THG-Quote für E-Autos Klima schonen, Geld verdienen

Greenhouse concept with CO2 gas - 3d rendering Foto: Adobe Stock/Elnur

Unternehmen können das von ihren E-Autos eingesparte Treibhausgas im Emissionshandel verkaufen und so die Fuhrparkkosten reduzieren. Wir erklären, wie die THG-Quote funktioniert.

Lange Lieferzeiten, steigende Strompreise – mancher Flottenmanager überlegte mehrfach, ob sich der Umstieg auf Elektroautos lohnt. Doch angesichts explodierter Spritkosten kommt man am elektrischen Firmenwagen kaum vorbei. Außerdem gehören Stromer als Dienstwagen häufig zur unternehmerischen Nachhaltigkeitsstrategie.

Seit Anfang 2022 gibt’s einen neuen Anreiz, umzusteigen: Anders als Benziner oder Diesel stoßen Stromer keine klimaschädlichen Abgase aus. Die eingesparten CO2-Emissionen können sich Fahrzeughalter gutschreiben und als jährliche Klimaprämie auszahlen lassen. So will die Politik Batterieantriebe fördern, um die Emissionen im Verkehr deutlich zu senken.

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Fuhrparkbetreiber und Dienstwagenfahrer können so am Handel mit Verschmutzungsrechten teilnehmen und mit dem Klimavorteil ihrer E-Autos Geld verdienen. Dahinter steht ein System, das umweltfreundliche Mobilität belohnt und diejenigen zur Kasse bittet, die den CO2-Ausstoß antreiben.

Die 2015 eingeführte Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) verpflichtet Mineralölunternehmen dazu, die durch ihre fossilen Kraftstoffe verursachten CO2-Emissionen von Jahr zu Jahr zu senken. Um wie viel, legt die Bundesregierung fest. In den kommenden Jahren sollen die gesetzlichen Minderungsvorgaben von aktuell 7 auf 25 Prozent im Jahre 2030 steigen.

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Bislang reichte es Aral, Shell und Co., ihrem Benzin oder Diesel Biokraftstoff beizumischen. Diese Mischung tankt der Verbraucher als E10. Doch ob sich so die steigenden Zielmarken erreichen lassen, ist zweifelhaft. Denn das Potenzial verfüg­barer Biomasse ist begrenzt, die Herstellung teuer und der Nutzen umstritten.

Erfüllen die Mineralölunternehmen die Senkung nicht, müssen sie für jede weitere Tonne CO2 hohe Strafen zahlen. Um ihr Soll zumindest auf dem Papier zu erreichen, kaufen die Konzerne über den Emissionshandel Verschmutzungsrechte. Experten rechnen damit, dass die Nachfrage danach mit höheren Minderungsvorgaben zunimmt und damit auch die Preise steigen. Die Kosten tragen übrigens die Autofahrer an der Zapfsäule: Benzin und Diesel werden teurer und für alle Fuhrparkbetreiber zum Kostentreiber.

Quotenhandel-Anbieter (Auswahl)
➧ Green Trax
➧ eQuota
➧ Carsync
➧ The Mobility House
➧ Think Mobility Green

Volvo C40 2021 Foto: Volvo
Manche Autohändler oder Gewerbebetriebe haben auf ihrem Gelände öffentlich nutzbare Ladestationen aufgestellt. Auch sie können am Quotenhandel teilnehmen und sich so einen Teil ihrer Kosten zurückholen.

Hier setzt die Ausweitung des Quotenhandels auf Elektroautos an: Wer vollelektrisch fährt, kann nun die gegenüber einem Verbrenner eingesparten Emissionen als Verschmutzungsrecht an die Mineralölunternehmen verkaufen. Den Wert eines solchen Emissionszertifikats legt das Bundesumweltministerium für das laufende Jahr fest. Kalkuliert wird mit dem durchschnittlichen Stromverbrauch eines E-Fahrzeugs in der jeweiligen Fahrzeugklasse pro Jahr. 2022 werden für einen E-Pkw knapp 2.000 kWh zugrunde gelegt. Daraus ergibt sich nach der Berechnungsformel eine Einsparung von rund einer Tonne CO2, die weiterverkauft werden kann.

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Allerdings ist das gar nicht so einfach. Denn das System setzt Mindestmengen an THG-Quoten voraus. Müssten die Mineralölunternehmen die benötigten Verschmutzungsrechte von einzelnen Personen oder Unternehmen zusammen kaufen, wäre das zu kleinteilig. Start-ups haben diese Lücke erkannt und bieten sich als Zwischenhändler an. Für sie wird die Vermittlung zum Geschäftsmodell: Sie sammeln und bündeln die THG-Quoten einzelner Kunden. So kommen größere Volumina zusammen, die sich in den Quotenhandel überführen lassen.

Der Anbietermarkt wächst rasant. Inzwischen gibt es rund 40 Zwischenhändler, die die Transaktion abwickeln. Sie melden die Daten ihrer Kunden an das Umweltbundesamt, das die gebündelten Einzelquoten als handelbare Verschmutzungsrechte zertifiziert. Im Hintergrund handeln die Zwischenhändler mit den THG-Quoten am Markt. Danach gehen die Verträge an das Hauptzollamt und der Erlös fließt an den Kunden zurück. Die in Aussicht gestellten Summen liegen in diesem Jahr zwischen 250 und 350 Euro pro E-Auto. Bei E-Transportern winken 1.000 bis 1.500 Euro und bei E-Bussen bis zu 8.000 Euro.

