Der neue I-Pace ist das erste Elektroauto von Jaguar. Der Stromer im SUV-Outfit nimmt Dienstwagenfahrern die Reichweitenangst und überrascht mit vielen weiteren Details.
Da soll noch einer was gegen die Briten sagen: Während Audi seinen E-Tron Quattro erst zum Jahresende präsentiert und der Mercedes EQC nicht vor 2019 erwartet wird, zeigt Jaguar jetzt schon, was die Marke zum Thema Elektromobilität drauf hat. Der I-Pace ist das erste elektrisch angetriebene Fahrzeug in der Jaguar-Firmengeschichte und gehört neben Tesla Modellen zu den bislang wenigen Stromern mit einer XL-Reichweite. Bis zu 480 Kilometer weit soll das britische Elektro-SUV nach dem neuen WLTP-Zyklus kommen.
Power ohne Ende
Kraft im Überfluss gibt’s beim I-Pace reichlich: Zwei unabhängig voneinander arbeitende Elektromotoren treiben den SUV an. Einer sitzt direkt auf der Vorderachse, der andere treibt die Hinterräder an. Die Leistung liegt bei insgesamt 400 PS (294 kW). Dank Allrad baut der I-Pace nicht nur auf der Straße einen ordentlichen Grip auf, sondern scheut auch leichtes Gelände nicht.
Typisch Elektroauto: Die Beschleunigung gleicht dem Ritt auf einer Kanonenkugel und ist genauso brachial wie bei leistungsstärkeren Supersportwagen, da das maximale Drehmoment von 696 Nm schon ab der ersten Umdrehung bereit steht. In nur 4.8 Sekunden sprintet der Jag auf Tempo 100 und ist bis zu 200 km/h schnell. Dann setzt die Elektronik einen Riegel vor. Wer es allerdings so forsch angeht, muss früher nach der nächsten Ladestation suchen. Klar, Highspeed geht zu Lasten der Reichweite.
Kräftige Akkus mit hohem Gewicht
So ein E-Fahrzeug ist natürlich kein Leichtgewicht. Obwohl Jaguar den Wagen mit einer Aluminium-Karosserie auf Diät gesetzt hat, macht das rund 2,2 Tonnen schwere SUV da ebenfalls keine Ausnahme. Allein die 90 kWh starken Lithium-Ionen-Akkus wiegen 500 Kilo. Das Batteriepaket besteht aus insgesamt 36 Modulen, die im Fahrzeugboden untergebracht sind. Die 432 Pouch-Zellen werden von einer Flüssigkeit gekühlt und im Winter beheizt. Der tiefe Schwerpunkt sorgt einerseits für eine hohe Agilität. Andererseits schafft dies auch reichlich Platz im Innenraum. Kein ausladender Kardantunnel stört hier beim Einsteigen, der Boden im I-Pace ist flach.
Kommandozentrale wie in einem Flugzeug
Nahezu alles, was gut und fein und teuer ist, haben die Briten in ihr neuen Stromer gepackt: Neben Allradantrieb und einer optional erhältlichen Luftfederung könnte man beim Blick auf das Cockpit meinen, eher in einer Pilotenkanzel eines Flugzeugs zu sitzen. Vor dem Fahrer türmen sich drei hochauflösende Displays auf. Eines zeigt die Instrumente an, während der Touchscreen für das Multimediasystem in der Mitte weit oben positioniert wurde. Der liegt zwar griffgünstig, doch die teils verschachtelten Menüfunktionen benötigen vom Piloten eine Zeit der Eingewöhnung. Keine Kritik gibt es dagegen für das multifunktionale Bedienfeld unter dem Multimediasystem. Von hier aus kann unter anderem die Klimaautomatik über berührungsempfindliche Tasten und zwei großen Drehreglern intuitiv geregelt werden.
Ansonsten glänzt der I-Pace mit viel Alltagsnutzen. Bis zu sechs USB-Ports versorgen Smartphones oder Tablets an Bord mit Strom und über den bordeigenen Wlan-Hotspot können bis zu acht Geräte Online gehen. Unter den vielen Ablagen findet sich sogar ein zehn Liter großes Staufach unter der Armauflage.
Platz in Hülle und Fülle
Der Jaguar ist zwar nur 4.68 Meter lang, hat aber einen extrem ausladenden Radstand von drei Metern. Da sich unter der vorderen Haube kein konventioneller Motor befindet, konnte die Fahrgastzelle weiter nach vorn rücken. Das bringt üppige Platzverhältnisse. Fahrer und Beifahrer finden ein sportliches Ambiente vor und werden durch die breite Mittelkonsole voneinander abgetrennt. Doch sitzen beide sehr bequem und das gute Raumgefühl wirkt wie maßgeschneidert.
Ähnliches auch hinten: Die Passagieren können ihre Beine fast ausstrecken und haben trotz der coupéhaften Form Platz in Hülle und Fülle. Auch unter dem kantig-kurzen Heck fällt das Ladevolumen riesig aus: 656 bis maximal 1.453 Liter sind es bis unters Dach. Nach dem Umklappen steigt die Ladefläche allerdings etwas nach oben an. Aber das lässt sich leicht verschmerzen.
Überraschend handlich
Trotz des hohen Gewichts zieht die Elektro-Katze überraschend leichtfüßig ihre Bahn und trumpft dank Luftfahrwerk mit einem hohen Fahrkomfort auf. Beim Fahren kommt das Bremspedal nur selten zum Einsatz, bestenfalls zum Anhalten. Einmal das Gas gelupft und der I-Pace baut sofort seine Geschwindigkeit wieder ab um zu rekuperieren. Die Energierückgewinnung lässt sich über den Zehn-Zoll-Touchscreen des Infotainment in zwei Stufen einstellen.
Laut Werk zieht sich der Jaguar 21,2 kWh Strom aus seinem Speicherreservoir. Auf unserer ersten Testrunde waren es im Schnitt zwischen 23 und 26 kWh. Mal mit gemäßigtem Gasfuß und mal ohne ermittelt. Bei sommerlichen Temperaturen dürften also gut 400 Kilometer machbar sein, bevor der Wagen an die Steckdose muss.
Geht´s ums Stromzapfen, ist der der Jaguar an einer 50 kW starken Schnellladestation in 85 Minuten zu 80 Prozent befüllt. An den bei uns noch selten anzutreffenden Zapfanlagen mit 100 kW soll es 40 Minuten dauern, an einer Wallbox (7 kW) vergehen 10 Stunden. Der aktuelle Ladezustand kann jederzeit über das Smartphone abgerufen werden und neuerdings über den digitalen Sprachassistenten Alexa. Die virtuelle Dame von Amazon beantwortet zudem, ob der I-Pace gerade verschlossen ist, oder ob der gebunkerte Strom bis zum Arbeitsplatz noch reicht. Laut Jaguar ist die Heim-Abfrage von zuhause aus gegen eventuelle Hackerangriffe bestens abgesichert. Wollen wir es ihnen mal glauben.