Telematiktarife für Firmenflotten Wer vorausschauend fährt, zahlt weniger Versicherung

Foto: Hans-Dieter Seufert

In der Schweiz gibt es die ersten Pay-as-you-drive-Tarife für Firmenwagen. Lässt sich das System auf Deutschland übertragen?

Im privaten Versicherungsmarkt ist der Damm bereits gebrochen. Seit Anfang 2017 bietet Deutschlands größte private Autoversicherung, die HUK-Coburg, bundesweit einen Telematiktarif an. Damit sind zehn Versicherer für den Privatmarkt im Pay-as-you-drive-Geschäft aktiv. Flottenkunden in Deutschland müssen aber auf fahrstilabhängige Tarife weiter warten. Nur die Itzehoer wertet derzeit einen Test für Gewerbeflotten aus. Dabei hat Telematik direkt von der Versicherung viele Vorteile, wie ein Beispiel aus der Schweiz zeigt.

Die Leiterin der Flotten-Telematik von Allianz Suisse, Cornelia Kamber-Zech, stellte ihren deutschen Kollegen Anfang Oktober 2017 in Köln eine Telematik-Lösung für Flotten vor. In Deutschland beobachtet der Münchener Versicherer hingegen noch immer den Markt. Die Vorteile für Flotten bei einer Telematik- und Versicherungslösung aus einer Hand zeigt das Beispiel aus dem Nachbarland. "Die Kunden profitieren doppelt. Es gibt einen Mehrwert durch exakte Informationen über jedes Fahrzeug der Flotte sowie einen Nachlass auf die Fahrzeug-Versicherungsprämie", so die Allianz Schweiz. Der Flottenservice reduziert durch einen optimierten Einsatz der Fahrzeuge teure Standzeiten. Dank der besseren Transparenz lassen sich Treibstoffverbrauch und Unterhaltskosten sowie unerlaubte Fahrten reduzieren. Durch schnelle Unfall-, Notfall- und Pannenmeldung erhöht sich die Sicherheit. Nach einem Diebstahl kann das Auto geortet werden und per Datenrecorder lässt sich der Unfallhergang rekonstruieren. Unberechtigte Ansprüche können so sicherer abgewehrt werden. Zudem bietet der Versicherer aus dem Nachbarland eine hochwertige Schadenanalyse an.

Telematik und Disposition lassen sich vernetzen

Mit Fleet Telematics werden bei der Allianz Schweiz Fuhrpark und Disposition mittels eines übersichtlichen Serviceportals vernetzt. Flottenchefs sollten das Modell aus dem Nachbarland als Vorlage nehmen und bei deutschen Versicherern und Maklern ähnliche Lösungen einfordern. Immerhin will die Axa in diesem Jahr ein eigenes Telematiksystem testen, die Zurich hatte ein solches System in der Vergangenheit angeboten. "Bis 2020 werden drei Viertel aller verkauften Autos vernetzt sein und telematisches Datenmaterial generieren. Telematik-Lösungen werden für die Branche künftig unerlässlich sein", stellt Frank Reichelt von der Swiss Re fest.

Längst hat sich auch in Deutschland die Erkenntnis durchgesetzt, dass nur hochwertige Technik für Pay-as-you-drive-Tarife sinnvoll ist. Eine Erfassung über Handy und Datenstick im Ziga­ret­ten­anzün­der – wie bei einigen privaten Telematik-Tarifen üblich – hält beispielsweise Michael Kainzbauer, Chef für Versicherungen bei Toyota, für sehr problematisch. Bei Handys gäbe es teilweise vollkommen unbrauchbare Ergebnisse, wie Tests der Universität Freiburg gezeigt hätten. Im Zigarettenanzünder eingesteckte Sticks vibrieren und erzeugen Störgeräusche, sagt Kainzbauer. Hochwertige und damit verwertbare Daten würden nur fest installierte Boxen übertragen. Die Smart Driver Box der HUK-Coburg etwa überträgt Daten zu Geschwindigkeit, Beschleunigung, Brems- und Lenkverhalten, Standort, Fahrzeit und Geräte-ID. Damit sammelt der Versicherer Millionen von Fahrdaten, die bei der Erhebung der ­Privattarife relevant sind. Für den Flottenbetrieb müsste natürlich auch der Betriebsrat einen komplexen Telematik-Versicherungstarif abnicken. Doch was in der Schweiz schon heute möglich ist, sollte in Deutschland nicht utopisch sein.