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Die Zwischenhändler machen den Zugang zum Quotenhandel einfach: Um für Pkw, Lieferwagen oder Transporter die Klimaprämie zu kassieren, muss man sich bei einem Anbieter registrieren. Dafür sind lediglich Kontaktdaten und ein Scan oder ein Foto des Fahrzeugscheins (Zulassungsbescheinigung Teil I) nötig. Auch Betreiber großer Fuhrparks wie die Deutsche Post DHL Group mit mehr als 15.000 E-Transportern nutzen einen Anbieter, der die komplette Abwicklung übernimmt.

Quotenhandel 2021 Foto: Green Trax

Schwieriger ist die Wahl des Dienstleisters. Denn die Konditionen der Anbieter sind sehr unter schiedlich. Manche werben mit variablen Flex­preisen, die auf die üblichen Marktschwankungen setzen. Andere bieten Festbeträge. Auch beim Auszahlungszeitpunkt gibt es Unterschiede. Es empfiehlt sich, die allgemeinen Geschäftsbedingungen genau zu prüfen. Kritisch seien zum Beispiel besonders lange Vertragsbindungen, warnt der Autoclub Europa (ACE). Denn es sei davon auszugehen, dass die Erlöse steigen, was sich bei Verträgen mit Fixpreisen zuungunsten des Kunden auswirkt. Positiv seien Angebote, die neben einer garantierten Mindestauszahlung einen zusätzlichen Gewinn bieten.

Streetscooter 2022 Foto: MIKE HENNING
Selbst DHL als sehr großer Flottenbetreiber wickelt den Quotenhandel über einen Dienstleister ab.

Nicht alle Zwischenhändler zahlen die Quotenerlöse aus. Manche Anbieter bieten stattdessen kostenlosen Ökostrom an. Andere pflanzen Bäume oder geben die Erlöse an gemeinnützige Vereine weiter, die damit Klimaschutzprojekte unterstützen. Eile ist bei der Suche nach dem passenden Anbieter aber nicht geboten, denn die Meldefrist beim Umweltbundesamt für dieses Jahr läuft erst Ende Februar 2023 aus.

Worauf Sie achten müssen

Welche Fahrzeuge können am Quotenhandel teilnehmen?
Jeder BEV (Klasse M1), leichte E-Nutzfahrzeuge (Klasse N1 + N2 bis 12 Tonnen) und E-Busse (Klasse M3), nicht aber Hybride oder Plug-in-Hybride, Wasserstoff- und Erdgas-Pkw. Unerheblich ist, ob das E-Fahrzeug geleast, finanziert oder gekauft wurde. Wird ein E-Auto erst im Laufe des Jahres 2022 zugelassen, kann es für den verbleibenden Zeitraum anteilig am Quotenhandel teilnehmen. Viele Anbieter haben spezielle Angebote für Fuhrparkbetreiber.

Wie wird gerechnet?
Die THG-Quote, also die eingesparten CO2-Emissionen pro Fahrzeug, wird auf Grundlage einer Stromverbrauchspauschale pro Fahrzeugklasse berechnet, unabhängig von Größe, Energieverbrauch oder Jahresfahrleistung. Auch woher der geladene Strom kommt, ist unerheblich. Die Pauschalen werden jährlich zum 31. Oktober festgelegt. Die Höhe der Prämie bemisst sich am CO2-Preis, der sich frei am Markt bildet.

Wie viel gibt’s für 2022?
2022 beträgt die Pauschale für E-Autos (Klasse M1) 2.000 kWh, für leichte E-Nutzfahrzeuge (Klasse N1) 3.000 kWh und für E-Busse (Klasse M3) 72.000 kWh.

Bis wann muss man sich registrieren?
Für 2022 muss das E-Auto beim Umweltbundesamt bis 28. Februar 2023 gemeldet sein. Spätestens im Herbst sollte man einen Dienstleister suchen.

Wie viel kostet es?
Die Zwischenhändler berechnen in der Regel eine anteilige Provision vom Quotenerlös. Meist sind das 20 Prozent, die bei der beworbenen Höhe der Klimaprämie bereits abgezogen sind.

Was passiert mit nicht beanspruchten THG-Quoten?
Grundsätzlich darf der Klimavorteil eines E-Fahrzeugs nur einmal pro Auto und Kalenderjahr beim Quotenhandel verkauft werden. Das sieht das entsprechende Gesetz vor. Nehmen E-Fahrzeug-Besitzer ihre THG-Quote nicht in Anspruch, werden diese Quoten von der Bundesregierung verkauft. Die erzielten Erlöse fließen vollständig in die Staatskasse.

Was bringt’s fürs Klima?
Die THG-Quote folgt der Idee: Wer die Erderwärmung anheizt, soll dafür bezahlen und so den Klimaschutz mitfinanzieren. Wirklich nachhaltig wird der Quotenhandel aber erst dann, wenn die erzielten Erlöse in den Klimaschutz reinvestiert werden, etwa in den Bau von Ladesäulen oder Solaranlagen.

Sonderfall Betreiber von öffentlichen Ladesäulen
Konnten bislang nur Stromanbieter – dank des Grünstrom-Anteils im deutschen Strommix – am Quotenhandel teilnehmen, können nun auch Betreiber von öffentlichen oder halböffentlichen Ladesäulen die THG-Quote selbst nutzen. Gemeldet werden müssen die abgegebenen Ladestrommengen, die Ladepunktbezeichnung und der Standort. Die Erlöse steigen, wenn der Ladestrom direkt aus einer Erneuerbare-Energie-Anlage stammt.

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