen. Vielleicht aber sitzen die ehemaligen Chauffeure dann ja als Seelentröster mit im Wagen – das haben Sie schließlich jahrelang nebenbei gemacht.